Augsburger Allgemeine (Land West)
Ende der Serie
Melbourne Mischa Zverev hat in Australien sein bestes Tennis gespielt. Im Viertelfinale muss er aber erkennen, dass Roger Federer noch ein ganz anderes Kaliber ist
Melbourne
Gegen den Größten war der große Auftritt von Mischa Zverev bei den Australian Open beendet. Roger Federer hat den famosen Siegeszug des Hamburgers bei den Australian Open im Viertelfinale abrupt gestoppt. Der 29-jährige Hamburger unterlag dem einstigen Tennis-Dominator am Dienstag in Melbourne 1:6, 5:7, 2:6 und bekam anfangs seine Grenzen vom langjährigen Weltranglisten-Ersten aus der Schweiz aufgezeigt.
Danach bewies Zverev immerhin gute Moral und bot dem 35-Jährigen, der weiter auf seinen 18. Grand-Slam-Titel und den fünften in Australien hofft, nach besten Kräften Paroli. In der neuen Weltrangliste wird er voraussichtlich vom 50. bis auf den 34. Rang vorstoßen – die beste Platzierung seiner Karriere. „Er hat mich nicht wirklich spielen lassen. Teilweise gab es Momente und Schläge, wo ich gedacht habe, das kann nur er machen“, sagte Zverev und war trotz der klaren Niederlage insgesamt zufrieden: „Es gibt eine Menge positive Dinge, die ich mitnehmen kann. Das waren zehn großartige Tage in Melbourne.“Für ihn geht es nun zum deutschen Davis-Cup-Team, das vom 3. bis 5. Februar Belgien empfängt. „Er hat ein unglaubliches Turnier gespielt. Er hat einen groß- Job gemacht“, sagte Federer nach dem Match. „Ich bin so glücklich für ihn, er hatte eine harte Zeit. Ich freue mich für Jungs, die nach Verletzungen eine zweite oder fünfte Chance bekommen. Ich selbst hätte nie gedacht, dass ich so gut bei diesem Turnier spiele.“
Federer trifft im Halbfinale am Donnerstag auf seinen Schweizer Landsmann Stan Wawrinka, der zuvor 7:6 (7:2), 6:4, 6:3 gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga gewann. US-Open-Sieger Wawrinka triumphierte vor drei Jahren auch in Melbourne. Die anderen Halbfinalisten werden am Mittwoch ermittelt. Dabei trifft der Belgier David Goffin auf den Bulgaren Grigor Dimitrow, danach stehen sich der frühere Weltranglisten-Erste und Australien-Champion Rafael Nadal aus Spanien sowie Wimbledon-Finalist Milos Raonic aus Kanada gegenüber.
Zwei Tage nach dem Coup über den Weltranglisten-Ersten Murray hätte sein erstes Grand-Slam-Viertelfinale für Zverev vor den 15 000 erwar- tungsvollen Zuschauern in der RodLaver-Arena gar nicht schlechter beginnen können. Gleich sein erstes Aufschlagspiel gab Zverev ab, das nächste auch noch – nach nur zwölf Minuten stand es schon 0:5. Federer brachte die meisten Aufschläge des Linkshänders vor die Füße von Zverev zurück, der dann keinen Druck mit seinem Volley machen konnte und anschließend die Passierbälle des Maestros an sich vorbeirauschen sah. Nach 19 Minuten nutzte Federer seinen zweiten Satzball mit einem Rückhand-Volley, und für den älteren Zverev-Bruder sah alles nach einer ganz bösen Abreibung aus. Als er seinen Aufschlag zum Beginn des zweiten Satzes hielt, kam der Außenseiter gegen den Rekordsieger von 17 Grand-Slam-Titeln besser ins Spiel und schaffte ein Break zum 3:1. Sofort schaltete Federer wieder einen Gang hoch und konterte mit dem Rebreak. Davon ließ sich Zverev nicht entmutigen und war beim 5:4 und Aufschlag von Federer nur zwei Punkte vom Satzgewinn entfernt. Beim 30:30 segelte sein Reartigen turn aber knapp hinter die Grundlinie. Altmeister Federer machte das Spiel, nahm Zverev danach zu Null den Aufschlag zum 6:5 ab und holte sich auch den zweiten Satz. Unmittelbar nach dem besten Ballwechsel im Match, den Federer mit einem Lob für sich entschied, schaffte der nach halbjähriger Verletzungspause schnell wieder in Form gekommene Baseler im dritten Durchgang das Break zum 3:2. Nach 1:32 Stunden beendete er die Partie gleich beim ersten Matchball mit einer Vorhand.
Bei den Frauen erreichte Venus Williams 14 Jahre nach ihrem einzigen Halbfinale zum zweiten Mal die Runde der letzten Vier in Melbourne. Die 36 Jahre alte ehemalige Weltranglisten-Erste besiegte die Russin Anastassija Pawljutschenkowa 6:4, 7:6 (7:3). Durch ihren 50. Einzelsieg bei den Australian Open ist sie die älteste Halbfinalistin bei einem Grand-Slam-Turnier seit Martina Navratilova 1994 in Wimbledon. Am Donnerstag spielt die Nummer 17 der Welt in einem USDuell gegen Kerber-Bezwingerin Coco Vandeweghe. Die Weltranglisten-35. ließ nach dem glatten Achtelfinal-Erfolg gegen Titelverteidigerin Angelique Kerber auch French-Open-Siegerin Garbiñe Muguruza aus Spanien keine Chance und gewann 6:4, 6:0.