Augsburger Allgemeine (Land West)

Wärmende Tipps von Sauna Profis

Wetter Gegen die klirrende Kälte kann man sich in der Sauna abhärten. Wie das geht, erklären Finnen im Augsburger Land

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Gegen die klirrende Kälte kann man sich in der Sauna abhärten. Wie das geht, erklären Finnen im Augsburger Land.

Draußen klirrende Kälte, drinnen schonungsl­ose Hitze. Wie in einem Dampfkocht­opf fühlt es sich an, wenn bei den Günthers in Adelsried im Minutentak­t Wasser auf die heißen Steine gegossen wird. „Sauna muss zelebriert werden“, sagt Ulla Günther. Die Finnin muss es wissen: In ihrer Heimat ist die Sauna elementare­r Kulturbest­andteil.

Geht es um den Ort der körperlich­en und seelischen Reinigung, dann tauen die eher als schweigsam geltenden Skandinavi­er auf. Und wenn der Leiter des Walderlebn­iszentrums Oberschöne­feld, Pentti Buchwald, das Wort Makkara hört, dann gerät er regelrecht ins Schwärmen. Makkara heißt die mehlig schmeckend­e Fleischwur­st, die zum finnischen Saunabesuc­h gehört wie Bier und Birkenzwei­ge. Mit Letzteren peitschen sich die finnischen Saunagänge­r sanft auf die Haut. Dabei werden ätherische Dämpfe frei, die die Atemwege befreien, erklärt der Förster, dessen Mutter aus Finnland stammt.

Weil es im kalten Winter keine frischen Birkenzwei­ge gibt, werden sie im Frühjahr geschnitte­n, gebündelt und dann eingefrore­n. „Man kann sie so auch kaufen“, sagt Ulla Günther. Vor Jahren war sie zum Studium nach Deutschlan­d gekommen. Der Liebe wegen ist sie geblieben.

So war’s auch bei Leena Ludwig aus Deubach, die ihren Mann Martin während eines Praktikums beim Suhrkamp-Verlag in Frankfurt kennengele­rnt hatte. Ursprüngli­ch stammt sie aus Tampere, wo es wie in allen finnischen Orten verpönt ist, in der Sauna einen Aufguss zu machen und sich dann gleich wieder zu verziehen. Überhaupt: Geschwitzt wird im Land, wo es mehr Handys als Menschen und mehr Saunen als Autos gibt, ganz anders.

Es gibt mehr Aufgüsse und niemanden, der wie wild mit einem Handtuch herum wedelt. Niemand schaut gebannt auf die Sanduhr an der Wand, um dann plötzlich wie von der Tarantel gestochen mit dem Frotteetuc­h um die Hüfte aufzusprin­gen. Auch der Cocktail aus ätherische­n Ölen, der hierzuland­e ins Aufgusswas­ser getröpfelt wird, ist in Finnland tabu. „Man ist eher puristisch“, weiß Förster Pentti Buchwald, der Sauna-Novizen rät: Nur gesund in die Sauna gehen.

Wie lange der Saunabesuc­h dauert und welche Temperatur gewählt wird, das regelt jeder für sich selbst. „Man hört auf seinen Körper“, erklärt Ulla Günthers Ehemann Herbert. Ach ja: Meistens haben’s die Finnen lieber etwas heißer. Und beim Abkühlen darf es auch etwas kälter sein – vor einem Bad im eisig kalten See schrecken viele Finnen nicht zurück. „Das muss man aber trainieren, sonst bekommt man einen Schock“, warnt Martin Ludwig.

Eine weitere Regel, die Deutsche beim Besuch einer finnischen Sauna beherzigen sollten: Es herrscht Ruhe am Ort der Entspannun­g. Erst danach wird’s lauter. Schließlic­h ist die Sauna auch ein „Kommunikat­ionsort“, wie Leena Ludwig erklärt. Ein geselliger Treffpunkt, vergleichb­ar mit einem Stammtisch. Bier gehört auch dazu. Manchmal wird die Sauna auch zum Partyraum, erklärt die 41-jährige Rike Englbrecht, die in Zusmarshau­sen aufgewachs­en ist.

Als 16-Jährige hatte sie ein Jahr an der Deutschen Schule in Helsinki verbracht. Das gemeinsame Schwitzen kannte Rike Englbrecht schon von ihrer finnischen Mutter Tuula, die wie viele Landsleute auch auf die traditione­lle Rauchsauna schwört: In einem Raum wird ein offenes Holzfeuer entfacht, das Steine erhitzt. Sind die heiß genug, dann zieht der Rauch wieder ab. Und schon beginnt das etwas andere, urtümliche Rauchvergn­ügen im »Aufgefalle­n Schwitzkas­ten. O

Termin Wer mehr über Finnland und die Finnen erfahren möchte: Die Deutsch Finnische Gesellscha­ft Augsburg präsentier­t sich bei der Europawoch­e vom 5. bis 14. Mai in Augsburg.

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Foto: Marcus Merk Martin Ludwig aus Deubach zeigt, was er von seiner finnischen Frau Leena gelernt hat: Die Hitze in der Sauna ist die perfekte Abhärtung für kalte Winter.

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