Augsburger Allgemeine (Land West)
Schnee aus der Maschine
Winter Wenn Wolken keine Flocken bringen, sorgen Kanonen für weiße Pisten. Wie sie funktionieren, erklärt ein Bergbahnchef – auch, warum manche Menschen sie nicht gut finden
Da zischt, bläst und brummelt es ganz schön. Mit Karacho schießt Wasser aus kleinen Röhrchen. Aber es spritzt nicht wild umher. Es rieselt ganz sanft zu Boden. Als Schnee. Wenn der Winter nämlich mal nicht so will, helfen sie nach: Schneekanonen.
Lange bevor dicke, graue Wolken den Schnee bringen, gibt es lange weiße Bänder auf den Berghängen. Ist es kalt genug, machen die Menschen in den Skigebieten Schnee. Zwei Sachen sind dazu ganz besonders wichtig, erklärt Thomas Lingg: Kälte und Wasser. Er ist Geschäftsführer der Imberg- und der Hündlebahn, zwei Bergbahnen im Allgäu. Vor allem Familien und Kinder wollen hier über die Pisten rutschen. Deswegen schaut der Bergbahnchef schon im Herbst immer wieder auf das Thermometer. Wenn das unter den Gefrierpunkt wandert, kann es losgehen.
Auf den ersten Blick sieht die Schneekanone aus wie ein riesiger Ventilator. Das ist auch ihre Hauptaufgabe: Sie pustet ganz feine Wassertröpfchen in die Luft, so fein wie Nebel. „Wenn es kalt genug ist, werden aus den Wassertropfen Schneekörnchen. Und im Nebel, den die Maschine macht, haften sich winzig kleine Wassertropfen an die Teilchen. Daraus werden Schneeflocken“, erklärt Thomas Lingg. Damit das funktioniert, müssen die kleinen Wassertropfen so lange wie möglich durch die Luft fliegen. Dafür sorgt ein starker Propeller. Er pustet die Flocken nach oben.
Das Wasser, das in die Schneekanone fließt, ist bereits ganz kalt und wird mit ordentlich Druck in die Düsen gepresst. Der Druck ist so stark, dass nicht einmal ein kräftiger Mann den Schlauch alleine festhalten kann. Und wenn das Wasser aus den Düsen kommt, ist das viel heftiger als bei einem Schneesturm.
Viele Menschen finden es aber nicht gut, dass Schnee gemacht und nicht nur der Schnee aus den Wolken genommen wird. Die Schneekanonen verbrauchen viel Strom und Wasser. Im Skigebiet am Hündle zum Beispiel verbrauchen sie bis zu 200 Liter Wasser in der Sekunde. In einer Stunde pusten sie also fast 7200 Badewannen voll Wasser in die Luft.
Ganz ohne Naturschnee müssen die Kanonen je nach Temperatur 50 bis 100 Stunden lang laufen, bis eine Grundlage für eine richtige Piste da ist. „Ohne Beschneiung kann man bei uns oft gar nicht Skifahren“, sagt Thomas Lingg. Der Bergbahnchef findet es schade, dass viele nicht gut über Schneekanonen reden. „Ich sehe Beschneiung auch kritisch. Man muss mit Augenmaß rangehen.“
Für Thomas Lingg ist ganz wichtig: Das, was aus seinen Kanonen rauskommt, ist technischer Schnee. Das Wort Kunstschnee sei hier falsch. Natürlich gebe es schon Möglichkeiten, mit bestimmten Zusätzen Schnee auch bei wärmeren Temperaturen zu machen. Da sind dann zum Beispiel Bakterien im Spiel. Aber bei uns in Deutschland ist das verboten. Hier wird nur reines Quellwasser verwendet.
Thomas Lingg arbeitet seit über 40 Jahren an Skiliften. Er hat festgestellt: „Technischer Schnee schützt die Wiesen.“Wo beschneit werde, gebe es weniger Schäden am Boden der Piste und der Schnee halte auch länger. „Man darf nicht vergessen, dass die Schneedecke der Natur gut tut.“Schöner, das sagt auch Thomas Lingg, ist natürlich der richtige Schnee.