Augsburger Allgemeine (Land West)
Fünfmal die Woche gibt es einen Bowie Spaziergang
im Viertel Brixton, wo er aufgewachsen ist. Deshalb bietet der Brite Nick Stephenson ab Sonntag fünfmal die Woche einen musikalischen Spaziergang an. Der 32-Jährige ist selbst Musiker und will deshalb den Soundtrack zu seiner Tour liefern, immer wieder Lieder von jenem Mann anstimmen, der so viele Menschen inspiriert hat. Dazu erzählt Stephenson Anekdoten, etwa von Bowies rebellischen Anfängen, wenn sie an seiner Grundschule in Stockwell vorbeikommen.
Berühmt in aller Welt ist das Wandbild unweit des Geburtshauses. Es zeigt Bowie als Glamrocker mit knallrot gefärbten Haaren und zweifarbigem Blitz im Gesicht. Das Bild wurde 2016 zu einer Art Schrein, wo seitdem trauernde Fans Nachrichten hinterlassen und Poster aufstellen, Blumen niederlegen und an die Wand kleben. „Planet Erde vermisst dich. Ich liebe dich, Starman“, hat jemand an die Wand gekritzelt. „An die erste Liebe meines Lebens: Du bist nicht vergessen“, lautet eine andere Botschaft.
In Brixton im Süden Londons, wo Alteingesessene, Studenten und Künstler heute mit jedem Tag ein Stück mehr den Kampf gegen die Gentrifizierung des mittlerweile hippen Viertels verlieren, hat Bowie die ersten sechs Lebensjahre verbracht. Dann zog die Familie nach Bromley. Trotzdem sprechen die Südlondoner von Bowie als „unserem Brixton-Jungen“, wie das lokale Kino damals in großen Lettern auf seine Anzeige schrieb.Vor dem „Ritzy Picturehouse“sind nach der Todesnachricht tausende Fans zusammengekommen und sangen „Starman“, „Heroes“und andere Hits.
Auch Nick Stephenson macht hier mit seiner Tour Halt, immerhin haben sich in diesem Kino Bowies Eltern kennengelernt. Warum aber hat sich Brixton zum Bowie-Pilgerzentrum entwickelt? „Es ist eine kulturell vibrierende Ecke“, sagt Stephenson. Hier gebe es viel Straßenkunst, zahlreiche Events würden organisiert im Gedenken an den Megastar. Entsprechend riesig ist das Interesse an dem Spaziergang.
Während in Brixton die Spuren seiner Kindheit liegen, wurde der Musiker in Soho zum Star. Die Gegend zwischen Oxford Circus, Piccadilly Circus, Covent Garden und Tottenham Court Road war damals das Kreativzentrum der Hauptstadt. 1963 zog es den Vorstadtjungen in das Szeneviertel, wo man sein musste, wollte man es in der MusikindusSchauspielerei. trie zu etwas bringen. Im „Marquee Club“in der Wardour Street, in dessen Gebäude heute ein Restaurant untergebracht ist, spielte er bald jeden Sonntagnachmittag.
Und dann wohl einer der berühmtesten Pilgerorte für BowieBewunderer: die Heddon Street. An der Nummer 23 erinnert heute eine Plakette an den Moment, in dem Bowies Kunstfigur Ziggi Stardust geboren wurde. Hier entstand das Foto für das berühmte Cover von „The Rise And Fall of Ziggy Stardust and The Spiders From Mars“.
London hat Bowie nie losgelassen. Kurz nachdem der Popstar von seiner Krebs-Erkrankung erfahren hatte, besuchte er mit seiner Frau Iman und Tochter Lexi von der Presse unentdeckt ein letztes Mal die britische Hauptstadt. Sie gingen die Orte ab, von denen nun auch Nick Stephenson einige ansteuert.
Das Victoria and Albert Museum unweit des Hyde Parks gehört nicht dazu. Obwohl Bowie dort 2013 höchste Weihen erhielt mit der Ausstellung seines Lebenswerks. Die seither durch die Welt reisende, von gut einer Million Menschen besuchte Schau „David Bowie is . . .“macht klar, wie groß sein Einfluss auf Musik, Mode, Film, Theater, Videound Bildende Kunst ist.
Auch in Berlin war die Ausstellung zu sehen, sogar mit einem Extrateil – wegen der besonderen Beziehung Bowies zu dieser Stadt. Der Martin-Gropius-Bau an der früheren Grenze zur DDR ist daher jetzt an Samstagen – vergleichbar mit der Londoner Aktion – Ausgangspunkt für den „Bowie-Walk“mit Philipp Stratmann. Der Fremdenführer erFotos klärt den überwiegend britischen Fans, warum der Musiker von der Stadt so fasziniert war. Und wie er in den – deswegen heute weltberühmten – Hansa-Studios einige seiner besten Alben schuf. „Viele Berliner sehen David Bowie als ihren, als einen Berliner Künstler.“
Stratmann führt die Pop-Touristen am einstigen Todesstreifen entlang zum Studiogebäude in der Köthener Straße, zum Potsdamer Platz, zum Reichstag – und schließlich zur Schöneberger Hauptstraße 155, wo Bowie zwischen 1976 und 1978 weitgehend anonym lebte und seine Kokainsucht überwand. Dort