Augsburger Allgemeine (Land West)
Wer tanzt, stirbt nicht
Saltatio Mortis Deshalb lässt es die Band im Spectrum krachen und fühlt dabei dem Zeitgeist auf den Zahn
Saltatio Mortis haben ungefähr so viel mit der Übersetzung ihres lateinischen Namens ins Deutsche (= Totentanz) zu tun wie ihr Frontmann Alea der Bescheidene (mit bürgerlichem Namen Jörg Roth) mit Bescheidenheit: nichts. Abgesehen vielleicht vom Motto der achtköpfigen Band: „Wer tanzt, stirbt nicht.“Und getanzt wurde ausgiebig beim fast ausverkauften Konzert der rocklastigen Spielmannsleut im Spectrum Club.
„Die Leute sollen sich nicht nur unterhalten fühlen, sondern auch zum Nachdenken angeregt werden. Wenn wir es also schaffen, dass unsere neue Platte nicht nur ins Ohr, sondern auch ins Herz und ins Gehirn geht, dann haben wir alles richtig gemacht“, hatte Alea der Bescheidene in einem Interview erklärt. „Zirkus Zeitgeist“heißt das letzte Album der aus der Umgebung von Mannheim stammenden Mittelalter-Rockband. Logisch, dass sich Saltatio Mortis auch während des knapp zweistündigen Konzerts auf das neue Werk konzentrierte.
Das Mittelalterliche, im Gründungsjahr 2000 noch Hauptaugenmerk der Formation, ist mittlerweile nur mehr die eine Seite der Band. Die andere Seite ist harter Rock. Zwei Dudelsäcke und eine Drehleier auf der einen Seite, zwei verzerrte E-Gitarren, E-Bass und fette Rockdrums auf der anderen, und doch war die Musik, die Saltatio Mortis aus den Boxen donnern ließ, aus einem Guss. Erstaunlich, wie homogen die Mischung aus mittelalterlichen Instrumenten, moderner Rock-Instrumentierung und der punkartigen Röhre des Frontmanns funktionierte. Und das nicht nur bei den neuen Songs. Denn schließlich durften auch alte Gassenhauer wie „Eulenspiegel“, „Koma“oder das umstrittene, an der deutschen Nationalhymne orientierte „Wachstum über alles“nicht fehlen im stampfend treibenden Programm des Oktetts.
Die Fans waren aus dem Häuschen, feierten ihre Heroen ausgelassen und sangen mit bei den kritischen Texten, die dem Zeitgeist auf den Zahn fühlen. So schön kann Gesellschaftskritik sein – und tanzbar noch dazu.