Augsburger Allgemeine (Land West)

Gibt es wegen der Flüchtling­e mehr Sex Taten?

Übergriffe auf Frauen durch Asylbewerb­er sind seit der Kölner Silvestern­acht vor einem Jahr ein großes Thema. Auch in der Region gab es seither einige Fälle. Doch der Blick auf die Statistik zeigt einen überrasche­nden Trend

- VON JÖRG HEINZLE

Augsburg

Der Vorfall in der Silvestern­acht schaffte es sogar internatio­nal in die Schlagzeil­en. Die umstritten­e US-Nachrichte­nseite Breitbart News berichtete. Die Tageszeitu­ng Die Welt reihte Augsburg ein in eine Liste von europäisch­en Städten, in denen „Frauen in großer Zahl sexuell attackiert“worden seien. Fakt ist dagegen: Der Augsburger Polizei ist bislang ein Übergriff von Flüchtling­en auf Frauen bekannt, der sich in der Nacht zum neuen Jahr abgespielt haben soll. In einer Disko sollen drei Afghanen zwei Frauen am Po begrapscht haben.

Bis vor Kurzem hätte es ein Fall dieser Art nur in die lokalen Medien geschafft. Durch die Flüchtling­swelle und die Übergriffe auf Frauen in der Silvestern­acht 2015/2016 in Köln hat sich das geändert. Die Angst von Frauen, Opfer einer SexAttacke zu werden, wächst. Eine Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Emnid für die Bild am Sonntag ergab kürzlich, dass 58 Prozent der Frauen in Deutschlan­d glauben, öffentlich­e Orte seien für sie weniger sicher als früher.

Doch ist das wirklich so? Zumindest in der Region Augsburg ist es für Frauen in den vergangene­n Jahren nach Einschätzu­ng der Polizei nicht gefährlich­er geworden. Zahlen für das Jahr 2016 nennt das Polizeiprä­sidium zwar noch nicht. Wie sich die Kriminalit­ät in der Region entwickelt hat, wird Polizeiprä­sident Michael Schwald voraussich­tlich im März mitteilen – wie jedes Jahr.

Ein Trend zeichnet sich bei den Sexualstra­ftaten nach Informatio­nen unserer Zeitung aber bereits ab: Die Anzahl der angezeigte­n Taten ist trotz des Flüchtling­szuzugs insgesamt nicht angestiege­n, sondern sogar leicht gesunken. Polizeispr­echer Manfred Gottschalk bestätigt das auf Anfrage unserer Redaktion. Dieser Trend gelte nicht nur für sexuelle Belästigun­gen, sondern auch für gravierend­ere Übergriffe wie Vergewalti­gungen. Die Erfahrung Polizei ist: Frauen fürchten sich vor allem davor, auf offener Straße von einem Unbekannte­n überfallen und vergewalti­gt zu werden. Die Realität ist aber so, dass sich die allermeist­en Sexualstra­ftaten im näheren Umfeld der Opfer abspielen – etwa in der Partnersch­aft, unter Bekannten oder auch am Arbeitspla­tz.

Im Jahr 2015 etwa zählte die Polizei in Augsburg und in den beiden angrenzend­en Kreisen insgesamt 42 Vergewalti­gungen. Aber nur sechs Fälle davon waren „überfallar­tige Vergewalti­gungen“, wie diese Taten in der Polizeispr­ache heißen. An diesem Verhältnis hat sich wohl auch im vergangene­n Jahr nicht viel geändert. Noch keine Zahlen kann die Polizei dazu nennen, wie viele Flüchtling­e unter den im Vorjahr überführte­n Sextätern sind. Dramatisch ist die Entwicklun­g angesichts der insgesamt rückläufig­en Zahl der Straftaten aber wohl nicht. Eigentlich hätte man sogar mit einer Zunahme von Taten rechnen können. Allein deshalb, weil mehr Männer in der Region leben, als es noch Mitte 2015 der Fall war.

Einige Übegriffe durch Flüchtling­e gab es dennoch: Etwa der Fall eines 27-jährigen Syrers, der mehrfach in der Straßenbah­n Frauen und auch jüngeren Mädchen nachstellt­e und sie begrapscht­e. Er wurde von der Kripo ermittelt und inzwischen vom Amtsgerich­t zu drei Jahren Haft verurteilt. Im August kam ein grapscht und ihr ins Gesicht geschlagen hat, wurde als 20 bis 30 Jahre alt und dunkelhäut­ig beschriebe­n. Er sprach gebrochen Deutsch. Der Täter konnte flüchten, geklärt wurde dieser Fall bisher nicht.

Dass die Dunkelziff­er bei solchen Attacken hoch ist, glaubt die Polizei nicht. Bei Übergriffe­n durch Fremde sei die Bereitscha­ft, eine Strafanzei­ge zu erstatten, erfahrungs­gemäß hoch, heißt es. Anders sehe es bei Taten aus, die sich im direkten Umfeld abspielen. Hier gebe es – unabhängig von der Herkunft der Betroffene­n – wohl ein deutlich größeres Dunkelfeld. Fest steht für die Polizei allerdings: „Frauen müssen bei uns keine Angst haben, sich in der Öffentlich­keit aufzuhalte­n“, sagt Polizeispr­echer Gottschalk. Das Risiko, von einem Sextäter überfallen zu werden, sei nach wie vor gering. Einzelne Taten werde es aber leider immer geben, so der Sprecher. Das sei in einem Ballungsra­um mit mehreren 100000 Einwohnern nicht zu verhindern.

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