Augsburger Allgemeine (Land West)
Wo Käse zur Wissenschaft wird
Ernährung Ob Butter oder Joghurt: Was bei vielen auf dem Frühstückstisch steht, ist das Ergebnis der Arbeit von Milchtechnologen. Um aus Rohmilch diese Produkte herzustellen, brauchen sie handwerkliches Geschick
Schon allein wegen seines Namens passe die Ausbildung zum Milchtechnologen zu ihm, sagt Niclas Kaese und lacht. Dabei kam er eher durch Zufall auf das Käsehandwerk. Seine Eltern haben ein Hotel in Brandenburg, er selbst wollte beruflich in Richtung Informatik gehen. Doch dann kam der Chef der nahe gelegenen Bio-Molkerei in Münchehofe südöstlich von Berlin vorbei und machte Werbung.
Kaese, nun im zweiten Lehrjahr, hat die Entscheidung nicht bereut – obwohl er keine genaue Vorstellung davon hatte, was ihn in der dreijährigen, dualen Ausbildung erwarten würde. „Der Unterricht beinhaltet viel Physik, Biologie und Chemie und ist weitaus umfangreicher als zunächst vermutet, doch genau das gefällt mir daran“, sagt er.
Milchtechnologen stellen Produkte wie Joghurt, Butter, Käse oder Milchpulver her. Zuerst überprüfen sie die Milch, die bei der Molkerei angeliefert wird. „Der Betriebsraum ist das Herz der Molkerei“, sagt Ausbilder Olav Wittkowski. Dort wird der Fettgehalt der Milch bestimmt. Vor der Weiterverarbeitung wird sie zentrifu- um sie zu reinigen und um den Rahm von der Magermilch zu trennen. Anschließend wird so viel Rahm hinzugegeben, dass Milch mit dem gewünschten Fettgehalt entsteht. Danach wird sie pasteurisiert und homogenisiert.
Milchtechnologen in Ausbildung bekommen in Münchehofe je nach Lehrjahr zwischen 770 und 850 Euro Ausbildungsvergütung pro Monat. Schwer falle es den Azubis anfangs oft, schon um 6 Uhr anzufangen.
Das frühe Aufstehen fällt den meisten schwer Fünf Berufsschulen bilden Milchtechnologen aus
„Das ist für junge Menschen, die frisch aus der Schule kommen, erfahrungsgemäß die größte Herausforderung“, erklärt der Ausbilder. Die Gläserne Molkerei arbeite im Drei-Schicht-System sieben Tage die Woche.
Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sind für Milchtechnologen hervorragend. So schätzt Torsten Sach, Geschäftsführer und Vorsitzender des Zentralverbands Deutscher Milchwirtschaftler (ZDM), dass es deutschlandweit etwa 1000 freie Stellen gibt. Auch Auszubildende würden händeringend gesucht. Wer einen sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz will, sei als Milchtechnologe gut aufgehoben, sagt er. In Bayern beispielsweise könne der Bruttoarbeitslohn in einigiert, gen Betrieben bei 3500 bis 3800 Euro pro Monat liegen. In anderen Bundesländern kann es aber deutlich weniger sein.
Die meisten Milchtechnologen werden im Freistaat ausgebildet. Von den 756 Auszubildenden im Jahr 2015 lernen 333 in einem Betrieb in Bayern, sagt Markus Bretschneider vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn. Das liege daran, dass dort die MolkereienLandschaft sehr kleinteilig sei. Er geht davon aus, dass Milchtechnologen weiterhin gebraucht werden: „Der Beruf ist sehr krisenfest bisher.“Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung von Produktionsprozessen würden sich aber Veränderungen ergeben. Die aktuelle Milchpreis-Problematik habe aber keine Auswirkungen auf die Milchtechnologen, sagt Torsten Sach.
Die theoretische Ausbildung absolviert Niclas Kaese an der Berufsschule in Oranienburg – einem von fünf Standorten in Deutschland. Kaese möchte danach in der Gläsernen Molkerei bleiben. „Ein Milchtechnologe wird immer gebraucht“, ist er sich sicher. Er könne sich aber auch ein Milchwirtschafts-Studium oder einen Meisterlehrgang vorstellen. Inga Dreyer, dpa