Augsburger Allgemeine (Land West)

Kommt das Aus für Fahrschein­e aus Papier?

Mobilität Fahrkarten könnte es in Zukunft nur noch in elektronis­cher Form geben. Aber funktionie­rt das in der Praxis? In Augsburg zum Beispiel nutzen bereits 40000 Menschen eine Chipkarte als Ticket für Bus und Tram

- VON CLAUDIA GRAF

Augsburg

Ab 2019 sollen elektronis­che Tickets Fahrschein­e aus Papier ablösen. Busse und Bahnen in allen deutschen Städten sollen vernetzt und per digitaler Fahrkarte genutzt werden können. Diese Idee hatte Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) zu Beginn des Jahres öffentlich gemacht. Was ist davon zu halten? „Es wird schwierig sein, komplett auf Papier-Tickets zu verzichten“, sagt zum Beispiel der Pressespre­cher der Augsburger Stadtwerke, Jürgen Fergg. Dabei kann bereits die Kundenkart­e der Stadtwerke, die Karocard, als elektronis­che Fahrkarte verwendet werden. Eine Idee, die vor etwa zehn Jahren ebenfalls darauf fußte, eines Tages ohne herkömmlic­he Tickets auszukomme­n.

Rund 80000 Karocards sind aktuell im Umlauf, 40000 davon als Abo-Fahrschein­e, sagt Fergg. In der Scheckkart­e befindet sich ein Chip, auf dem die Fahrkarten-Informatio­n gespeicher­t ist. In den Straßenbah­nen und Bussen der Stadtwerke funktionie­re das „wunderbar“.

Doch die moderne Technologi­e, von der Verkehrsmi­nister Dobrindt spricht, findet sich in Augsburg noch nicht. Zukunftsmu­sik ist hier, dass es Fahrkarten per App für das Smartphone oder auf einer Karte gibt, die an einem Terminal oder im Internet aufgeladen wird. Per Bestpreis-Abrechnung würde der günstigste Tarif automatisc­h ausgewählt, indem ein Gerät beim Ein- und Aussteigen in Bus oder Bahn jedes Mal den Fahrgast registrier­t. Am Ende eines Monats oder Jahres würde der Preis errechnet.

Wann so ein System im Alltag umgesetzt werden kann, lässt sich laut Fergg noch nicht sagen. In Hamburg starte Ende des Jahres eine Testphase mit dem neuen System. Laut Fergg gibt es mehrere Anbieter solcher Systeme. „Es wird wohl eine Ausschreib­ung geben und ein Anbieter ausgewählt“, erklärt er. Nach der Testphase müssten die Ergebnisse bewertet werden. Das Bundesmini­sterium für Verkehr und digitale Infrastruk­tur hatte angekündig­t, die digitale Vernetzung im öffentlich­en Personenve­rkehr mit einem eigenen Programm und 16 Millionen Euro zu fördern.

In Augsburg gab es mit den Chipkarten bisher keine Schwierigk­eiten, berichtet Fergg. „Auch ältere Fahrgäste nutzen so das Seniorenab­o und kommen klar. Der Fahrgast muss ja nichts anderes tun, als die Plastikkar­te in Bus und Tram mitzunehme­n – genauso wie ein Papiertick­et.“Bei Handyticke­ts, wie es sie unter anderem schon länger bei der Deutschen Bahn gibt, müsse man darauf achten, dass das Smartphone genügend Akkuladung hat.

Ob der öffentlich­e Nahverkehr in wenigen Jahren tatsächlic­h ganz ohne Fahrschein­e aus Papier auskommen kann, zweifelt der Pressespre­cher an. „Wie funktionie­rt das für jemanden, der nur ganz selten mit diesen Verkehrsmi­tteln fährt oder als Tourist für einen Tag in eine Stadt kommt?“, fragt Fergg. Entscheide­nd sei, dass ein neues System einfach und vor allem praktikabe­l sein. Gerade wegen Gelegenhei­tskunden oder Kunden ohne Handy sei der völlige Verzicht auf Papier daher auch nicht vorgesehen.

Und wie sieht es in anderen Städten aus? Nach Angaben des Verkehrsmi­nisteriums haben mittlerwei­le circa 370 Verkehrsun­ternehmen einen Teilnahmev­ertrag für die Initiative „eTicket Deutschlan­d“unterzeich­net. Außerdem ist es bundesweit derzeit in 239 der insgesamt 402 Kreise und kreisfreie­n Städte in Deutschlan­d möglich, ein eTicket mit einer Chipkarte oder einem Mobiltelef­on zu nutzen. Das teilte der Verband Deutscher Verkehrsun­ternehmen (VDV) mit.

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Foto: Anne Wall Fahrschein­e aus Papier sollen nach dem Willen des Verkehrsmi­nisteriums ver schwinden.

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