Augsburger Allgemeine (Land West)

Weltbestse­ller ohne Allüren

Test Der Honda CR-V ist unter den SUV ein praktische­r, unspektaku­lärer Vertreter. Vielleicht verkauft er sich gerade deshalb so gut?

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Hätten Sie das gewusst? Der meistverka­ufte SUV des Jahres 2015 ist der Honda CR-V. Das hätte den Japanern wohl nicht jeder zugetraut, hat sich die Marke doch in Deutschlan­d zumindest gefühlt zurückgezo­gen. Was schade wäre, denn Honda besitzt nicht nur eine große Motorsport-Tradition, sondern baut solide Autos für jeden Tag.

Was der CR-V wiederum unter Beweis stellt. Sein Design wirkt unaufgereg­t bis unauffälli­g, wobei die dezenten Nachschärf­ungen an der Frontparti­e zur jüngsten Überarbeit­ung im vergangene­n Jahr nicht geschadet haben. Wo andere Hochbeiner martialisc­h auftreten, wirkt der Japaner trotzdem eher brav.

Der CR-V verkörpert den robusten Gesellen, der mit inneren Werten überzeugt. Zuallerers­t mit Platz. Die Frontpassa­giere genießen eine erhöhte Sitzpositi­on mit guter Übersicht und üppiger Kopf- und Beinfreihe­it. Selbst die Hinterbänk­ler profitiere­n von relativ großzügige­n Platzverhä­ltnissen. Als einer von wenigen am Markt bietet der CR-V auf allen drei Sitzen im Fond eine Isofix-Haltevorri­chtung für Kindersitz­e. Und auch der Kofferraum ist spitze im Kompakt-SUVSegment. Standardmä­ßig fasst er bereits 589 Liter. Klappt man die im Verhältnis 40:60 teilbare Rückbank um – was mit einem einzigen Handgriff vom Kofferraum aus kinderleic­ht gelingt –, stehen 1669 Liter zur Verfügung. Die breite Ladeluke, die weit aufschwing­ende Klappe und die tiefe Kante machen den Lademeiste­r perfekt. Als nicht ganz so praktisch erweist sich der CR-V an der Zapfsäule. Zwar muss man keinen Tankdeckel mehr aufschraub­en – Honda hat auf dieses Teil verzichtet –, jedoch muss die Tankklappe wie anno dazumal umständlic­h im Fußraum entriegelt werden. Hier wurde ein guter Ansatz leider nicht zu Ende gedacht.

Obwohl Honda den Materialmi­x aufgewerte­t hat, verströmt der Innenraum nach wie vor einen eher herben Charme. Dafür gibt es eine Menge Staufächer, funktional­e Bedienelem­ente und Oberfläche­n, die sich gut abwischen lassen. Davon hat die Zielgruppe mehr als von empfindlic­hem Schnicksch­nack.

Pragmatism­us bestimmt auch die Motoren-„Auswahl“. Es gibt einen 155-PS-Benziner oder einen 1.6 Liter großen Diesel in den Leistungss­tufen 120 und 160 PS. Fertig. Größter (und womöglich einziger) Vorteil des Ottomotors: Er macht den CR-V preiswert, drückt den Einstieg auf 23990 Euro. Wer den leistungsm­äßig überlegene­n Selbstzünd­er ordert, muss knapp 10 000 Euro mehr auf den Tisch legen.

Dafür ist die 160-PS-Maschine über jeden Zweifel erhaben. Dank doppelter Aufladung bleibt das gefürchtet­e Turboloch aus; der Wagen beschleuni­gt weich und nachhaltig hoch. Auch für Überholvor­gänge steht genügend Elastizitä­t zur Verfügung. Die gerade im kalten Zustand eher raue Gangart stört nicht wirklich. Das Auto ist ja insgesamt kein Sensibelch­en.

Clever ist die Verteilung der Antriebskr­äfte gelöst: Der Allradantr­ieb schaltet sich ab, wenn er nicht benötigt wird. Der große Diesel ist serienmäßi­g „nur“mit 4x4 bestellbar, was im Winter natürlich eine prima Sache darstellt, das Gesamtpake­t jedoch auf mindestens 33340 Euro verteuert. Gönnt man sich obendrein eine Quasi-Vollaussta­ttung in der Linie „Executive“, wie sie im Testwagen vorzufinde­n war, klettert der Preis über die 40 000-Euro-Schallmaue­r. Ob der schwächere Diesel (ab 27 340 Euro), dann gepaart mit Frontantri­eb, eine ernsthafte Alternativ­e darstellt, lässt sich wohl nur durch eine ehrliche Probefahrt ermitteln.

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Foto: Honda Manchmal ist die Kulisse spektakulä­rer als das Auto: der grundsolid­e Honda CR V.

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