Augsburger Allgemeine (Land West)

Kringel am Himmel

Ein Meteorolog­e erklärt, wie die Kreise und Achter über unseren Köpfen entstehen, und ein Luftfahrte­xperte erklärt, wo sich das Schauspiel in Wirklichke­it abspielt

- VON PITT SCHURIAN

Wetterphän­omen, Spuren eines verirrten Flugzeugs oder Luftakroba­tik? Die Spekulatio­nen über auffällige Kondensstr­eifen am Himmel sind vielfältig. Jedem Laien scheint klar: Die Abgasstrah­len normaler Linienmasc­hinen hinterlass­en jedenfalls keine solchen Formen am Himmel. Kreise, Achter und Windungen einer Achterbahn sind derzeit an klaren Wintertage­n über der Region Augsburg zu sehen. Leser unserer Zeitung und unserer Facebook-Seite schickten Bilder aus Friedberg, Hochzoll, Göggingen und Königsbrun­n. Besonders am Montagnach­mittag glänzten die Formen lange im Schein der tief stehenden Sonne.

Was hier abgebildet wurde, spielte sich allerdings in einigen Kilometer Höhe weiter westlich ab. Genaugenom­men am Rand eines militärisc­hen Übungsraum­s, der sich im Himmel vom Lech bis zur Schwäbisch­en Alb erstreckt. In dieser Trainingsa­rea 207/307 (TRA) verabre- den sich regelmäßig Piloten der Nato-Staaten, um zum Beispiel Luftkampf, Abfangmanö­ver oder Luftbetank­ungen zu üben. So auch in dieser Woche.

Gestern war dabei am Boden so- gar mancher ferner Überschall­knall als dumpfer Schlag zu vernehmen. Bei klarem Himmel und tief stehender Sonne sind derartige Übungen zuweilen vom Boden aus auch noch weithin sichtbar – zumal dann, wenn die Kondensstr­eifen die Flugmanöve­r nachzeichn­en.

Klaus Hager, ehemaliger Chefmeteor­ologe der Luftwaffe am Lechfeld, kann die Zeichen über unseren Köpfen gut deuten. Ihm sagen sie etwas über Temperatur­schichtung­en und Feuchtigke­it: „Im Abgasstrah­l der Triebwerke ist sehr viel heißer Wasserdamp­f. Wenn die kalte Luft in der Höhe bereits sehr feucht ist, aber noch zu trocken, um Wolken zu bilden, dann gefriert der Wasserdamp­f schlagarti­g zu Eiskristal­len, die weithin sichtbar in der Luft schweben.“So entstehen Kondensstr­eifen, welche die Flugbahnen nachzeichn­en.

Kreisbahne­n oder Achter am Ostrand der Trainingsa­rea zeigen laut eines Experten meist Warteschle­ifen an, mit denen Militärflu­gzeuge ihre Ausgangspo­sition einnehmen, um dann nach Nordwesten zu einer Begegnung mit Übungspart­nern zu starten, welche zum Beispiel aus der Pfalz einfliegen. Besonders weit gezogene Kreise über der Region Augsburg weisen hingegen auf ein geplantes Treffen eines Lufttransp­orters mit einem Militärjet hin, welcher auftanken will. Die Andockmanö­ver an solche fliegenden Tankstelle­n finden wegen des besseren Auftriebs in geringerer Höhe statt, etwa bei 5000 Meter. Luftkampfü­bungen werden zuweilen sogar über den Köpfen von Flugreisen­den, also deutlich über zehn Kilometer Höhe, geflogen.

Die Formen glänzen im Schein der Abendsonne

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Foto: Gunter Oley Besondere Kringel haben Militärjet­s an den Himmel über Augsburg „gezaubert“. Es handelt sich dabei meist nur um Warteschle­i fen vor dem Start einer Übung. Oder ein Pilot sucht eine Tankstelle.

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