Augsburger Allgemeine (Land West)
Adelsrieder Krebshilfeverein gerät ins Zwielicht
Spenden Die Krebshilfe Bayern gibt vor, Geld zu sammeln, um schwer kranken Kindern zu helfen. Doch wofür das Geld verwendet wird, ist unklar. Das Klinikum hat die Zusammenarbeit abgelehnt, der Staatsanwalt ist eingeschaltet
Wenn ein Kind an Krebs erkrankt, ist das für die Familie ein Schock. Um die Behandlung der Kleinen zu stemmen, sind die Angehörigen auch auf das Engagement der vielen Hilfsvereine angewiesen. Einer dieser ehrenamtlichen Helferorganisationen ist nun ins Zwielicht geraten: Bei dem in Adelsried ansässigen Verein Kinderkrebshilfe Bayern ist es nicht ganz klar, was mit dem gesammelten Geld passiert. Nach einer Anzeige gegen die ehemalige Vorsitzende ist die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, das Klinikum hat die Zusammenarbeit mit dem Verein abgelehnt. Der Vorstand des Vereins will sich zu den Vorwürfen bislang nicht äußern.
Auf der Homepage wirbt die Kinderkrebshilfe Bayern mit vielen Bildern für die Arbeit – Konkretes zu einzelnen Projekten oder zu deren Finanzierung erfährt man jedoch kaum. Vorbehalte gegen den seit 2013 bestehenden Verein gibt es schon länger. Zum ersten Mal unangenehm aufgefallen ist die Kinderkrebshilfe Bayern im Jahr 2015: Damals wurde das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) ohne dessen Genehmigung auf der Webseite verwendet. Als die DZI sich beim Verein meldet, wird das Siegel wieder gelöscht. Der DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke erinnert sich: „Uns wurde gesagt, dass das Siegel nur ein Informationshinweis sein sollte. Wir haben das für wenig nachvollziehbar gehalten, die Sache damals aber nicht weiterverfolgt.“
Doch auch andere Hilfsorganisationen werden auf den Verein aufmerksam. Jens Kort, der Geschäftsführer der Deutschen Kinderkrebsstiftung, erinnert sich: „Uns hat stutzig gemacht, dass die Kinderkrebshilfe Bayern mit Projekten wirbt, die von unseren Elternvereinen bezahlt werden.“Mitunter hätten sich auf der Homepage des Vereins Bilder von Aktionen gefunden, mit denen Verein nichts zu tun hat- te. „Unter anderem war zu lesen, dass Projekte der Deutschen Leukämieforschungshilfe unterstützt werden. Davon weiß ich aber nichts, und ich bin selbst Geschäftsführer der Deutschen Leukämieforschung.“Nachfragen, wie mit den Spenden umgegangen wird, habe der Verein stets unbeantwortet gelassen. Kort sagt dazu: „Das legt den Verdacht nahe, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Man erfährt auf der Webseite nirgendwo: Wofür wird das Geld ausgegeben?“
Spenden lässt sich jedoch auf dem Internetauftritt des Vereins leicht: Über einen Knopf gelangt man zum entsprechenden Bereich, wo laut Auskunft des Vereins auf Projekte bezogene Spenden getätigt werden könnten – ein Aufruf kommt dabei auf über 15000 Euro. Aber kommt das Geld auch wirklich bei dem an, der es braucht? Der Bayerische Rundfunk berichtete in diesem Zusammenhang über ein an Leukämie erkranktes Geschwisterpaar aus dem Landkreis Dachau: Hier rief die Kinderkrebshilfe Bayern vor rund einem Jahr dazu auf, Geld für die damals zwei Jahre alten Buben zu spenden. Tatsächlich sei demnach auch einmal Geld an die Familie geflossen, insgesamt kamen 4293 Euro zusammen. Nachdem das Geld ausgezahlt worden war, lief der Spendenaufruf aber weiter – die Familie erhielt nichts mehr von dem Geld. Letztlich habe die Familie den Verein darum gebeten, den Aufruf von der Seite zu nehmen.
Auch der Bunte Kreis, der am Stadtberger Ziegelhof eine tiergestützte Therapiestation für chronisch kranke Kinder betreibt, hat seine Erfahrungen mit dem Verein gemacht. Horst Erhardt, der Geschäftsführer, erinnert sich: „Wir haben einmal eine kleinere Geldspende von dem Verein bekommen.“Danach habe man bemerkt, dass Bilder des Therapiezentrums auf der Seite des Vereins verwendet worden seien– ohne Zustimmung des Bunten Kreises. „Wir haben zweimal schriftlich darum gebeten, diese Irritationen aufzuklären. Eine Antwort haben wir nicht erhalten.“
Ähnlich erging es auch der Kinderkrebsabteilung am Klinikum: Diese habe bemerkt, dass Bilder der Onkologiestation auf der Seite des Adelsrieder Vereins verwendet würden – ebenfalls ohne Erlaubnis. Chefarzt Michael Frühwald suchte daraufhin das Gespräch. Kontakt habe es wegen einer Teilfinanzierung einer Stelle in der Musiktherapie gegeben. Vom Verein sei man aber immer wieder vertröstet worden und habe schließlich auf eine Zusammenarbeit verzichtet.
Mittlerweile sind von der Homepage des Vereins sämtliche Hinweise auf fremde Projekte gelöscht, die Facebookseite ist abgemeldet worden. Auf unsere Anfragen antwortet der Verein nicht. Die ehemalige Vereinsvorsitzende teilte mit: „Wir sind erschüttert über die Berichterstattung. Die Vereinsbelange werden derzeit intern juristisch geprüft, ein Rechenschaftsbericht ist in Vorbereitung.“»Kommentar