Augsburger Allgemeine (Land West)
Fahrtests für Senioren?
Debatte Versicherungen und Verkehrsrechtler fordern Auflagen für ältere Autofahrer
Berlin
Ein 84-Jähriger rast mit einem Auto in ein Straßencafé, weil er Brems- und Gaspedal verwechselt hat. Die Polizei stoppt einen Senioren als Geisterfahrer. Schlagzeilen wie diesen folgt regelmäßig eine Debatte über Fahrtauglichkeitstests für Senioren.
Ab Donnerstag wird sich der 55. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar mit dem Thema beschäftigen: Sollten Auflagen oder gar Pflichtuntersuchungen für höhere Lebensalter eingeführt werden?
Die Debatte ist hoch emotional. Schließlich ist das Auto für die meisten älteren Menschen ein unverzichtbares Fortbewegungsmittel. Versicherungen und Verkehrsrechtler sehen dennoch Handlungsbedarf: Vom 75. Lebensjahr an sollten Senioren eine verpflichtende Kontrollfahrt an der Seite eines geschulten Fahrlehrers absolvieren, fordert etwa der Chef der Unfallforschung des Versicherungsverbands GDV, Siegfried Brockmann. Das Ergebnis solle aber nur eine Empfehlung sein. Zur Begründung verweist Brockmann auf Daten des Statistischen Bundesamtes von 2015. Demnach verursachten Senioren zwar absolut gesehen weniger Unfälle als Fahranfänger. „75 Prozent der Unfälle mit Personenschaden, an denen Senioren über 75 Jahre beteiligt waren, haben sie aber selbst verursacht“, so Brockmann. Das sei ein höherer Wert als bei Fahranfängern.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) fordert, dass sich Senioren, die Auto fahren wollen, künftig regelmäßig medizinisch auf ihre Fahreignung testen lassen. „Spätestens ab dem 75. Lebensjahr sollen Untersuchungen verpflichtend sein“, meint DAV-Fachanwalt Christian Funk. In einigen europäischen Staaten wie Norwegen, Schweden oder den Niederlanden seien ärztliche Untersuchungen für Autofahrer ab 70 Jahren längst Pflicht.