Augsburger Allgemeine (Land West)
Der kälteste Winter seit Jahrzehnten
Wetter Ganz Bayern friert. Seen und Flüsse sind mit Eis bedeckt, Straßen werden zu Rutschbahnen. Warum ist es derzeit eigentlich so extrem kalt?
Augsburg
Brrrrrr. Bayern bibbert. An manchen Orten wurden in den vergangenen Wochen Temperaturen jenseits von minus 25 Grad gemessen. Besonders kalt ist es auch in Augsburg. Mit einer Durchschnittstemperatur von minus 4,9 Grad ist das laut Wetter-Kontor der kälteste Januar seit 1989. Mindestens. Denn weiter reichen die vergleichbaren Daten dieser Meteorologen nicht zurück. In den Jahren 1997, 2006 und 2009 musste in Augsburg zwar auch schon bei durchschnittlich minus 3,7 Grad gebibbert werden, aber den Januar-Kälterekord hält zweifellos das Jahr 2017. Nicht immer gestaltete sich der Jahresanfang in Augsburg so frostig: Der Januar 2007 war mit einer Durchschnittstemperatur von plus 4,1 Grad der wärmste seit mindestens 28 Jahren.
Warum ist es derzeit eigentlich so extrem kalt? Diplom-Meteorologe Jürgen Schmidt vom Wetter-Kontor erklärt: „Zunächst brachte der Kaltlufteinbruch viel Schnee. Seit etwa zehn Tagen sorgt Hoch Brigitta für sonniges und kaltes Winterwetter. Durch die kalten Temperaturen hält sich der Schnee am Boden, und die doch eher schwache Sonneneinstrahlung wird von den Schneeflächen reflektiert.“Das Ergebnis: Es bleibt kalt. „Hoch Brigitta konserviert Schnee und Kälte re- gelrecht“, fügt Schmidt hinzu. Vor allem die kalten, klaren Winternächte sorgen nach Angaben von Wetter-Kontor dafür, dass sich die bodennahe Kaltluftschicht ausbreitet. Außerdem ist die Sonne so schwach, dass sie diese Luftschicht nur wenig beziehungsweise gar nicht erwärmen kann. Ergebnis: Das Wetter ist oft tagelang trüb und die Temperaturen sind frostig.
Wegen des harten Winters herrscht vielerorts im wahrsten Sinne des Wortes Eiszeit: Auf dem Chiemsee gilt seit Montag ein sogenannter „Eisfahrplan“, Schiffe verkehren nur noch von Gstadt zur Frauen- und Herreninsel – alle anderen Strecken sind zugefroren. „Dass der See zufriert, kommt schon mal vor. Aber in den vergangenen Jahren war das nicht der Fall“, sagt Sylvia Scheck, Mitarbeiterin bei der Chiemsee-Schifffahrt Ludwig Feßler. Aber nicht nur viele Seen sind in Bayern zugefroren, auch breite Flüsse wie etwa die Donau. Bei Dillingen bedeckt eine dünne Eisschicht den Fluss – zuletzt war das 1985 der Fall. Dass mittlerweile sogar fließende Gewässer zufrieren, ist für Horst Auer, Pressesprecher der Deutschen LebensRettungs-Gesellschaft (DLRG) Bayern ein Zeichen dafür, dass es sicher ist, sich auf kleinen und mittleren Seen aufs Eis zu wagen. Allerdings müsse man das Eis schon im Blick haben: „Es muss mindestens 15 Zentimeter dick sein, damit es trägt“, sagt Auer.
Das bitterkalte Wetter macht nicht nur dem Schiffsverkehr auf den bayerischen Seen, sondern vor allem auch Fußgängern, Rad- und Autofahrern das Leben schwer. Denn Gehwege und Autobahnen verwandelten sich in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder binnen kurzer Zeit in gefährliche Eisbahnen. „Es gibt deswegen mehr Rutschunfälle“, sagt Siegfried Hartmann, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Die gute Nachricht: Nach ein paar Tagen des Fahrens auf Schnee und Eis hätten sich viele Menschen schon darauf eingestellt, die meisten Unfälle seien nur Blechschäden. Hartmann rät Autofahrern, genügend Zeit einzuplanen, vor der Fahrt die ganze Scheibe und nicht nur ein kleines Guckloch freizuräumen und eher vorsichtig zu fahren.
Vom Winterwetter kalt erwischt wurde auch eine Schulklasse in Ulm. Am Sonntagnachmittag war die Heizung in der Spitalhof-Gemeinschaftsschule ausgefallen, mit der Folge, dass die Schulräume am Montag bitterkalt blieben. In der Bauverwaltung nimmt man den Vorfall nicht auf die leichte Schulter: „Der Ausfall der Heizung in einer Schule ist bei diesen Temperaturen ein ernst zu nehmendes Thema. Dass Schüler und Lehrer in der Schule frieren, ist auch für uns nicht akzeptabel“, sagt Bürgermeister Tim von Winning. Mittlerweile läuft die Heizung wieder. Gut so, denn es bleibt weiter eisig.
In einer Schule fiel die Heizung aus