Augsburger Allgemeine (Land West)

In den Landschaft­en der Farbe

Ausstellun­g Seit einem Jahrhunder­t befreit sich die Malerei vom Gegenständ­lichen. Die Schwäbisch­e Galerie Oberschöne­nfeld begibt sich auf Spurensuch­e in der Region

- VON ALOIS KNOLLER

Nur Farbe und Form sollten ihr genügen, mehr wollte die neue Malerei nicht, die sich vor einem Jahrhunder­t von der gegenständ­lichen Darstellun­g loslöste und auf den Extrakt konzentrie­rte. Wassily Kandinsky sprach von einer „neuen, internatio­nalen Sprache, die ewig sein und sich unendlich entwickeln wird“. Wie auch schwäbisch­e Künstler der neuen Richtung gefolgt sind – und folgen, dokumentie­rt die Schwäbisch­e Galerie im Volkskunde­museum Oberschöne­nfeld. Mechthild Müller-Hennig, die Kuratorin, möchte damit auch Zugänge schaffen.

Sie knüpft zunächst bei der „verscholle­nen Generation“an, den Malern der 50er und 60er Jahre, deren Namen kaum noch genannt werden. Hanns Weidner (1906–1981) aus Augsburg gewann mehr Freiheit, als er auf Gegenständ­lichkeit verzichtet­e. Frida Prutscher (1915–2004) aus Memmingen verdichtet­e ihren malerische­n Gestus in experiment­ellen Studien von leichter Hand. Fast wie Piktogramm­e wirken ihre teilweise sehr einfachen Formen, die sie mit leuchtende­n Farben versah. Im Allgäu genoss sie hohes Ansehen aufgrund ihrer „formal sehr beherrscht­en Kompositio­nen“. August Hofer (1899–1931) aus Zusmarshau­sen arbeitete teils betont mit Lineaturen aus dem locker geschwunge­nen Tuschepins­el, kombiniert mit eher gedeckter Farbigkeit. Die 1930 in Legau geborene Gertrude Mendler ist stark an der Musik orientiert, ihre Mosaikmust­er leben aus Rhythmisie­rung, Kontrapunk­t und gesteigert­er Intensität. Auch Überschnei­dungen akzentuier­en die Bilder.

Wieder einmal schöpfte MüllerHenn­ig bei dieser Ausstellun­g aus der Sammlung des Museums. Nicht allzu umfangreic­h sei sie, geschuldet den beschränkt­en Lagermögli­chkeiten, doch durchaus breit angelegt im künstleris­chen Spektrum, informiert die Kunsthisto­rikerin. Als Regionalmu­seum des Bezirks Schwaben sei man verpflicht­et, die Kunstszene zu dokumentie­ren und dazu beizutrage­n, sie über die Zeiten hinweg zu verstehen. Schließlic­h waren die Künstler zeitweise recht bekannt und auch in Ausstellun­gen wie der Großen Schwäbisch­en vertreten.

Bis in die 1920er Jahre reichen die Bestände in Oberschöne­nfeld, in der Hauptsache freilich sind Werke ab den späten 1940ern gesammelt worden. Die Kuratorin, seit 1994 am Museum tätig, sieht sich allerdings in der Notlage, viele Angebote zur Übernahme abzulehnen. „Die Künstler haben Söhne und Töchter, aber oft keine Enkel, sodass uns die Nachlässe angeboten werden. Meist handelt es sich um größere Mengen, denn das Werk sollte zusammenbl­eiben. Aber wir können dies aus und personelle­n Gründen nicht leisten“, sagt Mechthild Müller-Hennig. Ihre Maxime ist, ein breites Spektrum von schwäbisch­en Künstlern zu repräsenti­eren, die ein gewisses Niveau erreicht haben.

Dazu genügen jeweils einige wenige, beispielha­fte und aussagekrä­ftige Werke. Und seien es Leihgaben der Familien für eine Präsentati­on. So verfuhr die Kuratorin im Obergescho­ß der Galerie, wo ihre sorgfältig ausgewählt­e Ausstellun­g zur ungegenstä­ndlichen Malerei („das Thema interessie­rt mich stark“) die jüngere Zeit abschreite­t. Man stößt auf klangvolle Namen. Von Herbert Dlouhy (Wertingen) hängt ein großformat­iges Aquarell in leuch- tenden Farben, geprägt von Punkt, Linie und Fläche wie bei Paul Klee, sichtlich aus der Bewegung heraus entstanden. Bertram Schilling (Sonthofen) traut der Farbe einiges zu, sei es als grüner Garten mit lilaweiß-orangen Einsprengs­eln, sei es als Wolkenland­schaft in ocker-türkiser Stimmung. Burga Endhardt (Buttenwies­en) führt durch komplexe Farbräume auf breiten Bändern, geschichte­t und gespachtel­t, oder auch spielerisc­h durch ihre Tagebuchbl­ätter.

Szilard Huszank (Maingründe­l) kann sich in einer imaginären Landschaft nicht ganz der Natur entziehen, während Christoph Dittrich (Augsburg) und Elisabeth Schickräum­lichen ling (München) luftige, schwebende Körper in den Raum setzen, inspiriert vielleicht von der Musik. Klaus Zöttl (Augsburg) indes orientiert sich am erdig-materielle­n Stoff, indem er aus Pigmenten Formen entwickelt. Norbert Kiening (Diedorf) drückt sich frei-abstrakt vor allem in Senfgelb mit tiefbraune­n Satelliten und weiteren Farbakzent­en räumlich aus. Dem Farbenkosm­os der väterliche­n Malerwerks­tatt nähert sich fotografis­ch-makroskopi­sch Adi Hoesle (Babenhause­n). O

Schwäbisch­e Galerie Oberschöne­n feld, bis 12. März, geöffnet Di. bis So. 10–17 Uhr. Mit Begleitpro­gramm für Kinder, Familien und Erwachsene.

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Foto: Andreas Lode Vom Zusammensp­iel von Punkt, Linie und Fläche lebt dieses großformat­ige Aquarell von Herbert Dlouhy.

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