Augsburger Allgemeine (Land West)
Schäuble macht sich Sorgen
Weltwirtschaftsforum Wie der deutsche Finanzminister die Rolle des gelassenen Skeptikers in Davos einnimmt Kommentar
Davos
Nach Einschätzung von Finanzminister Wolfgang Schäuble könnten sich die Unsicherheiten in der Welt negativ auf die deutsche Wirtschaft auswirken. „Ich bin etwas unsicher, was in diesem Jahr 2017 in der Eurozone passieren wird“, sagte Schäuble am Freitag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. „Die geopolitischen Risiken sind gestiegen und nicht gesunken.“Wirtschaftlich laufe es zwar etwas besser. „Aber wir haben Wahlen in wichtigen Mitgliedsstaaten.“Das führe zu einigen Unsicherheiten, die auch den Handel beeinträchtigen könnten. „Die deutsche Wirtschaft wird das etwas merken.“
Schäuble mahnte auf dem Podium, auf dem auch der britische Finanzminister Philip Hammond saß, konstruktive Verhandlungen zwischen Großbritannien und der restlichen EU an. „Die Risiken und Schäden für beide Seiten müssen minimiert werden.“Ein Scheitern der Gespräche könne man sich nicht leisten. „Das wäre ein Desaster für uns alle.“Schon am Donnerstag hatte Schäuble in Davos vor „Muskelspielen“gewarnt. Er sprach sich gegen eine „Bestrafung“Großbritanniens für den EU-Austritt des Landes aus.
Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union war eines der Hauptthemen auf dem Weltwirtschaftsforum. Die britische Premierministerin Theresa May warb hier für Großbritannien als Wirtschaftsstandort mit guten Handelsbeziehungen in alle Welt.
Natürlich ging es in Davos auch um den neuen US-Präsidenten Donald Trump. Mit Blick auf den Wirtschaftskurs des starken Manns in Washington gab sich Schäuble gelassen – warnte aber vor Marktabschottung: „Wir müssen am Freihandel festhalten.“Diesen dürfe man nicht begrenzen, sondern man müsse ihn eher noch verbessern. Denn globales Wirtschaftswachstum sei wichtig, um nachhaltiges Wachstum zu erreichen, von dem alle profitierten.
Beim Weltwirtschaftstreffen in Davos, das am Freitag zu Ende ging, wurde auch intensiv über das Thema „Globalisierung“diskutiert.
Nach Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und Politikern sehen mittlerweile viele Wirtschaftslenker die Globalisierung kritisch. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Beratungsgesellschaft PwC unter 1379 Topmanagern aus 79 Ländern. Der Rückzug ins Nationale sowie die kulturelle und politische Abschottung nähmen zu, stellten die Autoren fest.
Zweifel über den positiven Einfluss der Globalisierung äußerten die Manager demnach insbesondere mit Blick auf die Schließung der Lücke zwischen Arm und Reich (44 Prozent zweifelten daran), bei der Fairness im globalen Steuerwettbewerb (35 Prozent) und bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Ressourcenknappheit (28 Prozent). Fast uneingeschränkt positiv wird dagegen die Freizügigkeit von Kapital, Gütern, Menschen und Informationen gesehen.