Augsburger Allgemeine (Land West)

Ex Premier muss zittern

Frankreich Manuel Valls will Präsident werden. Doch schon bei der Vorwahl der Sozialiste­n wird er völlig überrasche­nd nur Zweiter

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Paris

Im Rennen um den Élyséepala­st gehen die französisc­hen Sozialiste­n klar auf Linkskurs. Der Ex-Minister Benoît Hamon setzte sich in der ersten Vorwahlrun­de um die Präsidents­chaftskand­idatur überrasche­nd deutlich an die Spitze und trifft nun in der Stichwahl auf den früheren Premier Manuel Valls.

Hamon überholte den als Favoriten gehandelte­n Valls bei der gestrigen Abstimmung und kam nach ersten Hochrechnu­ngen auf rund 35,8 Prozent. Der 49-jährige vertritt teilweise radikale Forderunge­n des linken Flügels der Sozialiste­n und setzt sich damit klar von der glücklosen Präsidents­chaft von François Hollande ab. Nach Auszählung von mehr als 882 000 Wahlzettel­n – etwa der Hälfte der Stimmen – kam Valls mit rund 31,4 Prozent nur auf den zweiten Platz. Der Drittplatz­ierte Arnaud Montebourg lag weit abgeschlag­en dahinter. Er räumte seine Niederlage ein und rief seine Anhänger auf, in der Stichwahl am kommenden Sonntag für Hamon zu stimmen.

Insgesamt hatten sich sieben Politiker der Sozialiste­n und mehrerer verbündete­r Kleinparte­ien beworben. Hamon hatte vor allem mit der Forderung nach einem bedingungs­losen Grundeinko­mmen für Schlagzeil­en gesorgt. Selbst sein ebenfalls zum linken Flügel gehörender Konkurrent Montebourg hatte das Vorhaben wegen hoher Kosten kritisiert: „300 Milliarden, das entspricht dem derzeitige­n Staatsbudg­et.“

Valls dagegen steht für einen eher reformorie­ntierten und wirtschaft­sfreundlic­hen Kurs und gehört damit zum rechten Flügel der Sozialiste­n. Im Wahlkampf verteidigt­e er die teils heftig kritisiert­e Regierungs­politik unter Hollande. Die Partei ist nach fünf schwierige­n Regierungs­jahren und dem Verzicht Hollandes auf eine neue Kandidatur schwer angeschlag­en. Egal welcher der beiden Finalisten das Rennen macht: Umfragen für die Präsidents­chaftswahl sehen ihn abgeschlag­en, zuletzt sogar auf dem fünften Platz. Als Favoriten für die Stichwahl im Mai gelten der Konservati­ve François Fillon und die Rechtspopu­listin Marine Le Pen vom Front National.

Erschweren­d hinzu kommt, dass das linke Lager zersplitte­rt auftritt. Unabhängig von der Vorwahl bewerben sich unter anderem der Linkspolit­iker Jean-Luc Mélenchon und der aus der sozialisti­schen Partei ausgetrete­ne frühere Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron um das höchste Staatsamt im Élyséepala­st. Der Polit-Jungstar Macron konnte zuletzt in Umfragen Boden gutmachen und lag mit etwa 20 Prozent auf Platz drei.

Die Beteiligun­g an der gestrigen Vorwahl habe wohl bei 1,5 bis zwei Millionen Wählern gelegen, sagte Wahlleiter Thomas Clay, „wahrschein­lich näher an zwei Millionen“. Das ist weniger als bei der linken Vorwahl vor fünf Jahren und deutlich weniger als im bürgerlich­en Lager, wo im November mehr als vier Millionen Menschen abstimmten. Abstimmen konnten alle Franzosen, die im Wählerregi­ster stehen, sie mussten sich aber per Unterschri­ft zu den Werten des linken Lagers bekennen.

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Foto: dpa Muss nun in die Stichwahl: Ex Premier Manuel Valls.

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