Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo die Vertriebenen vor 70 Jahren lebten
Heimatgeschichte Unsere große Infografik zeigt, wie die Zahlen damals waren. Doch hinter diesen Zahlen verbergen sich viele Schicksale und Geschichten, die erzählt werden müssen. Das wollen wir mit Hilfe unserer Leser tun
Landkreis Augsburg 286000 Flüchtlinge und Vertriebene in ganz Schwaben – diese Zahl stammt nicht aus der heutigen Zeit. Sie ist genau 70 Jahre alt. Im Januar 1947 waren bereits so viele Menschen im Landkreis Augsburg und den weiteren schwäbischen Landkreisen und Städten angekommen. Sie hatten nach dem Zweiten Weltkrieg ihr Zuhause aufgeben müssen, das im heutigen Tschechien, in der Slowakei, in Russland, Polen, Ungarn oder auch in Serbien liegt, weil sie von den dortigen Machthabern größtenteils brutal vertrieben wurden. Mit 327 000 Menschen erreichte der Flüchtlingsstrom schließlich im Jahr 1950 seinen Höhepunkt.
Was heute vielen Jüngeren nur noch als eine große Zahl erscheint, ist bei einigen Älteren noch deutlich mit den eigenen Erinnerungen verknüpft. Vertreibung, Verlust des Eigentums und der angestammten Heimat, verbunden mit dem Zwang zur Integration auf der Seite der Flüchtlinge sowie die Erfahrung des Krieges und der Not auf der Seite der Schwaben – noch heute gibt es Menschen, die sich gut an diese schlechte Zeit erinnern können. Was für Veränderungen die Situation auf beiden Seiten mit sich brachte, das kann wiederum eine Zahl verdeutlichen: 340 Einwohner hatte der kleine Ort Baiershofen, ein Teil von Altenmünster, im Jahr 1939. Elf Jahre später waren es dann 747. Für unsere große Infografik
(rechts) haben wir Zahlen von 1950 verwendet und sie auf die heutigen politischen Gemeinden übertragen, welche die Gebietsreform schuf. Die Grafik zeigt, wie viele Menschen insgesamt in den Orten lebten, wie viele davon Vertriebene waren und wie hoch die Einwohnerzahl der Städte und Gemeinden im Augsburger Land heute ist.
Einige haben jetzt noch weniger Einwohner als 1947. Die Erklärung ist einfach: Weil es auf dem Land keine Arbeitsplätze gab, verließen viele Vertriebene die Dörfer wieder, in denen sie oft in Notquartieren unter heute unvorstellbaren Bedingungen hatten hausen müssen.
Wie aber kamen die Menschen damals miteinander klar? Auf der einen Seite Menschen, die ihrer Heimat beraubt worden waren und noch einmal bei Null anfangen mussten. Auf der anderen Seite die Einheimischen, die selber nicht viel hatten und nun noch enger zusammenrücken mussten: Dieser Frage wollen wir mit der Hilfe unserer Leser nachgehen. Unsere Bitte: Schreiben Sie uns Ihre Erinnerungen, damit wir Auszüge veröffentlichen und so für die Nachwelt bewahren können. Hier ist die Adresse:
AZ Augsburger Land, Bahnhofstraße 8 – 10, 86368 Gersthofen. E Mail: re daktion.landbote@augsburger allge meine.de Stichwort: „Vertrieben“