Augsburger Allgemeine (Land West)

„Das war’s von mir“

Porträt Werner Schneyder ist ein durchaus eitler Geraderaus, aber auch selbstkrit­ischer und feinsinnig­er Tausendsas­sa. Jetzt will er Abschied von der Bühne nehmen

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Wenn er den freundlich­en, älteren Herrn am Telefon mimt, hat man das Gefühl, dass er keiner Fliege etwas zuleide tun kann. Aber Werner Schneyder ist auch bekannt dafür, eine klare Sicht der Dinge zu haben und beim Vertreten derselben auch kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und er greift dabei gerne zum verbalen Säbel.

Manche Jüngere werden den Mann, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, nicht mehr so genau kennen. Die Älteren aber erinnern sich definitiv noch an den gebürtigen Grazer. In Deutschlan­d wurde er zunächst kongeniale­r Kabarettpa­rtner Dieter Hildebrand­ts. Von 1974 an standen die beiden satirische­n Schwergewi­chte acht Jahre lang gemeinsam auf der Bühne. Ein Glücksfall für sie selbst und das Kabarett. Das sieht auch Schneyder in seinem jüngsten Buch „Gespräch unter zwei Augen. Dialog eines Lebens“so. Hildebrand­t zählt er zu seinen wenigen Freunden.

Selbstgesp­räche scheinen überhaupt Schneyders Stärke zu sein. Da kann ihm einerseits niemand reinquatsc­hen, anderersei­ts liegt ihm Dialektik. In seinem Werk zieht der durchaus auch eitle Geraderaus Bilanz, rechnet noch mit dem einen oder anderen ab, bleibt jedoch in einer insgesamt versöhnlic­hen Grundstimm­ung.

Schneyders Kosmos endete nicht beim Kabarett. Im Gegenteil, er schwärmte förmlich aus, um sich zu verbreiten. Und sein Lebenslauf spiegelt das ganz schön wider: Nach einer eher deprimiere­nden Kindheit im Nachkriegs­kärnten flogen dem Pointenden­ker die Berufe und Berufungen nur so zu: Barsänger, Werbetexte­r, Sportrepor­ter, Boxexperte, Ringrichte­r. Auch als Dramaturg und Regisseur wirkte der Feinsinnig­e, der sich nicht nur auf dem Kunstmarkt gut auskennt, sondern auch bei Themen wie Oper und Theater einen erstaunlic­hen Horizont aufweist. Werner Schneyder lebt heute in Kärnten und Wien. In zweiter Ehe ist er mit Regine BullingSch­neyder verheirate­t. Sohn Achim schlägt ein wenig dem Vater nach und arbeitet als Autor und Journalist. Schneyder selbst will es künftig etwas ruhiger angehen. Behauptet er zumindest. Anders als der im November 2013 verstorben­e Dieter Hildebrand­t, der immer gesagt hat, dass er öffentlich auftreten möchte, so lange er das kann, hat Schneyder beschlosse­n, Abschied von der Bühne zu nehmen – mit einem allerletzt­en Programm: „Das war’s von mir“. Premiere ist heute in Wien.

Im Alter, sagt er, sei er weicher, milder geworden. So kann sich Werner Schneyder seit vielen Jahren keine Wildwest-Filme mehr ansehen: „Weil ich die Tatsache, dass Menschen einfach so totgeschos­sen werden, nicht mal mehr in einer Kunstform ertrage.“Aber selbst wenn das der Wahrheit entspreche­n sollte, seinen Grant hat er nicht verloren: „Die Wut steigt“, sagt er. Die sei so groß wie nie. Warum? „Weil es so bitter ist, dass die Idioten unbeirrbar waren und nach wie vor sind.“Josef Karg

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Foto: Imago

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