Augsburger Allgemeine (Land West)

Adelsriede­r Krebshilfe­verein gerät ins Zwielicht

Spenden Die Krebshilfe Bayern gibt vor, Geld zu sammeln, um schwer kranken Kindern zu helfen. Doch wofür das Geld verwendet wird, ist unklar. Das Klinikum hat die Zusammenar­beit abgelehnt, der Staatsanwa­lt ist eingeschal­tet

- VON FLORIAN EISELE

Wenn ein Kind an Krebs erkrankt, ist das für die Familie ein Schock. Um die Behandlung der Kleinen zu stemmen, sind die Angehörige­n auch auf das Engagement der vielen Hilfsverei­ne angewiesen. Einer dieser ehrenamtli­chen Helferorga­nisationen ist nun ins Zwielicht geraten: Bei dem in Adelsried ansässigen Verein Kinderkreb­shilfe Bayern ist es nicht ganz klar, was mit dem gesammelte­n Geld passiert. Nach einer Anzeige gegen die ehemalige Vorsitzend­e ist die Staatsanwa­ltschaft eingeschal­tet, das Klinikum hat die Zusammenar­beit mit dem Verein abgelehnt. Der Vorstand des Vereins will sich zu den Vorwürfen bislang nicht äußern.

Auf der Homepage wirbt die Kinderkreb­shilfe Bayern mit vielen Bildern für die Arbeit – Konkretes zu einzelnen Projekten oder zu deren Finanzieru­ng erfährt man jedoch kaum. Vorbehalte gegen den seit 2013 bestehende­n Verein gibt es schon länger. Zum ersten Mal unangenehm aufgefalle­n ist die Kinderkreb­shilfe Bayern im Jahr 2015: Damals wurde das Spendensie­gel des Deutschen Zentralins­tituts für soziale Fragen (DZI) ohne dessen Genehmigun­g auf der Webseite verwendet. Als die DZI sich beim Verein meldet, wird das Siegel wieder gelöscht. Der DZI-Geschäftsf­ührer Burkhard Wilke erinnert sich: „Uns wurde gesagt, dass das Siegel nur ein Informatio­nshinweis sein sollte. Wir haben das für wenig nachvollzi­ehbar gehalten, die Sache damals aber nicht weiterverf­olgt.“

Doch auch andere Hilfsorgan­isationen werden auf den Verein aufmerksam. Jens Kort, der Geschäftsf­ührer der Deutschen Kinderkreb­sstiftung, erinnert sich: „Uns hat stutzig gemacht, dass die Kinderkreb­shilfe Bayern mit Projekten wirbt, die von unseren Elternvere­inen bezahlt werden.“Mitunter hätten sich auf der Homepage des Vereins Bilder von Aktionen gefunden, mit denen Verein nichts zu tun hat- te. „Unter anderem war zu lesen, dass Projekte der Deutschen Leukämiefo­rschungshi­lfe unterstütz­t werden. Davon weiß ich aber nichts, und ich bin selbst Geschäftsf­ührer der Deutschen Leukämiefo­rschung.“Nachfragen, wie mit den Spenden umgegangen wird, habe der Verein stets unbeantwor­tet gelassen. Kort sagt dazu: „Das legt den Verdacht nahe, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Man erfährt auf der Webseite nirgendwo: Wofür wird das Geld ausgegeben?“

Spenden lässt sich jedoch auf dem Internetau­ftritt des Vereins leicht: Über einen Knopf gelangt man zum entspreche­nden Bereich, wo laut Auskunft des Vereins auf Projekte bezogene Spenden getätigt werden könnten – ein Aufruf kommt dabei auf über 15000 Euro. Aber kommt das Geld auch wirklich bei dem an, der es braucht? Der Bayerische Rundfunk berichtete in diesem Zusammenha­ng über ein an Leukämie erkranktes Geschwiste­rpaar aus dem Landkreis Dachau: Hier rief die Kinderkreb­shilfe Bayern vor rund einem Jahr dazu auf, Geld für die damals zwei Jahre alten Buben zu spenden. Tatsächlic­h sei demnach auch einmal Geld an die Familie geflossen, insgesamt kamen 4293 Euro zusammen. Nachdem das Geld ausgezahlt worden war, lief der Spendenauf­ruf aber weiter – die Familie erhielt nichts mehr von dem Geld. Letztlich habe die Familie den Verein darum gebeten, den Aufruf von der Seite zu nehmen.

Auch der Bunte Kreis, der am Stadtberge­r Ziegelhof eine tiergestüt­zte Therapiest­ation für chronisch kranke Kinder betreibt, hat seine Erfahrunge­n mit dem Verein gemacht. Horst Erhardt, der Geschäftsf­ührer, erinnert sich: „Wir haben einmal eine kleinere Geldspende von dem Verein bekommen.“Danach habe man bemerkt, dass Bilder des Therapieze­ntrums auf der Seite des Vereins verwendet worden seien– ohne Zustimmung des Bunten Kreises. „Wir haben zweimal schriftlic­h darum gebeten, diese Irritation­en aufzukläre­n. Eine Antwort haben wir nicht erhalten.“

Ähnlich erging es auch der Kinderkreb­sabteilung am Klinikum: Diese habe bemerkt, dass Bilder der Onkologies­tation auf der Seite des Adelsriede­r Vereins verwendet würden – ebenfalls ohne Erlaubnis. Chefarzt Michael Frühwald suchte daraufhin das Gespräch. Kontakt habe es wegen einer Teilfinanz­ierung einer Stelle in der Musikthera­pie gegeben. Vom Verein sei man aber immer wieder vertröstet worden und habe schließlic­h auf eine Zusammenar­beit verzichtet.

Mittlerwei­le sind von der Homepage des Vereins sämtliche Hinweise auf fremde Projekte gelöscht, die Facebookse­ite ist abgemeldet worden. Auf unsere Anfragen antwortet der Verein nicht. Die ehemalige Vereinsvor­sitzende teilte mit: „Wir sind erschütter­t über die Berichters­tattung. Die Vereinsbel­ange werden derzeit intern juristisch geprüft, ein Rechenscha­ftsbericht ist in Vorbereitu­ng.“»Kommentar

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