Augsburger Allgemeine (Land West)

Anschlag in Wien geplant?

Verdächtig­er verhaftet. Die Spur führt auch nach Deutschlan­d

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Jetzt sei „Österreich keine Insel der Seligen“mehr, sagte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka, kurz nachdem am Freitagabe­nd ein 17-jähriger Kleinkrimi­neller in Wien verhaftet worden war. Es besteht der Verdacht, dass der Mann in der zweiten Januarhälf­te einen Bombenansc­hlag in der Wiener U-Bahn oder an einem anderen belebten Platz begehen wollte. Seine Spur führt nach Deutschlan­d.

Am Samstagabe­nd stürmte ein Spezialein­satzkomman­do der Polizei eine Wohnung im rheinische­n Neuss, ein Terrorverd­ächtiger wurde festgenomm­en. Der 21-Jährige steht im Verdacht, Komplize des jungen Mannes zu sein, der den Ermittlern in Wien ins Netz gegangen ist. Möglicherw­eise wollte er sogar selbst eine Bombe zünden – in Deutschlan­d.

Klar scheint: Der 17-jährige gebürtige Niederöste­rreicher mit albanische­n Wurzeln war als Kleinkrimi­neller polizeibek­annt. Er bewegte sich nach Kenntnis der Behörden seit längerem in einem radikalen albanisch-islamistis­chen Milieu und in den einschlägi­gen Moscheen. Medienberi­chte, wonach er sich zur Terrormili­z Islamische­r Staat bekannt haben soll, wurden offiziell bislang nicht bestätigt. Es gebe Hinweise, „dass ein etwas größeres Rahmenwerk dahinterst­eht“, sagte Innenminis­ter Sobotka.

Gerüchte, der Verdächtig­e habe im Internet nach Informatio­nen zum Bau einer Bombe gesucht und bereits erstes Material gekauft, blieben unkommenti­ert. Auszuschli­eßen sei zumindest, dass der Mann ein Heimkehrer aus einem Kriegsgebi­et sei. Die Ermittler sind sicher: Die Radikalisi­erung hat in Österreich stattgefun­den. Der Verdächtig­e ließ sich widerstand­slos festnehmen. Befreundet­e Geheimdien­ste hatten die österreich­ischen Behörden über die Gefahr informiert. Wie weit der Mann mit den Anschlagsp­lanungen war, ist unklar. Am Wochenende folgten Hausdurchs­uchungen. Hinweise auf Sprengstof­f ergaben sich dabei nicht. Computer und vier Handys werden noch untersucht.

Welche Verbindung bestand zwischen den beiden Festgenomm­enen? Nach den bisherigen Erkenntnis­sen hatte der Wiener Verdächtig­e enge Kontakte zu dem 21-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen. Laut Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft hat er in der Neusser Wohnung übernachte­t. Die beiden hätten mit Sprengstof­f experiment­iert, berichtet Focus Online. Sprengstof­f für Wien oder Sprengstof­f für einen Anschlag in Deutschlan­d? Das nordrhein-westfälisc­he Innenminis­terium hält sich bedeckt. „Das Wichtigste ist: Der Neusser sitzt jetzt in Haft und kann erst mal keinen Schaden mehr anrichten“, sagte ein Sprecher. Laut Staatsanwa­ltschaft Düsseldorf soll der Mann über einen Anschlag auf Bundeswehr­ziele nachgedach­t haben. Mit der Festnahme rückt erneut Nordrhein-Westfalen in den Mittelpunk­t der Terrorfahn­dung. In keinem anderen Bundesland sind extremisti­sche Salafisten so aktiv wie dort.

Auch die Spur des Berliner Attentäter­s Anis Amri führte nach Nordrhein-Westfalen. Er war dort gemeldet, wurde länger observiert – und dennoch konnte er den Behörden entwischen und in Berlin einen Anschlag auf einen Weihnachts­markt verüben.

Der Österreich­er war der Polizei schon lange bekannt Bastelten sie in NRW an einer Bombe?

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