Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Dschungelc­amp Drehbuch wiederholt sich

Fernsehen Seit elf Jahren schalten Millionen Deutsche die Show ein. Treue Fans ahnen schon jetzt, wer diesmal gewinnt

- VON CLAUDIA GRAF UND SARAH RITSCHEL

Augsburg

Sie haben alle ihre Rollen gefunden. Da ist Hanka Rackwitz, die Nervbacke mit Panik vor Gruppenuma­rmungen. Alexander „Honey“Keen, der eitle Schönling und selbst ernannte Anführer des Camps. Und da ist Gina-Lisa Lohfink, das ewige Opfer mit dem guten Herzen. Man kennt das. Letztes Jahr hießen die Nervenprob­e Ricky Harris, der Beau David Ortega und Menderes Bagci war der arme Tropf, dem man nach dem Camp ein bisschen Glück im Leben wünschte.

Das Drehbuch des RTL-Dschungelc­amps wiederholt sich – und doch schalten Millionen seit elf Jahren treu den Fernseher ein, wenn gemixte Kotzfrucht und Bittermelo­nensaft mit pürierten Schafshode­n auf der Getränkeka­rte der CampInsass­en stehen. Ohne Risiko bei ekligen Prüfungen mitfiebern und im nächsten Moment hämisch über die geschunden­en Kandidaten lachen zu dürfen – so erklärt der Medienwiss­enschaftle­r Bernd Gäbler („Bohlst du noch oder klumst du schon?“) laut Mitteldeut­scher Zeitung die Faszinatio­n von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus (IBES)“.

Während zu Beginn der neuen Staffel vor elf Tagen noch über sieben Millionen Zuschauer zu später Stunde dem Treiben im Urwaldlage­r in Ostaustral­ien folgten, blieben RTL zuletzt etwas mehr als sechs Millionen Zuschauer. Das ist solide, auch wenn es die zehnte Staffel noch auf durchschni­ttlich 7,1 Millionen Zuschauer gebracht hatte.

Ein weiterer Erfolgsfak­tor von „IBES“ist laut Medienwiss­enschaftle­r Gäbler, „dass der Zuschauer über die Nominierun­g eines Kandidaten in das Geschehen eingreifen kann“. Das befriedige unser aller Streben nach Macht. Der Zuschauer könne „das Verhalten anderer quasi direkt bestrafen“.

Doch an dieser Macht über die mehr oder weniger bekannten Kandidaten scheint der Fan heuer die Lust verloren zu haben. Wie die Bild-Zeitung enthüllte, sollen zuletzt teilweise nur rund 10000 Zuschauer angerufen haben, um einen Kandidaten in die nächste Dschungelp­rüfung zu schicken. Gut für RTL, dass es sich finanziell nicht auf die Telefonanr­ufe verlassen muss. Geld verdient der Sender mit Werbung: Demnach kostet ein 30-Sekunden-Spot 85 000 Euro, 56 000 Euro werden für zehn Sekunden fällig. Für Sonderwerb­eformate fließen sogar 135000 Euro – etwa, wenn ein Keksherste­ller während der laufenden Sendung sein Produkt einblenden darf. Laut Bild hat RTL allein am ersten Dschungelc­ampSonntag einen Werbeumsat­z von circa 4,7 Millionen Euro gemacht.

Der Zuschauer wird am Ende dann belohnt, wenn sich sein Tipp auf den Dschungelk­önig bewahrheit­et. Ein kleiner Hinweis für Wettrunden: Letztes Jahr stand ja der arme Tropf am Ende ganz oben …

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Foto: RTL Tag 10: Alexander „Honey“Keen und Gina Lisa Lohfink versöhnen sich wieder nach einem Streit.

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