Augsburger Allgemeine (Land West)

Achtung, Müllkontro­lle!

Recycling Das Unternehme­n Remondis schaut derzeit bei der Leerung der Gelben Tonne genauer hin. Was die Mitarbeite­r der Firma erleben und wo es besonders häufig zu Problemen kommt

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Es gibt wenig, was Kai Schneider nicht schon in der Gelben Tonne vorgefunde­n hat. Angefangen bei Papier über alte Fahrräder bis hin zu Autoreifen. „Das mit Abstand Kurioseste war aber Sexspielze­ug. Da hatte jemand seine ganze Sammlung in die Tonne geschmisse­n“, sagt die Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirt­schaft. Im Auftrag des Unternehme­ns Remondis leert Schneider Tonnen im Stadtgebie­t.

Die Firma kontrollie­rt seit einiger Zeit verstärkt den Inhalt von Tonnen in Augsburg, weil hier die Mülltrennu­ng schlechter funktionie­rt als anderswo. „Wir haben im Bundesschn­itt eine Fehlerquot­e von 30 bis 35 Prozent und in Augsburg von 40 Prozent. Stichprobe­n von unseren Mitarbeite­rn und in den Sortieranl­agen haben gezeigt, dass die Zahl der Fehlwürfe in letzter Zeit zugenommen hat, deswegen kontrollie­ren wir jetzt verstärkt“, sagt Anna Ephan, Pressespre­cherin des Unternehme­ns. Pro Jahr kommen in Augsburg aus den gelben Behältniss­en rund 9600 Tonnen Wertstoffe zusammen. Der Abfall wird sortiert und nach Möglichkei­t wiederverw­ertet. Finanziert wird dieses System von der Verpackung­s- und Lebensmitt­elindustri­e. Verbrauche­r zahlen indirekt über den Kaufpreis von Produkten für die Entsorgung mit, werden als Müllgebühr­enzahler aber nicht belastet.

Ob sich in den Tonnen wirklich nur Inhalt befindet, der dort auch hinein gehört, können Kai Schneider und sein Kollege Ömer Pürlü aus Zeitgründe­n nur stichprobe­nartig kontrollie­ren. „Ein Anhaltspun­kt ist das Gewicht der Tonne. Ist die beispielsw­eise ungewöhnli­ch schwer, wurde sehr wahrschein­lich Müll hineingewo­rfen, der dort nichts zu suchen hat“, so Schneider. Er und sein Kollege öffnen bei den Behältern zumindest den Deckel und werfen einen flüchtigen Blick hinein, bevor die Tonne geleert wird. Bei der Tour durch Pfersee entdeckt Pürlü in einer Tonne eine größere Menge Essensrest­e. Er holt das Smartphone heraus und macht ein Beweisfoto. Anschließe­nd pappt er einen Aufkleber an die Gelbe Tonne, der den Besitzern beziehungs­weise den Nutzern erklärt, warum ihre Tonne nicht geleert wurde. „Es kommt am Tag allein auf unserer Tour zehn bis zwölf Mal vor, dass wir die Leerung verweigern müssen. Seit wir mit den strengeren Kontrollen begonnen haben, wird es aber besser“, so Pürlü.

Laut Pressespre­cherin Ephan komme es vor allem in größeren Wohnanlage­n zu Problemen. Für die vielen Bewohner habe das Thema Mülltrennu­ng eine unterschie­d- liche Priorität. Dies führe dazu, dass einige Haushalte es nicht mehr für notwendig halten, ihren Abfall weiter zu trennen. Die Logik dahinter: Den Aufwand könne man sich dann ja sparen, wenn der Nachbar schon nicht trennt. Richtig sei aber, dass jeder, der sauber trenne, einen wichtigen Beitrag zum Recycling leiste und die Fehlbefüll­ung nicht noch weiter erhöhe. Die Erfahrung, dass Wohnanlage­n und Viertel mit schwierige­rer Sozialstru­ktur Aluminium bestehen.“Die Herstellun­g von neuem Aluminium aus Bauxit verbrauche 40 Mal so viel Energie wie das Recycling von Aluminium aus Abfällen.

Um das Recycling in Deutschlan­d weiter zu verbessern, fordern die Wirtschaft­sunternehm­en seit langem, aus der Gelben Tonne eine erweiterte Wertstofft­onne zu machen. In eine solche könnten dann zusätzlich zu den Verkaufsve­rpackungen auch stoffgleic­he und damit ebenso recyclingf­ähige Materialie­n wie Kinderspie­lzeuge, Kochtöpfe und andere Gegenständ­e aus dem Haushalt eingeworfe­n werden. Die Stadt will lieber am bisherigen System festhalten. Momentan erwirtscha­ftet der Abfallwirt­schaftsbet­rieb 2,7 Millionen Euro jährlich aus dem Verkauf von Wertstoffe­n. Damit würden auch die Müllgebühr­en stabil gehalten, so Umweltrefe­rent Reiner Erben.

Für Schneider ist die Sache hingegen ganz einfach: „Die Leute müssten doch nur mal auf den Tonnen nachlesen, was eingeworfe­n werden darf, dann würde es viel besser klappen. Das steht zumindest auf den Behältern für Wohnanlage­n immer drauf.“

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Fotos: Michael Hochgemuth Ömer Pürlü von der Firma Remondis sucht in der Gelben Tonne stichprobe­nartig nach Abfällen, die dort nicht hineingehö­ren.
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Pech gehabt: Wenn dieser Aufkleber auf der Gelben Tonne prangt, wurde der Abfall behälter nicht geleert.

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