Augsburger Allgemeine (Land West)
Post von Obama
Trump findet Brief und ist gerührt
Augsburg Ach, man kann sich das so schön vorstellen: Da schreitet Donald Trump also sein neues Büro ab. Das Oval Office. Er streicht gedankenverloren über die goldenen Gardinen, die er extra noch schnell vor seinem Amtsantritt aufhängen ließ. Und während er sich noch selbst mit einem inneren Autokorso feiert, entdeckt er diesen Umschlag mit der Aufschrift „MR. PRESIDENT“. Es gehört zu den schöneren Traditionen im Weißen Haus, dass der alte Präsident dem neuen einen persönlichen Brief hinterlässt. So hatte sich also auch Barack Obama hingesetzt und jenem Mann geschrieben, den er auf gar keinen Fall als Nachfolger haben wollte. Als Trump, der selbst ja lieber in schnellen 140 TwitterZeichen kommuniziert, die Zeilen liest, ist er geradezu gerührt.
„Es war wirklich nett von ihm, das zu tun, und wir werden es wertschätzen“, sagt der neue US-Präsident später und holt den Brief aus der Sakkotasche. Als wolle er allen beweisen, dass es ihn wirklich gibt. Nur was ihm Obama geschrieben hat, verrät Trump nicht. „Wir werden es für uns behalten. Und wir werden nicht einmal der Presse sagen, was in dem Brief steht“, sagt er und steckt den Umschlag weg – wie ein wertvolles Gut, das nicht in fremde Hände geraten soll.
Sollte sich Obama ein Beispiel an den Worten genommen haben, die George W. Bush ihm selbst vor acht Jahren mit auf den Weg gab, wäre Trumps emotionale Reaktion durchaus nachvollziehbar. Denn es waren überraschend gefühlvolle, sentimentale Zeilen. „Lieber Barack, herzlichen Glückwunsch zur Präsidentschaft. Sie haben ein fantastisches Kapitel in Ihrem Leben begonnen“, schrieb Bush und ließ keinen Zweifel daran, dass es auch eine Bürde sein kann, der mächtigste Mann der Welt zu sein: „Es wird aufreibende Augenblicke geben. Die Kritiker werden wüten. Ihre ,Freunde‘ werden Sie enttäuschen“.
Ob Trump sich eines Tages auch so versöhnlich verabschieden wird? Wir werden sehen. Vielleicht twittert er auch einfach schnell etwas.