Augsburger Allgemeine (Land West)
Wunderbar und staunenswert
Haben Sie sich für dieses Jahr etwas vorgenommen? Und? Was ist daraus geworden? Drei Wochen sind vergangen, seit das Jahr begonnen hat, und vermutlich geht es Ihnen wie den meisten Menschen: Die guten Vorsätze wurden entweder schon zu oft ignoriert oder bereits wieder aufgegeben.
Wir setzen uns zu Jahresbeginn nicht nur ein Ziel, sondern auch immer aufs Neue unter Druck. Das, was wir verändern wollen, hat ja etwas mit unseren Unzulänglichkeiten zu tun. Wir genügen unserer Vorstellung von uns selbst nicht und wollen dünner, sportlicher, klüger, konsequenter, perfekter werden. Und immer ist damit eine Überforderung verbunden, denn die gesetzten Ziele sind meist unerreichbar.
Wer sich nichts vornimmt, tut dies oft aus dem Gefühl heraus, dass es eben noch nie funktioniert hat und nur ein schlechtes Gewissen oder ein schaler Geschmack von eigenem Versagen zurückbleibt. Wir haben im Laufe unseres Lebens gelernt, uns anstrengen zu müssen. Wir wollen den Erwartungen an uns selbst und jenen, die andere an uns haben, gerecht werden. Denn deren Anerkennung ist uns wichtig und davon hängt oft unsere eigene Zufriedenheit ab. Das macht das Leben mühsam und stressig. Wir lassen uns antreiben von äußeren Bedingungen und gesellschaftlichem Mainstream.
In Situationen, in denen trotz Bemühens nichts so richtig klappt, entlastet mich das Lesen eines Psalms: „Herr, ich danke Dir, dass ich so staunenswert und wunderbar gestaltet bin“(Ps 139,14). Mit welchem Selbstbewusstsein und welcher Dankbarkeit nimmt sich der Beter dieses Psalms wahr! Wer an einen solchen Gott glauben kann, der sieht mit liebevollem Blick auf sich selbst und andere und geht gelassener mit eigenen Vorsätzen, Erwartungen und gesellschaftlichen Bewertungen um. Wer diesem Vers zustimmen kann, nimmt das, was das neue Jahr bringen mag, mit einer gewissen Leichtigkeit auf. Das wünsche ich Ihnen für dieses neue Jahr.