Augsburger Allgemeine (Land West)
18 Jähriger steigt in Häuser seines Vaters ein
Justiz Der Sohn eines erfolgreichen Immobilienunternehmers findet in seiner Familie keinen Halt und gerät an die falschen Freunde. Wie er gemeinsam mit einer Gruppe junger Drogensüchtiger zum Einbrecher wird
Er suchte nach Anschluss, sagt er heute. Er wollte „ein Teil von etwas sein“. Doch er geriet an die falschen Freunde. Fabian P.*, der Sohn eines erfolgreichen Immobilienunternehmers aus Augsburg, ist 18 Jahre alt, als er zum Einbrecher wird. Er hat über eine Freundin eine Gruppe von jungen Drogensüchtigen kennengelernt, die stets knapp bei Kasse sind. Einer aus der Gruppe erzählt, er müsse in den Knast, wenn er nicht 12 000 Euro Schulden abbezahle. Da hat Fabian P. eine Idee. Er weiß, wo sein Vater die Schlüssel für Gebäude aufbewahrt, die er verwaltet.
Im Sommer 2015 steigt Fabian P. innerhalb kurzer Zeit immer wieder in die Häuser des Vaters ein. Drei Bekannte aus der Drogenclique helfen ihm dabei. Neun Fälle listet die Staatsanwaltschaft auf. Es sind unter anderem Einbrüche in eine Physiotherapiepraxis, eine Arztpraxis und in ein Lokal. Auch in ein Büro des Vaters steigt Fabian P. mit einem Komplizen ein. Er kennt die Nummernkombination für den Tresor, im Safe liegen rund 7200 Euro.
Insgesamt erbeuten die jungen Einbrecher Geld und Gegenstände im Wert von gut 13000 Euro. Es bleibt nicht bei den Einbrüchen in die Häuser des Immobilienunternehmers. Fabian P. schlägt mit Komplizen auch eine Glastür eines Vereinsheims in Hochzoll ein und sucht dort nach Beute. Außerdem bricht er in das Kassenhaus der Minigolfanlage im Siebentischwald ein. Die Beute nach Angaben der Ermittler hier: Süßigkeiten und Getränke im Wert von rund 650 Euro.
Im Prozess vor dem Amtsgericht gibt Fabian P. an diesem Montag zu, dass er die Taten begangen hat. Volker Schwarz von der Jugendgerichtshilfe der Stadt Augsburg hat sich mit dem Unternehmersohn unterhalten. Sein Eindruck von Fabian P.: „Er ist sehr höflich und eloquent. Aber hinter der Fassade findet sich viel Wut, Frustration und Trauer.“Seine Vater habe sich ihm gegenüber oft sehr aggressiv verhalten, erzählte Fabian P. dem Mann vom Jugendamt. Die Ehe der Eltern existiere schon länger nur noch auf dem Papier. Mutter und Vater hätten andere Partner. Seine Eltern lebten zwar weiter gemeinsam in einem Haus. Sie gingen sich aber aus dem Weg. Im Sommer 2015, als er die Einbrüche beging, habe er „viel Stress“mit den Eltern gehabt. Volker Schwarz sieht es so: „Er hat gesucht, was er daheim nicht gefunden hat: eine Familie.“
Zunächst verdächtigten die Ermittler der Kripo einen ehemaligen Mitarbeiter des Immobilienunternehmers. Dem Mann wurde zuvor gekündigt. Deshalb, so der Verdacht, könnte er nun auf Rache sinnen. Doch die Spur führt nicht weiter. Geklärt wird die Einbruchsserie dann, weil mehrere junge Männer aus der Drogenclique ins Visier der Polizei geraten. Zwei Männer aus Gersthofen, heute beide 21 Jahre alt, haben sich in einer Wohnung eine kleine Drogenküche eingerichtet, stellen selbst Ecstasy-Tabletten her und verkaufen sie.
Als ihr Drogenhandel auffliegt und sie von der Polizei befragt werden, geben sie auch zu, dass sie etwas mit den Einbrüchen zu tun haben. Einer der Männer war bei einigen Beutezügen mit dabei, der andere gab mehrmals telefonische Anweisungen. Beide werden, auch wegen des Drogenhandels, nun zu Gefängnisstrafen von rund drei Jahren verurteilt. Ihre Rechtsanwälte Marco Müller und Felix Hägele kündigten an, dass beide so schnell wie möglich eine Drogentherapie beginnen wollen.
Fabian P., verteidigt von Anwalt Werner Ruisinger, schrammt noch einmal knapp am Gefängnis vorbei. Er wird wegen Bandendiebstahls zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Für ihn spricht: Er hat keine Vorstrafen und er hat inzwischen einen festen Job als Informatiker gefunden. Er will zu Hause ausziehen und auf eigenen Beinen stehen. Und er hat den Teil der Beute, den er noch besaß, den Ermittlern gebracht. Trotz Bewährung muss er aber für zwei Wochen in den sogenannten Warnschuss-Arrest. „Damit Sie wissen, wie es sich anfühlt“, sagt Richterin Angela Reuber.
Ebenfalls mit Bewährung kommt ein vierter Angeklagter, ein zur Tatzeit erst 15-Jähriger, davon. Er hat schon im Alter von 13 Jahren begonnen, massiv Drogen zu nehmen. Er rauchte Kräutermischungen und Cannabis, nahm Badesalze, Amphetamin und Kokain. Dazu kam Alkohol. Zeitweise sei er an keinem Tag mehr nüchtern gewesen, sagt er. Seine Sorgen und Ängste habe er nur noch betäubt. *Name geändert
Unter Verdacht gerät zuerst ein Ex Mitarbeiter