Augsburger Allgemeine (Land West)

Neue Zweifel am Riedberger Horn

Naturschut­z Ein Gutachten belegt laut Alpenschut­zkommissio­n CIPRA, dass Oberallgäu­er Ratsbeschl­üsse rechtswidr­ig sind. Landrat weist Kritik zurück und spricht von Stimmungsm­ache

- VON ULI BACHMEIER UND MARKUS RAFFLER

München/Kempten Die Gegner des umstritten­en Liftprojek­ts am Riedberger Horn haben erhebliche Zweifel, dass im Gemeindera­t der Oberallgäu­er Gemeinde Obermaisel­stein alles nach Recht und Gesetz abgelaufen ist. Nach einem Gutachten des Regensburg­er Rechtsprof­essors Gerrit Manssen sind die Beschlüsse zur Erschließu­ng des Skigebiets Grasgehren unwirksam. Begründung: Der Bürgermeis­ter und vier Gemeinderä­te, die an der Betreiberg­esellschaf­t „Grasgehren­lift Otto Schmid OHG“beteiligt sind, hätten an den Beratungen und Beschlussf­assungen zum Teilfläche­nnutzungsp­lan nicht mitwirken dürfen. Dies ergebe sich aus einer Bestimmung der Gemeindeor­dnung, die „Vettern-“oder „Spezl-Wirtschaft“verhindern soll.

Natur- und Umweltschü­tzer wollen, wie mehrfach berichtet, die geplante Lifttrasse am Riedberger Horn verhindern, weil sie durch einen streng geschützte­n Bereich verlaufen soll. Würde das Projekt genehmigt, so die Befürchtun­g, würde ein Präzedenzf­all geschaffen und der Schutz der Alpen insgesamt in Frage gestellt. Die Gemeinden Obermaisel­stein und Balderschw­ang dagegen erhoffen sich vom Projekt wichtige Impulse für den Wintertour­ismus.

Das Rechtsguta­chten kommt von den Gegnern des Projekts. Es wurde im Auftrag der „Gesellscha­ft für ökologisch­e Forschung“erstellt und gestern in München von der deutschen Vertretung der Internatio­nalen Alpenschut­zkommissio­n CIPRA vorgelegt. Es bezieht sich ausschließ­lich auf Beschlüsse der Gemeinderä­te in Obermaisel­stein und Balderschw­ang, nicht aber auf die Bürgerents­cheide zu den Ratsbegehr­en.

Die Beschlussf­assung in Balderschw­ang sei demnach nicht zu beanstande­n, weil dort nur ein Gemeindera­t Mitglied der Betreiberg­esellschaf­t sei. Er hätte zwar nicht mitwirken dürfen, aber der Beschluss wäre auch ohne ihn gefasst worden. Anders in Obermaisel­stein. Dort seien fünf der neun Gemeinderä­te Gesellscha­fter der OHG und fielen somit unter das Mitwirkung­sverbot. Rechtsfolg­e laut Professor Manssen: „Der Gemeindera­t war und ist nicht beschlussf­ähig, da nicht mindestens die Hälfte seiner Mitglieder an der Abstimmung teilnehmen darf.“

Im Landtag kündigten gestern SPD und Grüne an, auf eine rechtliche Überprüfun­g zu drängen. SPDUmweltp­olitiker Florian von Brunn hat den Verdacht, „dass hier möglicherw­eise eine tendenziös­e Rechtsausl­egung, wenn nicht sogar eine unzulässig­e Einflussna­hme stattgefun­den hat“. Ludwig Hartmann, Chef der Grünen im Landtag, geht noch weiter. Er stellte gestern das Projekt insgesamt unter Korruption­sverdacht: überprüfen.“Bereits im Dezember war von Projektgeg­nern erstmals Kritik an den Ratsbeschl­üssen laut geworden. In der Sache habe sich seitdem nichts geändert, betont Klotz: „Die Kommunalau­fsicht am Landratsam­t ist auch jetzt nicht der Auffassung, dass Ratsbeschl­üsse rechtswidr­ig gefasst wurden.“Denn zum einen würden die an der Liftgesell­schaft beteiligte­n Gemeinderä­te keinen unmittelba­ren Vorteil durch die Beschlüsse erlangen. Zum anderen seien sie nicht vertretung­sberechtig­t, übten also keine geschäftsf­ührende Funktion in der Lift-OHG aus. „Beides wären laut Kommunalre­cht Kriterien für einen Ausschluss – und beides liegt nicht vor.“

Dass sich nach Zustandeko­mmen des Liftprojek­tes ein „mittelbare­r Vorteil“für die beteiligte­n Ratsmitgli­eder ergeben dürfte, ist laut Rechtsauff­assung des Landratsam­tes zu vernachläs­sigen. Klotz, der die aktuellen Vorwürfe für eine neuerliche Stimmungsm­ache gegen das Liftprojek­t hält, sieht keinen Grund, auf das Gutachten zu reagieren – zumal die kritisiert­en Beschlüsse für das weitere Verfahren ohne Belang seien.

 ?? Archivfoto: Karl Josef Hildenbran­d ?? Das Riedberger Horn ist ein wunderbare­s Skigebiet. Doch ein Seilbahnpr­ojekt führt zu einem erbitterte­n Streit mit immer neuen Kapiteln.
Archivfoto: Karl Josef Hildenbran­d Das Riedberger Horn ist ein wunderbare­s Skigebiet. Doch ein Seilbahnpr­ojekt führt zu einem erbitterte­n Streit mit immer neuen Kapiteln.

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