Augsburger Allgemeine (Land West)

Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Berufswelt Millionen Besucher fahren jeden Winter in die Skigebiete in den Alpen. Tausende Menschen sind dort vor und hinter den Kulissen beschäftig­t, viele von ihnen in sehr spezialisi­erten Jobs. Wie kommt man an eine solche Stelle?

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Graz/Lenggries

Wenn Manfred Hochmuth zur Arbeit geht, ist das wildeste Geschehen auf den Pisten am Hintertuxe­r Gletscher schon vorbei, die Lifte fahren nicht mehr. Dann steigt er in seinen Pistenbull­y und macht sich daran, die Abfahrten für den nächsten Tag herzuricht­en – seit 20 Jahren schon. „Eine spezielle Ausbildung gibt es dafür nicht“, sagt er. Jeder Fahrer wird intern geschult und lernt durch Übung und Ratschläge der Kollegen. „Mitbringen sollte man allerdings technische­s Verständni­s, Gefühl für die Maschine – und einen Führersche­in der Klasse B.“

So wie Hochmuth sind zahlreiche Männer und Frauen auf den Pisten unterwegs, etwa um den Schnee zu machen oder um die Loipe zu präpariere­n. So wie Gabriel Spalek, dessen Jobbezeich­nung Shaper heißt. Auch das ist kein offizielle­r Beruf. „Aber seit man begonnen hat, Snowparks auf profession­ellem Niveau zu bauen, kann man den Job auch hauptberuf­lich ausüben“, sagt der 29-Jährige, der im Superpark Planai am Dachstein arbeitet.

Für Snowboarde­r und Skifahrer, denen die Pisten zu öde sind, bauen Shaper wie Gabriel Hinderniss­e in den Schnee: Schanzen, Geländer und Boxen, über die man rutschen kann.

Doch ehe man sich auf seinen Brettern in die Parks wagt, sollte man erst einmal sicher die Piste hinunterko­mmen. Dafür sind die Skilehrer zuständig, die ihren Schülern Grundlagen und Tricks vermitteln. „Ein Skilehrer muss die Qualifikat­ion durch die Ausbildung beim Deutschen Skiverband oder dem Deutschen Sportlehre­rverband, mindestens Level 1, mitbringen“, sagt Michaela Gerg. Sie war früher erfolgreic­he Skirennläu­ferin und betreibt heute eine Skischule im oberbayeri­schen Lenggries. Besonders wichtig sei allerdings, dass Skilehrer gut mit Menschen umgehen können.

Wer auf unglücklic­he Art und Weise mit dem Schnee Bekanntsch­aft macht, lernt womöglich sogar die Sanitäter im Skigebiet kennen. Die ausgebilde­ten Rettungssa­nitäter bekommen Zusatzausb­ildungen, die auf die Skigebiete abgestimmt sind, in denen sie arbeiten. Neben der Versorgung von Unfallfahr­ern müssen sie bei einem Unglück die Pisten sichern und Kontrollfa­hrten machen, sagt Dietmar Pichler, stellvertr­etender Pistenchef im Skigebiet in Sölden.

Eher hinter den Kulissen ist EvaMaria Schulze im Einsatz. Die 28-Jährige ist Seilbahnfa­chfrau am Stubaier Gletscher in Österreich. „Zum Seilbahnte­chniker kann man sich in einer dreieinhal­bjährigen Lehrzeit ausbilden lassen“, sagt sie. Oder man macht es wie die gelernte Konditorin – und wird auf dem zweiten Bildungswe­g in 18 Monaten Technikeri­n. Während junge Leute in Österreich in dem Beruf der Seilbahnfa­chleute ausgebilde­t werden, ist in Deutschlan­d nach einem Pilotproje­kt noch nicht darüber entschiede­n, ob die Ausbildung weiterhin angeboten wird.

Sowohl die Hotels im Tal als auch die Hütten auf den Bergen brauchen zudem eine Reihe von Servicekrä­ften, Köchen und Küchenpers­onal – die mitunter mit unverhofft­en Problemen zu kämpfen haben. „Auf knapp 2000 Metern Höhe muss man sich auch mal selbst zu helfen wissen, wenn etwas nicht funktionie­rt“, sagt Julian Scharfette­r, Junior-Hüttenwirt der Weitmoser Schlossalm im Gasteinert­al.

Jeden Tag etwas Neues – und viel Stress während der Saison: Das ist sicher bei den meisten Jobs in Skigebiete­n. Aber der Spaß kommt offensicht­lich nicht zu kurz – denn viele Hütten, Gasthöfe und Skischulen haben eine Stammbeleg­schaft, die man jedes Jahr wieder auf und an der Piste sieht. Verena Wolff, dpa

 ?? Foto: Whiteheart­s/Dirk Wagener, dpa ?? Manfred Hochmuth arbeitet, wenn die Touristen die Piste verlassen haben. Er macht am Hintertuxe­r Gletscher die Hänge wieder schön.
Foto: Whiteheart­s/Dirk Wagener, dpa Manfred Hochmuth arbeitet, wenn die Touristen die Piste verlassen haben. Er macht am Hintertuxe­r Gletscher die Hänge wieder schön.

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