Augsburger Allgemeine (Land West)
Grüne kämpfen für liberale, offene Gesellschaft
Neujahrsempfang Sorge vor wachsendem Populismus. In Augsburg will die Fraktion weiter ein zuverlässiger Partner in der Stadtregierung mit CSU und SPD sein
2017 ist ein entscheidendes Jahr – für Deutschland, Europa und die Welt. So sehen es Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth und die Grünen. Beim Neujahrsempfang der Grünen-Stadtratsfraktion rief Roth im Augsburger Rathaus mit großem Nachdruck dazu auf, dass alle demokratischen Parteien gemeinsam für eine offene, liberale und vielfältige Gesellschaft kämpfen müssten. Für ihren flammenden Appell erhielt sie großen Applaus von etwa 250 Gästen.
„Trump hat die Macht, auch unsere Lebenswelt auf den Kopf zu stellen, wenn wir nicht achtsam sind“, sagte Roth mit Blick auf die umstrittene Antrittsrede des neuen amerikanischen Präsidenten, die weltweit für Proteste sorgte. Roth zufolge muss es darum gehen, eine weitere Ausbreitung populistischer Politikmodelle zu verhindern. In diesem Jahr gehe es auch bei Wahlen in zahlreichen europäischen Ländern um eine demokratische Zukunft. Europa habe seit Jahrzehnten für Frieden gesorgt. Diesen sieht Roth in Gefahr, wenn gesellschaftliche Spaltung, Ausgrenzung und auch die Abschottung von Staaten zunehmen.
Die Bundestagsvizepräsidentin mahnte aber auch, dass der Kampf gegen politische Populisten nicht zu gewinnen sei, wenn man ihre Parolen imitiert. „Wir müssen mit Mut für unsere eigenen Positionen eintreten.“Darüber hinaus müsse sich Europa gemeinsam für das zentrale Thema der Menschenrechte einsetzen und endlich zu einer gerechteren Verteilung der Flüchtlinge finden. Derzeit sei „ein Wettlauf der Schäbigkeit“gegenüber Menschen in Not in Gang. Auch für Sigi Hagl, die Landesvorsitzende der Grünen, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt wichtiger denn je. „Es sind Kräfte am Werk, die einen Kulturkampf gegen unsere liberale Gesellschaft führen.“Deshalb müssten Freiheit, Vielfalt, Gleichberechtigung und Menschenrechte verteidigt werden. Aus Sicht der Grünen ist die Politik der CSU in Bayern nicht auf dem richtigen Weg. Eine „Symbolpolitik“mit einer verschärften Abschiebung afghanischer Flüchtlinge oder der Ruf nach einer deutschen „Leitkultur“sei im Grunde nichts anderes als Populis- mus und trage nicht dazu bei, Probleme zu lösen.
Die Augsburger Grünen sehen Augsburgs Zukunft als eine Stadt mit einer friedlichen, weltoffenen und vielfältigen Gesellschaft. Fraktionsvorsitzende Martina Wild sprach auch viele andere Themen an, die den Grünen am Herzen liegen: etwa die Integration von Flüchtlingen, öffentliche Sicherheit ohne flächendeckende Videoüberwachung, mehr Bildungschancen auch für arme Kinder und Jugendliche, mehr Klimaschutz und die Energiewende. Die Grünen fordern eine Abschaltung des Kernkraftwerks Gundremmingen noch in diesem Jahr.
Beim Wohnungsbau plädierte Wild dafür, nicht nur über neue Flächen zu diskutieren, sondern auch über neue Wohnformen, ein grünes Umfeld und moderne Energiekonzepte. Beim Thema Mobilität sollte aus Sicht der Grünen das Projekt „Fahrradstadt 2020“eine noch wichtigere Rolle spielen. Wie Umweltreferent Reiner Erben berichtete, hat der verbesserte Winterdienst für Radfahrer inzwischen ungeahnte Folgen: Etliche Radler teilten der Stadt mit, dass ihre gut geräumten Wege zunehmend von Fußgängern benutzt werden.
Wichtig war Martina Wild, die gute Zusammenarbeit in der Stadtregierung zusammen mit CSU und SPD zu betonen. Zwar gebe es punktuell Debatten und Konflikte. Zwischen drei Fraktionen mit unterschiedlichen Profilen sei das aber „normal“. Die Grünen wollen weiter ein verlässlicher Regierungspartner sein.