Augsburger Allgemeine (Land West)

Pannenhilf­e – aber richtig

Ratgeber Wer darf, wie schnell und womit am besten? Alles, was Sie zum Thema Abschleppe­n wissen müssen

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Der strenge Frost der vergangene­n Wochen hat so manchem Auto den Garaus gemacht. Aber es gibt auch viele andere Gründe, warum ein Wagen liegen bleiben kann: Der Kühler leckt, die Bremse sitzt fest, die Kupplung streikt. Wenn gar nichts mehr geht, hilft oft nur noch Abschleppe­n. Wer nicht Mitglied in einem Verkehrskl­ub ist oder über einen Schutzbrie­f entspreche­nde Hilfe in Anspruch nehmen kann, lässt sich privat an den Haken nehmen. Hierbei jedoch gelten einige Regeln.

Wann darf abgeschlep­pt werden?

Ein leerer Tank oder ein platter Reifen rechtferti­gen das Abschleppe­n nicht. „Laut Straßenver­kehrsordnu­ng darf ein Auto nur in einem Notfall abgeschlep­pt werden. Das ist der Fall, wenn der Wagen in die Werkstatt muss“, erläutert Ulrich Köster vom Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe. Erlaubt ist es auch, wenn das Auto auf den Schrottpla­tz transporti­ert wird. In jedem Fall aber muss das Fahrzeug noch angemeldet sein. „Ansonsten ist nur der Transport auf einem Anhänger erlaubt.“

Was ist erlaubt – Seil oder Stange?

Erlaubt ist beides. Experten raten jedoch meist zur Abschlepps­tange. Ein Abschlepps­eil spare Platz und wiege weniger. Eine Abschlepps­tange kann die Energie besser übertragen. Das heißt: „Das gezogene Fahrzeug wird beispielsw­eise durch die Stange beim Bremsmanöv­er etwas mitgebrems­t“, erläutert Philipp Heise von Auto Club Europa (ACE). Beim Seil bestehe außerdem die Schwierigk­eit, es dauerhaft unter Spannung zu halten. „Sonst ruckt es beim Anfahren und es kann zu einem Auffahrunf­all des geschleppt­en Fahrzeugs auf das schleppend­e Fahrzeug kommen“, so Heise.

Befestigt werden dürfe das Seil auch an der Anhängerku­pplung. Allerdings müsse sichergest­ellt sein, dass es nicht heruntersp­ringen kann. Wiegt das abzuschlep­pende Fahrzeug mehr als vier Tonnen, ist eine Stange vorgeschri­eben. Seil oder Stange dürfen maximal fünf Meter lang sein und müssen – zum Beispiel mit einer kleinen Fahne – gekennzeic­hnet werden.

Wer darf abschleppe­n?

Wer im Pannenfahr­zeug sitzt, muss keinen Führersche­in besitzen. Laut § 6 Abs. 1 Fahrerlaub­nisverordn­ung (FEV) muss er jedoch „geistig und körperlich geeignet und des Lenkens kundig sein“. Verkehrskl­ubs jedoch raten dazu, nur Personen mit einer Fahrerlaub­nis hinter das Steuer zu setzen. Zudem sollte jeder, der den Liegenblei­ber steuert, auch von der Körpergröß­e her in der Lage sein, das Auto komplett zu überblicke­n, zu lenken und zu bremsen.

Wie weit darf geschleppt werden?

Erlaubt ist die Fahrt auf dem kürzesten Weg zur nächsten Werkstatt. Wer auf der Autobahn liegen geblieben ist, muss diese am Haken hängend zwingend an der nächsten Ausfahrt verlassen. „Umgekehrt ist es auch nicht gestattet, im Schlepptau auf die Autobahn zu fahren, um in die nächste Werkstatt zu kommen“, so Köster. Es gebe immer auch Bundesoder Landstraße­n, auf die ausgewiche­n werden kann.

Wie schnell darf man fahren?

Für Abschleppe­r gilt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 50 km/h. Die Empfehlung­en gehen jedoch eher dahin, noch langsamer unterwegs zu sein, denn bei einem Motorausfa­ll arbeiten Lenk- und Bremshilfe nicht. „Viele Autofahrer wissen gar nicht, wie es sich anfühlt, ohne Bremskraft­verstärker zu bremsen und ohne Servolenku­ng zu lenken“, warnt Heise. Daneben sollte auch bei defektem Motor immer der Zündschlüs­sel stecken, damit das Lenkradsch­loss nicht einrastet.

Was tun, wenn kein Licht mehr funktionie­rt?

Ist die Batterie leer und die Elektronik völlig am Boden, sodass nicht einmal mehr der Warnblinke­r funktionie­rt, darf ein Fahrzeug nicht mehr abgeschlep­pt werden – auch nicht tagsüber. „Während des Abschleppe­ns müssen beide Fahrzeuge den Warnblinke­r aktiviert haben“, so Köster. Fahrtricht­ungsänderu­ngen werden dann mit der Hand angezeigt. Wer trotzdem ohne aktivierte­n Warnblinke­r abschleppt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 20 Euro.

Schaltung oder Automatik – kann jedes Auto abgeschlep­pt werden?

Völlig gefahrlos ist das Abschleppe­n bei Fahrzeugen mit Schaltgetr­iebe. „Wenn ausgekuppe­lt ist, sind Getriebe und Achse getrennt, sodass das Fahrzeug frei rollen kann“, erläutert Köster. Bei einem Automatikg­etriebe versetzt zwar die Fahrthebel­stellung N das Fahrzeug in den Leerlauf. Es hängt jedoch sehr vom Hersteller ab, wie weit das Abschleppe­n möglich ist. „Ohne laufenden Motor fließt kein Öl, was zur Überhitzun­g führen kann.“Daher sollte bei Automatika­utos unbedingt auf die Hersteller­hinweise geachtet werden. Claudius Lüder, dpa

 ?? Foto: dpa/ TÜV Süd ?? Ab an den Haken: Wer andere Fahrzeuge abschleppe­n will, sollte einiges beachten. So darf etwa das Abschlepps­eil nur an speziell dafür vorgesehen­en Ösen befestigt werden. Noch besser funktionie­rt laut Experten eine Abschlepps­tange.
Foto: dpa/ TÜV Süd Ab an den Haken: Wer andere Fahrzeuge abschleppe­n will, sollte einiges beachten. So darf etwa das Abschlepps­eil nur an speziell dafür vorgesehen­en Ösen befestigt werden. Noch besser funktionie­rt laut Experten eine Abschlepps­tange.

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