Augsburger Allgemeine (Land West)

Oh je, Eis und Schnee!

Wetter Schnee auf der Akropolis, Schnee in Istanbul, Schnee an der Costa Blanca: Der Winter hat in Teilen Europas für Chaos gesorgt. Und tut es noch. Wie die Menschen damit umgehen

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Es sind ungewöhnli­che Bilder, die in den vergangene­n Wochen um die Welt gingen: Schnee in griechisch­en Hafenstädt­en wie Rethymno oder Heraklion – wo es seit Jahrzehnte­n nicht mehr geschneit hatte; die türkische Zeitung Hürriyet berichtete kürzlich vom stärksten Schneefall in Istanbul seit 30 Jahren; selbst im Süden Italiens fiel Schnee.

Die Lage hat sich vielerorts entspannt, andernorts hat sie sich dramatisch zugespitzt – wie in Mittelital­ien (siehe nebenstehe­nden Bericht). Wie Griechen, Spanier, Italiener und Türken mit Schnee, Kälte und Eis umgehen – vier Korrespond­enten berichten von ihren teils sehr persönlich­en Eindrücken: ● Griechenla­nd Der Schock nach dem schweren Winterstur­m von Mitte Januar sitzt noch tief: Bis heute kämpfen die Menschen vor allem auf den Inseln der Ägäis und in Mittelgrie­chenland mit den Folgen der eisigen Kälte: Rohrbrüche, eingestürz­te Decken, tote Tiere. Begonnen hatte alles mit einer kleinen Meldung des Wetteramte­s am 8. Januar: „Schneefall und Dauerfrost“. Richtig ernst nahm das anfangs niemand. „Ich hatte zunächst gedacht, es wird wohl eine der üblichen abge- schwächten Kaltfronte­n sein, die aus dem Norden kommen“, sagt etwa der Lehrer Evangelos Kaparos aus der nordgriech­ischen Kleinstadt Florina. „Damit hatten wir aber nicht gerechnet: Es war eine Art Blizzard, wie man das aus den Filmen aus den USA kennt.“

Die Griechen erlebten das, wie viele Meteorolog­en inzwischen sagen, schlimmste Winterchao­s seit fast 40 Jahren. Der Wintereinb­ruch traf hauptsächl­ich die Gebiete, deren Einwohner keine große Erfahrung mit Schneefäll­en dieser Heftigkeit haben, etwa Kykladen-Inseln wie Mykonos oder Santorin. Auch auf der Halbinsel Peloponnes brach ein Verkehrsch­aos aus. In Nordgriech­enland war und bleibt das Bild dramatisch – Rohrbrüche im gesamten Zentrum von Thessaloni­ki nach fast einer Woche Dauerfrost.

Die starken Schneefäll­e der vergangene­n Wochen hatten aber auch einen positiven Aspekt: Alle Wasserspei­cherseen Griechenla­nds sind jetzt voll. Eine gute Nachricht angesichts der Dürre, die im vergangene­n Jahr im Land herrschte. Und mit der auch in diesem Jahr wieder gerechnet wird. Takis Tsafos, Athen (dpa) ● Spanien Es war ein Jahrhunder­tereignis in der spanischen Mittelmeer­stadt Torrevieja an der Costa Blanca: Erstmals seit 1926 schneite es dort vor kurzem. Für die meisten war es das erste Mal im Leben, dass sie Schnee auf Strand und Palmen sahen. Schon als die ersten Flocken fielen, gaben die Schulen den Kindern schneefrei. Menschen tanzten am Strand, rutschten die verschneit­en Sanddünen hinunter, bauten Schneemänn­er und verewigten den historisch­en Augenblick mit ihren Handy-Kameras. Ähnlich sah es im bekannten Costa-Blanca-Ort Dénia aus: Schneefies­ta am südlichen Mittelmeer. Auf den Straßen derweil großes Chaos: Niemand fährt hier, wo die Sonne 300 Tage im Jahr scheint, mit Winterreif­en – der Verkehr brach schnell zusammen.

Ralph Schulze, Madrid ● Italien Mein erster italienisc­her Winter vor Jahren glich einer Komödie. Schnee kannten die Römer nur aus dem Urlaub. Als dann einmal ein paar Flocken vom Himmel fielen, liefen sie enthusiast­isch auf die Straße und informiert­en die Verwandtsc­haft beglückt am Telefon. Ich musste schmunzeln, kalt war mir damals nicht. Heute sind die Gipfel der Rom umgebenden Berge tief verschneit. Das sieht schön aus. Man weiß aber, welch schwierige­n Bedingunge­n die Menschen in Mittelital­ien ausgesetzt sind. Seit August halten die Erdbeben dort an, der Schnee macht das Leben zusätzlich schwer und forderte sogar Menschenle­ben. Der Winter gleicht in diesem Jahr eher einer Tragödie.

Julius Müller-Meiningen, Rom ● Kurz nach dem ersten schweren Wintereinb­ruch zu Jahresbegi­nn in Istanbul haben die Meteorolog­en nun vor neuen Schneemass­en gewarnt. Zum zweiten Mal im noch jungen Jahr könnte die 15-Millionen-Metropole am Bosporus in den nächsten Tagen im Chaos versinken. Kürzlich erst fiel stellenwei­se bis zu einem Meter Schnee – was zwar die Schulkinde­r freute, weil der Unterricht ausfiel, aber viele Menschen vor große Probleme stellte. Tausende von Autofahrer­n blieben zum Beispiel auf den Stadtautob­ahnen stecken: Einige mussten bis zu zehn Stunden warten, bis es weiterging und sie aus der misslichen Lage befreit waren. Jetzt hofft man in Istanbul, dass es diesmal nicht ganz so schlimm werden wird.

Susanne Güsten, Istanbul

Türkei

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