Augsburger Allgemeine (Land West)
Handball WM ohne Deutschland
Handball Die deutsche Nationalmannschaft verliert im WM-Achtelfinale überraschend 20:22 gegen Katar. Die Ära von Trainer Dagur Sigurdsson geht so schneller zu Ende als gedacht
Paris Eine über weite Strecken verunsicherte DHB-Auswahl ist im Achtelfinale der Handball-WM an den eigenen Nerven gescheitert. Nach der überraschenden 20:22 (10:9)-Achtelfinalpleite gegen Katar muss der Europameister die Heimreise antreten und verpasst die erste WM-Medaille seit zehn Jahren.
Die extrem verunsicherte Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson konnte gegen den VizeWeltmeister vor über 10 000 Zuschauer zu keinem Zeitpunkt an die teils starken Vorstellungen der Vorrunde anknüpfen.
Damit endet auch die rund zweieinhalbjährige Amtszeit des Isländers mit einem Tiefschlag. Stattdessen spielt Katar nun am Dienstag (20.45 Uhr) im Viertelfinale gegen Slowenien.
Paris
Nach dem brutal geplatzten Medaillentraum zum Ende seiner Amtszeit saß Handball-Bundestrainer Dagur Sigurdsson mit leerem Blick auf seinem Stuhl. Seine Spieler schlichen fassungslos aus der Halle in Paris, Teammanager Oliver Roggisch raufte sich die Haare. Unmittelbar nach dem überraschenden 20:21 (10:9) im Achtelfinale der WM in Frankreich war den Bad Boys das frühe Aus unbegreiflich.
„Das ist ein sehr großer Schock für uns und die mit Abstand größte Enttäuschung“, sagte Sigurdsson nach seinem letzten Pflichtspiel als Bundestrainer. „Wir haben viele Fehler gemacht, auch ich habe Fehler gemacht.“Auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. „Wir waren nicht gut genug, Welt- meister zu werden. Wir wollten möglichst lange in Paris bleiben, aber wir haben es heute nicht auf die Platte gebracht. Das tut umso mehr weh, als dass es das letzte Spiel für Dagur war. Für ihn tut es mir am meisten Leid“, sagte Hanning.
Die hochnervösen Bad Boys konnten gegen den Vize-Weltmeister von 2015 zu keinem Zeitpunkt an die starken Vorstellungen in der Vorrunde anknüpfen. Damit endet Sigurdssons rund zweieinhalbjährige Amtszeit mit einem Tiefschlag. Noch in diesem Jahr wird er mit seiner Familie von Berlin zurück nach Island ziehen und von dort aus regelmäßig nach Japan reisen, um das Nationalteam zu betreuen.
„Das ist unglaublich bitter. Wir haben einfach zu viele Fehler gemacht“, sagte Rückraumspieler Paul Drux. Beste deutsche Werfer vor 10 209 Zuschauern in Paris waren Patrick Groetzki und Altstar Holger Glandorf mit je vier Treffern – was aber auch nicht half. „Wir haben zu viele leichte Bälle weggeworfen“, resümierte Glandorf. Stattdessen spielt Katar nun am Dienstag (20.45 Uhr) im Viertelfinale gegen Slowenien. „Wir hatten letztes Jahr mit dem EM-Titel ein großartiges Jahr. Aber manchmal läuft es einfach ganz anders“, sagte Sigurdsson.
Dabei hatte das Nationalteam des Wüstenstaats nicht mehr viel mit dem Silbermedaillengewinner vor zwei Jahren zu tun. 2015 hatte Katar die Deutschen im Viertelfinale besiegt (26:24). Von den damals extra für die Heim-WM für viel Geld eingebürgerten Top-Stars waren neben dem Kubaner Capote lediglich noch der Franzose Bertrand Roine und Weltklasse-Keeper Danijel Saric dabei. Der lief mit zunehmender Spielzeit zur Höchstform auf. Dennoch sah es Mitte der zweiten Hälfte beim 17:13 nach einem Sieg aus. Doch Katar kam wieder und wieder ran, Saric parierte Versuch um Versuch – und durch die Rote Karte für Kreisläufer Patrick Wiencek schwächte sich die DHB-Auswahl zehn Minuten vor Schluss selbst.
In der hektischen Schlussphase kamen dann auch noch zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen gegen die DHB-Auswahl hinzu. „Dazu hätte es aber gar nicht kommen dürfen. Aber für die Gesamtgeschichte ist es vielleicht gerade jetzt nicht so verkehrt“, sagte Hanning. „Auch wenn es in diesem Moment verdammt schmerzt.“