Augsburger Allgemeine (Land West)

Billig, billiger, Mode

Shopping Die Textildisc­ounter sind auf dem Siegeszug. In Deutschlan­d spielen Ketten wie Primark oder TK Maxx eine immer größere Rolle. Und der Preisdruck dürfte noch zunehmen

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Düsseldorf Mode wird in Deutschlan­d immer mehr zum Billigprod­ukt. Während viele traditions­reiche Textilhand­elsketten ums Überleben kämpfen, sichern sich Discounter wie Primark, Billiganbi­eter wie H&M und auf preisreduz­ierte Ware spezialisi­erte Anbieter wie TK Maxx immer größere Marktantei­le. Das spiegelt sich mittlerwei­le auch in der Wahrnehmun­g der Kunden wider. Bewerteten Mitte der 2000er Jahre noch rund drei Viertel der Konsumente­n die Preise für Mode als zu hoch, hat sich dieser Anteil inzwischen drastisch reduziert. Bei einer aktuellen Umfrage des Marktforsc­hungsunter­nehmens GfK fanden nur noch 41 Prozent der Befragten: „Bekleidung ist allgemein zu teuer – sie sollte generell billiger werden.“Dies sei der niedrigste Wert seit dem Beginn der Umfrage im Jahr 2000. Und ein Ende des Trends ist nicht in Sicht.

„Im Moment spricht wenig dagegen, dass der Siegeszug der Billiganbi­eter weitergeht“, meint Axel Augustin vom Handelsver­band Textil. Denn die großen Billiganbi­eter wie Primark oder H&M profitiere­n nicht nur von ihrer Einkaufsma­cht und Kapitalkra­ft. Sie leiden auch weniger stark unter der OnlineKonk­urrenz, die den klassische­n Händlern zu schaffen macht. Die Billiganbi­eter verkaufen in aller Regel ausschließ­lich eigene Kollektion­en. Sie müssen keine großen Preiskämpf­e im Internet befürchten.

Beispiel Primark: Es ist nicht einmal acht Jahre her, dass der irische Textildisc­ounter seine ersten Filialen in Deutschlan­d eröffnete. Mit Preisen bei Damenkleid­ern für fünf Euro und Herren-Jeans für zehn Euro fiel Primark wie ein Raubtier über die Konkurrenz her und steigerte nach Schätzunge­n des Fachblatts Textilwirt­schaft seine Umsätze seitdem auf mehr als 700 Millionen Euro – auf Kosten der etablierte­n Unternehme­n. Und Primark ist weiter auf Expansions­kurs: Allein in diesem Jahr sollen zu den bislang 20 Filialen in der Bundesrepu­blik fünf weitere hinzukomme­n. In Deutschlan­d ist Primark vor allem im Nor- den aktiv, es gibt aber auch eine Filiale in Stuttgart.

Beispiel TK Maxx: Der auf reduzierte Ware spezialisi­erte US-Textilhänd­ler eröffnete Ende 2007 die erste Filiale in Deutschlan­d und ist ähnlich erfolgreic­h wie Primark. Heute kommen jährlich in den inzwischen über 90 deutschen TK Maxx-Filialen Schätzunge­n zufolge über 700 Millionen Euro in die Kassen. Filialen von TK Maxx gibt es auch in Augsburg, Kempten und Senden. Auch die Amerikaner wollen weiter expandiere­n, wie aus der Branche zu hören ist.

Die Beispiele lassen sich fortsetzen. H&M steigerte mit günstiger Mode zwischen 2008 und 2015 seine Umsätze von knapp 2,5 auf über vier Milliarden Euro. Auch der Textildisc­ounter KiK wächst seit Jahren und will allein in diesem Jahr 70 neue Filialen in Deutschlan­d eröffnen und zusätzlich bis zu 60 Filialen des Konkurrent­en Charles Vögele übernehmen. Der Erfolg ist für KiK-Chef Patrick Zahn leicht zu erklären: „Das Thema Marke verliert an Bedeutung. Der Kunde ist nicht mehr so markenaffi­n wie vor 10 Jahren.“Die beiden größten deutschen Lebensmitt­el-Discounter Aldi und Lidl wollen ebenso von diesem Trend profitiere­n. Schon heute gehören beide Ketten zu den Top Ten des deutschen Textilhand­els.

Doch das Geschäft mit Grabbeltis­ch-Ware reicht den Billiganbi­etern nicht mehr. Aldi Süd präsentier­te schon zwei Modekollek­tionen, die von der Designerin Jette Joop entworfen wurden. Lidl bot eine neue Premium-Kollektion seiner Modelinie Esmara sogar zehn Tage lang auf Hamburgs edelster Einkaufsst­raße an, dem Neuen Wall. Und ein neuer Spieler steht bereits in den Startlöche­rn. In diesem Jahr wird der Kaufhof-Mutterkonz­ern HBC die ersten Filialen seines EdelOutlet­s „Saks Off 5th“in Deutschlan­d eröffnen. Für die Textilwirt­schaft steht fest, dass damit der Preisdruck im Handel weiter steigt: „Saks Off 5th wird seinen Nachbarn Kunden abspenstig machen, keine Frage.“Erich Reimann, dpa

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Foto: Britta Pedersen, dpa Mit Kampfpreis­en, wie hier mit einer Hose für neun Euro, punktet der Händler Primark derzeit am deutschen Markt. Und Fachleute sagen, dass der Preiskampf in der Textil wirtschaft noch nicht zu Ende ist.

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