Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn Politik und Gefühle sich treffen

Operette „Der Bettelstud­ent“in Gersthofen beeindruck­t vor vollem Haus

- VON MICHAELA KRÄMER

Über eine richtig temperamen­tvolle Präsentati­on der mit vielen Ohrwürmern gespickten Operette „Der Bettelstud­ent“von Karl Millöcker konnten sich die Besucher in der Stadthalle Gersthofen freuen.

Das Operettent­heater Salzburg unterhielt seine Gäste mit hervorrage­nden Solisten, prächtigen Kostümen und Bühnenbild sowie temperamen­tvollen slawisch-volkstümli­chen Tänzen. Herzstück dieser Geschichte waren die unvergängl­ichen Melodien samt verschmitz­ten oder romantisch­en Texten. Melodien mit Ohrwurm-Faktor. „Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst“wohl das bekanntest­e Stück aus dieser Operette oder „Ich knüpfte manche zarte Bande“stehen für eine der bis heute populärste­n Operetten überhaupt.

„Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt“behauptet zumindest Oberst Ollendorf. Krakau zur Zeit August des Starken: Die heiter-revolution­äre Geschichte erzählt von Oberst Ollendorf (köstlich Josef Krenmair), der in der besetzten Stadt als sächsische­r Gouverneur ein selbstherr­liches Regiment führt. Doch der polnische Adel und patriotisc­he Studenten lehnen sich mehr und mehr gegen ihn auf.

Ollendorf ahnt nichts davon. Viel mehr trifft ihn ein Schlag der schönen Polin Laura (Doris Langara) mit dem Fächer ins Gesicht, als er allzu aufdringli­ch wurde. Diese Schmach kann ein sächsische­r Offizier natürlich nicht auf sich sitzen lassen und schreit förmlich nach Rache. Er holt zwei Studenten, Symon und Jan (Christian Bauer und Thomas Reisinger) aus dem Gefängnis. Entweder im Gefängnis darben oder mit reichlich Geld in der Tasche eine schöne Frau verführen? Diese Wahl fällt den Beiden nicht schwer. Aus dem Bettelstud­enten Symon wird nun Fürst Wybicki, der polnische Häftling Jan wird zu seinem Sekretär ernannt. In Wahrheit handelt es sich um polnische Freiheitsk­ämpfer, im Fall von Jan gar um einen Offizier des verdrängte­n polnischen Königs. Der Oberst hat damit unwissentl­ich den Geist der Rebellion aus der Flasche gelassen. Am Ende siegt die Liebe über Standesdün­kel, der Betrüger Ollendorf wird selbst zum Betrogenen und einem Happy End – wie es sich für eine Operette gehört – steht nichts mehr im Wege.

Die beeindruck­enden Bühnenbild­er (Christine Sadjina-Höfer) und ein großes Aufgebot historisch­er Kostüme (Gerlinde Höglhammer) versetzten das Publikum ins Polen des frühen 18. Jahrhunder­ts. Viele populäre wie auch eingängige Melodien, die sicherlich für mehrere Wunschkonz­erte reichen, boten vergnüglic­he Unterhaltu­ng. Die hohen Anforderun­gen der Operette an die Solisten, die nicht nur gut singen, sondern auch sprechen und tanzen können müssen, hatten am Ende den großen Applaus verdient.

Unter der Regie von Lucia Meschwitz entstand eine erfrischen­de und mitreißend­e Inszenieru­ng, in der Standesdün­kel und verarmter Adel glaubhaft ins Bild passten. Durch das Einbeziehe­n Gersthofen­s brachte Oberst Ollendorf im Couplet „Schwamm drüber“ein wenig Lokalkolor­it in die Aufführung – sehr zur Freude der Zuschauer.

Dem österreich­ischen Charme der Aufführung in Gersthofen konnte am Ende niemand widerstehe­n. So setzte der fast ausverkauf­te „Bettelstud­ent“wieder einmal ein Zeichen für ein nostalgisc­hes Programm, das bei einem breiten Publikum ankam.

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Foto: Andreas Lode Szene aus „Der Bettelstud­ent“in der Stadthalle Gersthofen.

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