Augsburger Allgemeine (Land West)
Starke Frauen, Charlie Chaplin und ein Kongress
Brechtfestival 30 Veranstaltungen in zwei Wochen – warum die Macher sich wünschen, dass es anstrengend wird
Das Brechtfestival muss eine Herausforderung sein, es muss Stoff für Auseinandersetzungen bieten. Darin waren sich Kulturreferent Thomas Weitzel und Patrick Wengenroth, der diesjährige Leiter des Festivals, gestern bei der Vorstellung des Programms im Sensemble Theater einig. Deshalb stehe der, in Anlehnung an Kant, kategorische Brechtsche Imperativ „Ändere die Welt, denn sie braucht es“als Leitspruch über den Tagen vom 3. bis 12. März.
Theater, Performances, Lesungen, Vorträge, Konzerte, Poetry Slam und Lange Brecht Nacht – die bekannten Erfolgsformate der vergangenen Jahre werden auch unter Patrick Wengenroth nicht fehlen. Allerdings geht es dem Hamburger Regisseur, der in Berlin lebt und arbeitet, nicht darum, eine bestimmte Phase des Brechtschen Schaffens in den Mittelpunkt zu stellen, sondern Themen, die sich in Brechts Werk finden und einen Bezug zur Gegenwart haben. Der Austausch von Brecht mit Walter Benjamin und Feminismus sind deshalb Schwerpunkte des Festivals und darauf ist auch das Programm der Langen Brechtnacht mit starken Frauen wie der Mainzer Sängerin Mine und der ukrainischen Band Dakh Daughters ausgerichtet. Zum Treffpunkt des Festivals wird der Hoffmannkeller, umbenannt in Brechtkeller.
Zwei Eigenproduktionen sollen dafür sorgen, dass von dem Festival Impulse ausgehen: Brechts Stück „Die Maßnahme“, inszeniert von Selcuk Cara, sowie „Krise ist immer“von Friederike Heller, im Programmheft als „theatrale Versuchsanordnung“ausgewiesen. Auf dem Programm stehen neben vielen anderen Veranstaltungen eine Schülerschreibwerkstatt und ein Jugendtheaterprojekt, in denen sich Jugendliche, inspiriert von Brechts Gedicht „Das Brot des Volkes“, mit dem Begriff Gerechtigkeit beschäftigen. Wie sich der leidenschaftliche Kinogänger Brecht durch Charlie Chaplin inspirieren ließ, wird anhand einiger Filme zu sehen sein.
Besonders Stolz ist Wengenroth auch darauf, mit „Gas“ein europäisches Gastspiel verpflichtet zu haben. Viviane De Muynck, „die Judy Dench des europäischen Theaters“, spielt in dem Ein-Personenstück die Mutter eines Attentäters.
Nicht nur Autoren und Theaterschaffende werden zwischen dem 3. und 12. März zu den Akteuren zählen, sondern auch Brecht-Experten wie Erdmut Wizisla oder Robert Krause. Sie kommen anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der BrechtForschungsstätte Augsburg zu einem zweitägigen Brechtkongress, der mit Diskussionen und Vorträgen öffentlich ist.
Knapp 30 Veranstaltungen in zwei Wochen erwarten die Besucher beim Brechtfestival. Patrick Wengenroth wünscht sich, dass sie nicht nur wegen der vielen Termine das Fazit ziehen können: „Es war anstrengend, aber es hat mir geholfen in meiner Sicht auf die Welt“. O
Brechtfestival vom 3. bis 12. März; Karten ab sofort beim Besucherservice des Theaters, Tel. 0821/324 4900 oder bei der Bürger und Tourist Info am Rathausplatz; Informationen unter www.brechtfestival.de