Augsburger Allgemeine (Land West)
Aufwind für „Mister Sicherheit“
CSU Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hält einige Trümpfe in der Hand. Für ihn spricht, dass Flüchtlingspolitik und Terrorgefahr den Bundestagswahlkampf dominieren werden
Berlin
Dass Parteichef Horst Seehofer die Liste nicht selbst anführen will, hat er mehrfach bekräftigt. Doch auf ein echtes Zugpferd kann die CSU nicht verzichten, und es scheint, als würde das Spitzenthema des kommenden Wahlkampfs auch automatisch zum Spitzenkandidaten führen. Punkten wollen die Christsozialen vor allem mit dem Thema Sicherheit, und dafür steht nicht nur im Freistaat wie kein anderer Innenminister Joachim Herrmann. „Mister Sicherheit“bietet schon seit Jahren Antworten auf Fragen, die sich heute angesichts von Flüchtlingschaos und Terrorgefahr viele Menschen in der ganzen Republik stellen.
Mit personell gut ausgestatteten Behörden, robusten rechtlichen Möglichkeiten und vor allem mit Konsequenz lässt sich die Sicherheit der Bürger eben doch verbessern, so das Credo Herrmanns. Gerne verweist er darauf, dass es in Bayern sechsmal weniger Wohnungseinbrüche gibt als etwa in NordrheinWestfalen. Botschaften, die Herrmann zum Zugpferd der ganzen Union machen könnten – mit Perspektive auf das Amt des Bundesinnenministers. Nun hat Herrmann zwar schon einmal den Gang nach Berlin abgelehnt, doch dem Vernehmen nach schließt Herrmann einen solchen Schritt inzwischen nicht mehr aus. Als „Zuckerl“könnte noch der Parteivorsitz winken. Die Forderung von Horst Seehofer, dass ein künftiger Parteichef nach Berlin müsse, wäre damit jedenfalls erfüllt.
Sollte sich Herrmann am Ende doch nicht erweichen lassen, gilt Alexander Dobrindt als wahrscheinlichster Spitzenkandidat. Der Verkehrsminister hat beim Thema Maut etwas geschafft, wovon viele Christsoziale auch in Sachen Flüchtlingsobergrenze träumen. Nämlich eine CSU-Forderung, an die kaum einer geglaubt hat, am Ende doch noch durchgesetzt. Entsprechend hoch steht Dobrindt bei Parteichef Seehofer derzeit im Kurs. Nach Lage der Dinge wird Dobrindt auch dann zu den Gewinnern zählen, wenn Joachim Herrmann die Partei in den Bundestagswahlkampf führt. Denn er gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Schlüsselposition als Landesgruppenchef. Der muss die mitunter lauten Forderungen aus Bayern und die von koalitionären Zwängen geprägten Möglichkeiten der CSU-Bundestagsabgeordneten unter einen Hut bringen. Gerda Hasselfeldt hat sich genau da- für innerhalb der CSU großen Respekt erworben, doch sie kandidiert im Herbst nicht mehr für den Bundestag. Auch wenn sich nicht alle CSU-Abgeordneten den mitunter etwas streberhaft wirkenden Hornbrillenträger an ihrer Spitze wünschen, gilt Dobrindt derzeit als großer Favorit für die HasselfeldtNachfolge.
Eine weitere Schlüsselrolle im bevorstehenden Bundestagswahlkampf kommt Entwicklungshilfeminister Gerd Müller zu. Der Kemptener ist derjenige in der CSU, der immer wieder mahnt, dass an einer Verbesserung der Lebensumstände in den Herkunftsländern kein Weg vorbeiführt. Dies soll nicht durch klassische Entwicklungshilfe, sondern durch neue Formen der Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Bildung geschehen – auf Augenhöhe. Dicke Bretter, die nur zusammen mit der kränkelnden EU gebohrt werden können. Von völkischen, gar rassistischen Tönen, wie sie aus der AfD zu hören sind, grenzt sich die CSU dagegen deutlich ab.
Müller, der erst vor wenigen Wochen neu ins Zentralratkomitee der deutschen Katholiken gewählt wurde, hat zudem eine diffizile Mission. Er soll das zuletzt massiv angeknackste Verhältnis der CSU zu Kirchenkreisen wieder verbessern. In der Flüchtlingsfrage hatten manche Vertreter der Kirchen der Christlich-Sozialen Union vorgeworfen, von christlichen Werten abzurücken. Gerade in Bayern sind es vielerorts christlich geprägte Helferkreise, die sich in den Gemeinden um Flüchtlinge kümmern.
Auf viele dieser Helfer wirkten manche CSU-Positionen unbarmherzig und überhart. Müller soll hier Brücken schlagen. Sein Ansatz ist in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich geworden: Afrika sei nicht geholfen, wenn Deutschland jedes Jahr eine Million Menschen aufnimmt. An der nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände in den Herkunftsländern durch die Bekämpfung der Hauptfluchtursache Armut führe deshalb kein Weg vorbei. Und dieser Weg sei auch nach christlichem Verständnis der bessere. Zum harten Knecht Ruprecht, Joachim Herrmann, soll, so drückt es ein CSUAbgeordneter aus, Gerd Müller den lieben heiligen Nikolaus geben.
Auch Gerd Müller kommt eine Schlüsselrolle zu