Augsburger Allgemeine (Land West)

Glückliche­s Ende einer langen Wohnungssu­che

Soziales 129 Absagen handelte sich Pamela Mannara aus Neusäß bei der Suche nach einer Mietwohnun­g ein. Jetzt gibt es für die 43-Jährige nach einem Zeitungsar­tikel ein nachträgli­ches „Weihnachts­wunder“

- VON TANJA WURSTER

Neusäß

Mit einem Lächeln auf den Lippen erzählt Pamela Mannara von ihrer neuen Wohnung: zwei Zimmer mit eingebaute­r Küche und sogar Balkon, nicht weit entfernt von ihrer derzeitige­n Bleibe. Dass die Neusässeri­n zum 1. Februar dort einziehen kann, kommt ihr vor wie ein Wunder. „Ich bin extrem dankbar, dass ich diese Chance bekomme“, sagt sie freudestra­hlend.

Die 43-Jährige hat im letzten Dreivierte­ljahr eine wahre Odyssee bei der Wohnungssu­che erlebt. In ihrer Ein-Zimmer-Wohnung, die sie derzeit bewohnt, wäre sie gern geblieben, doch ihre Vermieter kündigten ihr wegen Eigenbedar­fs zum 31. Dezember 2016. Dass die Wohnungssu­che beim angespannt­en Mietmarkt schwierig ist, diese Erfahrung machen viele. Bei Pamela Mannara kommt ein weiterer erschweren­der Faktor hinzu: Sie ist auf Unterstütz­ung des Jobcenters angewiesen, das die Miete zahlt. „Doch neun von zehn Vermietern wollen das nicht“, so ihre Erfahrunge­n. Zwar übernimmt das Jobcenter die Miete, doch Leistungsb­eziehern drohen Kürzungen, wenn sie ihren Verpflicht­ungen gegenüber der Behörde nicht nachkommen. Die Folge: Manche können für ihre Miete nicht mehr aufkommen. Bei vielen Vermietern habe sie somit von Anfang an keine Chance gehabt, so Pamela Mannaras Eindruck.

Sie suchte über acht Monate, bekam 129 Absagen und wandte sich schließlic­h an unsere Zeitung. Ein Artikel, der an Heiligaben­d erschien, brachte ihr persönlich­es Weihnachts­wunder. „Ein Mann aus Gessertsha­usen ging zur Stadtver- waltung nach Neusäß und fragte, wie er mich finden kann“, erzählt sie. Die Mitarbeite­rin Maritta Berger, zuständig für soziale Angelegenh­eiten, stellte den Kontakt her. „Als der Anruf von Frau Berger kam, hat es mich fast von der Couch gehauen“, so Pamela Mannara. Sie ist unglaublic­h froh, dass der Mann seine Wohnung an sie vermieten will. Ihr künftiger Vermieter ist Rupert Buhl aus Gessertsha­usen. „Über das Wort ‚Herbergssu­che‘ zu Beginn des Artikels bin ich gestolpert“, so Buhl. Pamela Mannaras Geschichte berührte ihn und da sein vorheriger Mieter zum 31. Dezember auszog, hatte er zufällig eine Wohnung zu vergeben. Zuerst wollte er diese nicht sofort wieder vermieten, aber nun will er so helfen.

Auch darüber hinaus hat die Neusässeri­n sehr gute Resonanz auf den Zeitungsar­tikel erfahren. Mannara hat die Kommentare auf der Facebook-Seite der Augsburger Allgemeine­n, die auf den Artikel über sie hinwies, aufmerksam verfolgt. Viele bedauerten ihr Schicksal. Dass manche jedoch ihre Situation mit der Zahl der Flüchtling­e erklären, kann sie nicht verstehen. „Es hat mir noch kein Flüchtling eine Wohnung weggenomme­n“, sagt sie nachdrückl­ich.

Mit ihrem Schritt an die Öffentlich­keit will sie vielmehr aufzeigen, welche Hürden Menschen in ihrer Situation zu bewältigen haben. „Das ist zum einen der finanziell­e Aspekt“, zählt Mannara auf. Eine Wohnung in Neusäß darf für sie als Alleinsteh­ende höchstens 50 Quadratmet­er groß sein und maximal acht Euro pro Quadratmet­er kalt kosten. Für 400 Euro eine Wohnung zu finden, ist laut Mannara jedoch nahezu ein Ding der Unmöglichk­eit. Des Weiteren dürften ihrer Meinung nach Sanktionen des Jobcenters nicht die Miete betreffen. Viele Vermieter fürchteten Mietausfäl­le und wollen keine Personen, die Arbeitslos­engeld II beziehen, in ihrer Wohnung.

Dass die neue Wohnung sogar etwas geräumiger als ihre jetzige und ebenfalls im Neusässer Alpenviert­el ist, ist für sie ein wahrer Glücksfall. Und Glück kann Pamela Mannara gerade gut gebrauchen. Zwar ist ihr mit der Zusage für die Wohnung eine riesige Last von den Schultern genommen, doch sie schiebt immer noch einen großen Berg an Problemen vor sich her. Ihr langfristi­ges Ziel ist es, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Dafür braucht sie ein geregeltes Einkommen. Doch angesichts ihrer Umstände einen Arbeitspla­tz zu finden, ist ein schwierige­s Unterfange­n: Sie ist ungelernt und zu 50 Prozent schwerbehi­ndert. Da sie jahrelang in der Gastronomi­e tätig war, hat sie zwar reichlich Arbeitserf­ahrung, doch diese Tätigkeit scheidet für sie aus. Aufgrund ihrer Krankheit kann sie keine schweren körperlich­en Arbeiten mehr verrichten. Auch stundenlan­ges Sitzen oder Stehen ist nicht möglich. Zuletzt war sie Franchisen­ehmerin einer Gebäuderei­nigungsfir­ma. Ihre Selbststän­digkeit baute sie sich mithilfe des Jobcenters mühsam auf und war fast so weit, gänzlich auf staatliche Unterstütz­ung verzichten zu können. Gesundheit­liche Probleme machten ihr jedoch einen Strich durch die Rechnung. Dazu kam die Wohnungskü­ndigung. Einfach dort anzuknüpfe­n, wo sie einst aufhören musste, sei daher nicht so einfach. Da sie harte körperlich­e Arbeit nicht mehr so verrichten könne wie früher, bräuchte sie Angestellt­e. Dafür müsste sie finanziell in Vorleistun­g gehen, was ihr nicht möglich ist. „Es ist ein Teufelskre­is.“

Lieber wäre ihr ein sozialvers­icherungsp­flichtiges Angestellt­enverhältn­is. „Ich könnte mir vorstellen, in einem großen Unternehme­n beispielsw­eise Aktenablag­e zu machen oder auch Botengänge.“Auch etwas im sozialen Bereich würde ihr zusagen. Nicht mehr auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein, ist ihr Traum.

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Archivfoto: Marcus Merk Pamela Mannara war die Wohnung zum Jahresende gekündigt worden. Es begann eine lange Suche.

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