Augsburger Allgemeine (Land West)
Krumbacher Design nicht nur für die Tafel von Königin Silvia
Auszeichnung Das neue Besteck „Omnia“erhält den „Award 2016“. Wie sich das Unternehmen Reiner dem geänderten Markt anpasst
Krumbach
„Zum Glück gibt es noch Menschen, die den Wert der Dinge kennen und nicht nur deren Preis.“Rainer Liebenberg, geschäftsführender Gesellschafter der Krumbacher Silbermanufaktur Gebr. Reiner GmbH & Co. KG nennt diesen Satz als Firmendevise, setzt aber hinzu: „Die Tafelkultur früherer Jahrzehnte ist kein Selbstläufer mehr.“Und doch verweist er auf einen neuen „Award 2016“für das jüngst entwickelte Besteck Omnia. Es handelt sich um die bekannteste und eine der höchsten Auszeichnungen, die alljährlich im Fachbereich „Excellent Product Design“vom Rat für Formgebung in Frankfurt verliehen wird.
Ausgezeichnet wurde das ReinerSilberbesteck für seine „Strenge und zugleich Leichtigkeit, die klare Linie und weiche Rundung sowie vollendete Proportion in einer neuen Interpretation“. Für die Experten bewahrheitet sich damit der Firmenslogan: Tafelsilber – im Stil Reiner – immer eine Idee feiner. Allerdings verheimlicht Liebenberg nicht, dass es im Bereich Silberbesteck schon bessere Zeiten gegeben hat.
Er erinnert an die Nachkriegszeit und das beginnende Wirtschafts- wunder vor 50 Jahren. Damals sei es noch „in“gewesen, dass zur Taufe, Erstkommunion, Konfirmation und Hochzeit Tafelsilber geschenkt wurde. Gleiches galt damals für edles Porzellan. Besonders gefragt war beides bei jungen Damen als Bestandteil der Aussteuer für die nahe Hochzeit. Heute dagegen werden, so Liebenberg, bei Familienfesten in der Hauptsache Geldgeschenke für die Weiterbildung oder aber Skiausrüstungen, Bikes, Surfbretter und Reisen bevorzugt. Für den ReinerChef heißt dies: „Die bisherigen Silberbestecke, die den gedeckten Tisch zu einer festlichen Tafel werden lassen, sind heute oft lediglich aus Edelstahl, zumeist gefertigt in China.“
Noch vor wenigen Jahren schrieb ein Fachblatt über Reiner: Die seit 1874 bestehende Bayerische Silberbesteckfabrik Gebrüder Reiner ist der Inbegriff einer Manufaktur, in der jedes Besteckteil mit äußerstem Sachverstand, mit künstlerischem Stilgefühl und mit handwerklicher Akkuratesse hergestellt wird.
„Dieser Wandel macht uns erheblich zu schaffen“, und so denkt er zurück an die Jahrtausendwende, als Königin Silvia von Schweden Messer, Gabeln und Löffel der Linie Dresdner Barock orderte und das Auswärtige Amt der Bundesregierung für die neue Botschaft in Washington das schlichtere Atelier bestellte. Und heute: „Selbst die saudischen Scheichs und die russischen Oligarchen üben sich in Kaufzurückhaltung. Das trifft nicht nur Reiner allein.“Heute gebe es im Bundesgebiet noch drei Mitbewerber in etwa gleicher Größe, zwei in Bremen und einer in Flensburg, die als eigenständige Unternehmen aktiv sind. Selbst der frühere Großabnehmer WMF habe das Silberbesteck aus seinem Sortiment genommen.
Es wundert also nicht, dass die Stanzen und Pressen bei Reiner inzwischen auch für Ergänzungen und Reparaturen von edlem Silberbesteck im Einsatz sind. Falls einmal Klinge oder Stiel abbrechen, werden sie von den Reiner-Experten repariert und wieder auf Hochglanz gebracht. Zur Verfügung steht dem Krumbacher Familienbetrieb der wertvolle Fundus von Werkzeugformen der früheren renommierten Mitbewerber Auerhahn, Bruckmann, Grimminger und Rückert, die sich Reiner schon vor Jahren sicherte.
Der Silbermarkt ist auch wegen der Preise stark umkämpft, und doch kann sich das Krumbacher Traditionsunternehmen die Eigenständigkeit erhalten. Liebenberg denkt weiter positiv: „Was kann schöner sein, als in guter Gesellschaft und dem richtigen Ambiente einen kultivierten Lebensstil zu genießen?“
Drei vergleichbare Mitbewerber gibt es im Norden Deutschlands