Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn Politik und Gefühle sich treffen
Operette „Der Bettelstudent“in Gersthofen beeindruckt vor vollem Haus
Über eine richtig temperamentvolle Präsentation der mit vielen Ohrwürmern gespickten Operette „Der Bettelstudent“von Karl Millöcker konnten sich die Besucher in der Stadthalle Gersthofen freuen.
Das Operettentheater Salzburg unterhielt seine Gäste mit hervorragenden Solisten, prächtigen Kostümen und Bühnenbild sowie temperamentvollen slawisch-volkstümlichen Tänzen. Herzstück dieser Geschichte waren die unvergänglichen Melodien samt verschmitzten oder romantischen Texten. Melodien mit Ohrwurm-Faktor. „Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“wohl das bekannteste Stück aus dieser Operette oder „Ich knüpfte manche zarte Bande“stehen für eine der bis heute populärsten Operetten überhaupt.
„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt“behauptet zumindest Oberst Ollendorf. Krakau zur Zeit August des Starken: Die heiter-revolutionäre Geschichte erzählt von Oberst Ollendorf (köstlich Josef Krenmair), der in der besetzten Stadt als sächsischer Gouverneur ein selbstherrliches Regiment führt. Doch der polnische Adel und patriotische Studenten lehnen sich mehr und mehr gegen ihn auf.
Ollendorf ahnt nichts davon. Viel mehr trifft ihn ein Schlag der schönen Polin Laura (Doris Langara) mit dem Fächer ins Gesicht, als er allzu aufdringlich wurde. Diese Schmach kann ein sächsischer Offizier natürlich nicht auf sich sitzen lassen und schreit förmlich nach Rache. Er holt zwei Studenten, Symon und Jan (Christian Bauer und Thomas Reisinger) aus dem Gefängnis. Entweder im Gefängnis darben oder mit reichlich Geld in der Tasche eine schöne Frau verführen? Diese Wahl fällt den Beiden nicht schwer. Aus dem Bettelstudenten Symon wird nun Fürst Wybicki, der polnische Häftling Jan wird zu seinem Sekretär ernannt. In Wahrheit handelt es sich um polnische Freiheitskämpfer, im Fall von Jan gar um einen Offizier des verdrängten polnischen Königs. Der Oberst hat damit unwissentlich den Geist der Rebellion aus der Flasche gelassen. Am Ende siegt die Liebe über Standesdünkel, der Betrüger Ollendorf wird selbst zum Betrogenen und einem Happy End – wie es sich für eine Operette gehört – steht nichts mehr im Wege.
Die beeindruckenden Bühnenbilder (Christine Sadjina-Höfer) und ein großes Aufgebot historischer Kostüme (Gerlinde Höglhammer) versetzten das Publikum ins Polen des frühen 18. Jahrhunderts. Viele populäre wie auch eingängige Melodien, die sicherlich für mehrere Wunschkonzerte reichen, boten vergnügliche Unterhaltung. Die hohen Anforderungen der Operette an die Solisten, die nicht nur gut singen, sondern auch sprechen und tanzen können müssen, hatten am Ende den großen Applaus verdient.
Unter der Regie von Lucia Meschwitz entstand eine erfrischende und mitreißende Inszenierung, in der Standesdünkel und verarmter Adel glaubhaft ins Bild passten. Durch das Einbeziehen Gersthofens brachte Oberst Ollendorf im Couplet „Schwamm drüber“ein wenig Lokalkolorit in die Aufführung – sehr zur Freude der Zuschauer.
Dem österreichischen Charme der Aufführung in Gersthofen konnte am Ende niemand widerstehen. So setzte der fast ausverkaufte „Bettelstudent“wieder einmal ein Zeichen für ein nostalgisches Programm, das bei einem breiten Publikum ankam.