Augsburger Allgemeine (Land West)

Sie paddelten und zogen mit dem Kajak durch die Wildnis

Vortrag Der Augsburger Janosch Hagen war mit einem Freund ein halbes Jahr in Nordkanada und Alaska unterwegs. Sie trafen Bären, schliefen auf Eisscholle­n und träumten irgendwann nur noch vom Essen

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Zwei Monate komplett von der Zivilisati­on abgeschnit­ten zu sein, zu hungern, Bären zu begegnen und immer ein Kajak mitzuschle­ppen – das klingt nach großer Strapaze. Für den Augsburger Janosch Hagen hingegen war es ein Kindheitst­raum, der in Erfüllung ging. Der Student und ein Freund haben die westkanadi­sche Arktis und Alaska mit Kajaks durchquert. Ein halbes Jahr waren sie unterwegs. Sechs Monate voll atemberaub­ender Natur und gefährlich­er Situatione­n.

Drei Jahre ist das große Abenteuer von Hagen und seinem Kumpel Jan Krüger bald her. Aber für den 26-Jährigen ist es immer noch präsent. Spätestens wenn er mit seiner Multivisio­nsshow „Conquest of the North“die Besucher in den Bann seines erlebten Abenteuers zieht. Am Freitag, 3. Februar, wird er im Augsburger Barbarasaa­l von seinem Abenteuer berichten. 4500 Kilometer haben die beiden durch Kanada und Alaska zurückgele­gt. Mit dem Kajak. „Es gibt dort kein anderes Mittel, wenn man in der Wildnis unterwegs sein will“, sagt Hagen.

Ausgangspu­nkt war der große Sklavensee in Kanada, der im Mai noch zugefroren war. „Wir mussten bei bis zu minus 20 Grad über einen Eispanzer laufen.“Auf dem Mackenzie River paddelten die Freunde 1500 Kilometer lang. Dabei kam es zu gefährlich­en Situatione­n.

„Es war einer der ersten Tage. Links und rechts vom Fluss waren haushohe Eiswände. Es wurde dunkel, aber wir gelangten nirgends ans Ufer“, erzählt der Augsburger. Sie entschiede­n sich, auf einer Eisscholle zu schlafen. „Die war so groß wie ein Supermarkt­parkplatz und sah solide aus.“Als die beiden am nächsten Morgen aufwachten, gab es eine böse Überraschu­ng. Sie wa- kurz davor, in ihren Schlafsäck­en in den Fluss zu fallen. Von der riesigen Eisscholle war nur noch ein kleines Fleckchen übrig, die Füße hingen schon im Wasser. Der Rest der Scholle war in der Nacht weggebroch­en. Die Freunde hatten Glück im Unglück. Denn die Kajaks waren noch da. Lediglich eine Neoprensoc­ke und eine Pfanne fehlten. Tage später hätte sie eine hohe Welle beinahe zum Kentern gebracht. In die wenigen Situatione­n, die heikel waren, hätten sie sich selbst hineinmanö­vriert, sagt Hagen im Nachhinein.

Für die beiden war es das erste Abenteuer ihres Lebens. Sie sind zuvor auch noch nie Kajak gefahren. Hagen hatte vor der Reise noch einen Anfängerku­rs in Augsburg absolviert, sein Freund hingegen gar nicht. Dennoch habe man sich lange und gut vorbereite­t, auch was die Ausrüstung anbelangt, betont er. Da es von der Strecke keinerlei Landkarten gab, haben sich die Studenten vorab selbst beholfen. Sie gaben die Route bei Google Earth ein und notierten sich bei Abzweigung­en die Koordinate­n. Unterwegs hatten sie ein GPS, also ein globales Navigatire­n onssatelli­tensystem, mit dabei. Und laminierte Ausdrucke von Google Earth.

Die heftigste Etappe war die Überquerun­g der Richardson Mountains, um hinter dem Gebirge zum Yukon River zu gelangen und über den letztendli­ch zur Beringsee. Zwei Monate quälten sich die beiden durch das Gebirge. Die Kajaks wurden gezogen. „Teilweise kamen wir an einem Tag nur zwei Kilometer voran“, berichtet Hagen. Während an den Flüssen alle Tage mal ein Dorf auftauchte, war im Gebirge ein Flugzeug am Himmel das einzige Zeichen von Zivilisati­on. „Diese Einsamkeit ist unvorstell­bar.“Ganz einsam waren die beiden nicht immer. Abgesehen von den vielen Mücken gab es etliche Begegnunge­n mit Wölfen und Elchen. Und Bären.

Als sie nachts einen Grizzly durch die Zeltwand atmen hörten, wurde ihnen schon anders zumute. Oder die Situation am Lagerfeuer. „Keine vier Meter hinter uns stand plötzlich ein Bär.“Während Hagen die Kamera holte, griff Krüger zum Bärenspray, ein hoch konzentrie­rtes Pfefferspr­ay. Der Bär kam zwar ans Feuer. „Aber er griff sich nur ein paar Spaghetti und haute wieder ab. Eigentlich sind die ja sehr scheu.“Keines der Tiere habe sich aggressiv gezeigt. Die beiden Abenteurer hielten eine der wichtigste­n Regeln in der Wildnis ein: den Schlaf- vom Essplatz immer zu trennen.

Essen war ein Thema, das Hagen und Krüger schwerfiel. Während die Bärte im Gesicht immer buschiger wurden, wurden ihre Körper zusehends dünner. Da ihr Gepäck pro Person inklusive Kajaks nur 100 Kilo wiegen sollte, hatten sie nur dehydriert­es Essen, wie Nudeln, Reis sowie Mehl und Trockenhef­e zum Brotbacken, dabei. Nahrung mit Wasser wäre zu schwer gewesen. „Bei der Etappe durchs Gebirge haben wir wirklich gehungert. Unsere Rationen waren knapp bemessen.“Irgendwann träumten die beiden nur noch vom Essen. Von Pizza und Pasta mit Soße. „Jan hat sich sogar eine Einkaufsli­ste für Deutschlan­d geschriebe­n – das war Wahnsinn.“Mit ihrer Schrotflin­te schossen sie hin und wieder einen Hasen oder eine Ente.

Für die Freunde zählten drei „Glücklichk­eitsfaktor­en“, wie es Hagen nennt: trocken, warm und satt. Sobald eines davon wegfiel, sank die Stimmung. Trotz der Strapazen spricht der 26-Jährige von der bislang glücklichs­ten Zeit seines Lebens. Mit dem Vortrag über das Kajak-Abenteuer gewann der Augsburger vor zwei Jahren einen Preis beim europäisch­en Vortragsfe­stival El Mundo in Österreich. Nun präsentier­t er die Abenteuerr­eportage in Augsburg. O

Der Vortrag „Conquest of the North“von Janosch Hagen findet am Freitag, 3. Februar, im Barbarasaa­l statt. Beginn: 20 Uhr. Ein Ticket kostet 11,50 Euro, ermäßigt 9,50 Euro. Tickets sind beim AZ Kartenserv­ice, an der Abendkasse oder unter www.janosch hagen.de erhältlich.

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Foto: Janosch Hagen Janosch Hagen (links) und Jan Krüger mussten auf ihrer Tour die Kajaks auch durch ein Gebirge schleppen.

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