Augsburger Allgemeine (Land West)
Achtung, Müllkontrolle!
Recycling Das Unternehmen Remondis schaut derzeit bei der Leerung der Gelben Tonne genauer hin. Was die Mitarbeiter der Firma erleben und wo es besonders häufig zu Problemen kommt
Es gibt wenig, was Kai Schneider nicht schon in der Gelben Tonne vorgefunden hat. Angefangen bei Papier über alte Fahrräder bis hin zu Autoreifen. „Das mit Abstand Kurioseste war aber Sexspielzeug. Da hatte jemand seine ganze Sammlung in die Tonne geschmissen“, sagt die Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft. Im Auftrag des Unternehmens Remondis leert Schneider Tonnen im Stadtgebiet.
Die Firma kontrolliert seit einiger Zeit verstärkt den Inhalt von Tonnen in Augsburg, weil hier die Mülltrennung schlechter funktioniert als anderswo. „Wir haben im Bundesschnitt eine Fehlerquote von 30 bis 35 Prozent und in Augsburg von 40 Prozent. Stichproben von unseren Mitarbeitern und in den Sortieranlagen haben gezeigt, dass die Zahl der Fehlwürfe in letzter Zeit zugenommen hat, deswegen kontrollieren wir jetzt verstärkt“, sagt Anna Ephan, Pressesprecherin des Unternehmens. Pro Jahr kommen in Augsburg aus den gelben Behältnissen rund 9600 Tonnen Wertstoffe zusammen. Der Abfall wird sortiert und nach Möglichkeit wiederverwertet. Finanziert wird dieses System von der Verpackungs- und Lebensmittelindustrie. Verbraucher zahlen indirekt über den Kaufpreis von Produkten für die Entsorgung mit, werden als Müllgebührenzahler aber nicht belastet.
Ob sich in den Tonnen wirklich nur Inhalt befindet, der dort auch hinein gehört, können Kai Schneider und sein Kollege Ömer Pürlü aus Zeitgründen nur stichprobenartig kontrollieren. „Ein Anhaltspunkt ist das Gewicht der Tonne. Ist die beispielsweise ungewöhnlich schwer, wurde sehr wahrscheinlich Müll hineingeworfen, der dort nichts zu suchen hat“, so Schneider. Er und sein Kollege öffnen bei den Behältern zumindest den Deckel und werfen einen flüchtigen Blick hinein, bevor die Tonne geleert wird. Bei der Tour durch Pfersee entdeckt Pürlü in einer Tonne eine größere Menge Essensreste. Er holt das Smartphone heraus und macht ein Beweisfoto. Anschließend pappt er einen Aufkleber an die Gelbe Tonne, der den Besitzern beziehungsweise den Nutzern erklärt, warum ihre Tonne nicht geleert wurde. „Es kommt am Tag allein auf unserer Tour zehn bis zwölf Mal vor, dass wir die Leerung verweigern müssen. Seit wir mit den strengeren Kontrollen begonnen haben, wird es aber besser“, so Pürlü.
Laut Pressesprecherin Ephan komme es vor allem in größeren Wohnanlagen zu Problemen. Für die vielen Bewohner habe das Thema Mülltrennung eine unterschied- liche Priorität. Dies führe dazu, dass einige Haushalte es nicht mehr für notwendig halten, ihren Abfall weiter zu trennen. Die Logik dahinter: Den Aufwand könne man sich dann ja sparen, wenn der Nachbar schon nicht trennt. Richtig sei aber, dass jeder, der sauber trenne, einen wichtigen Beitrag zum Recycling leiste und die Fehlbefüllung nicht noch weiter erhöhe. Die Erfahrung, dass Wohnanlagen und Viertel mit schwierigerer Sozialstruktur Aluminium bestehen.“Die Herstellung von neuem Aluminium aus Bauxit verbrauche 40 Mal so viel Energie wie das Recycling von Aluminium aus Abfällen.
Um das Recycling in Deutschland weiter zu verbessern, fordern die Wirtschaftsunternehmen seit langem, aus der Gelben Tonne eine erweiterte Wertstofftonne zu machen. In eine solche könnten dann zusätzlich zu den Verkaufsverpackungen auch stoffgleiche und damit ebenso recyclingfähige Materialien wie Kinderspielzeuge, Kochtöpfe und andere Gegenstände aus dem Haushalt eingeworfen werden. Die Stadt will lieber am bisherigen System festhalten. Momentan erwirtschaftet der Abfallwirtschaftsbetrieb 2,7 Millionen Euro jährlich aus dem Verkauf von Wertstoffen. Damit würden auch die Müllgebühren stabil gehalten, so Umweltreferent Reiner Erben.
Für Schneider ist die Sache hingegen ganz einfach: „Die Leute müssten doch nur mal auf den Tonnen nachlesen, was eingeworfen werden darf, dann würde es viel besser klappen. Das steht zumindest auf den Behältern für Wohnanlagen immer drauf.“