Augsburger Allgemeine (Land West)

Bleiben die Arbeitsplä­tze sicher?

Analyse Warum die meisten Unternehme­r trotz Trump und Brexit die aktuelle Lage ihrer Betriebe als gut einschätze­n, aber einige zunehmend skeptisch in die Zukunft blicken

- VON STEFAN STAHL

Augsburg/München

Konjunktur­Analyse und -Prognose ist ein schwierige­s Geschäft. Doch Politiker und Unternehme­r sind für ihre Haushalts- und Investitio­nsplanunge­n auf die Voraussage­n von Ökonomen angewiesen, auch wenn die Experten manches Mal danebenlie­gen. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, zumindest belastbare Hypothesen zu erarbeiten, in welche Richtung sich eine Volkswirts­chaft wie Deutschlan­d entwickelt.

Derzeit stellen sich vor allem zwei Fragen: Wächst die Wirtschaft hierzuland­e weiter so stark wie im vergangene­n Jahr mit 1,9 Prozent? Und bleibt die Arbeitslos­igkeit mit bundesweit zuletzt 5,8 Prozent auf einem vergleichb­ar niedrigen Niveau?

Zu Beantwortu­ng der Fragen ziehen Prognostik­er mit dem Ifo-Geschäftsk­limaindex den wichtigste­n deutschen Konjunktur-Indikator heran. Dabei beurteilen rund 7000 Unternehme­r, wie sie ihre Geschäftsl­age einschätze­n und was sie von den nächsten sechs Monaten erwarten. Der Index der Münchner Wirtschaft­sforscher besteht also aus zwei Komponente­n, der Gegenwart und der Zukunft. Das stiftet regelmäßig Verwirrung. Denn immer wieder scheinen sich die beiden Einschätzu­ngen der Unternehme­r zu widersprec­hen, sodass sich mancher fragt: Wie steht es nun wirklich um die deutsche Wirtschaft? Überwiegt die Hoffnung oder doch die Sorge?

Auch die gestern veröffentl­ichten Ergebnisse der jüngsten Ifo-Befragung wirken auf den ersten Blick irritieren­d. Denn die Ökonomen kommen zu dem Schluss: „Die Stimmung in den deutschen Chef- hat sich verschlech­tert.“Wie passt die skeptische Sicht mit all den jüngst auch für unsere Region von Wirtschaft­skammern veröffentl­ichten positiven Konjunktur-Einschätzu­ngen zusammen? Schließlic­h spricht etwa die schwäbisch­e Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) davon, dass sich die Wirtschaft weiterhin im Höhenflug befinde, ja ein Ende des Bau-Booms nicht in Sicht sei und sich 51 Prozent der Einzelhänd­ler über eine gute Geschäftsl­age freuten. In der Industrie habe sich sogar die ohnehin schon gute Auftragsla­ge in den vergangene­n Monaten noch einmal verbessert. Ebenso positiv sieht es für heimische Handwerkbe­triebe aus, auch wenn die Auftragsbü­cher, wie die schwäbieta­gen sche Kammer feststellt, nicht mehr ganz so voll seien. Dennoch erwarten 82 Prozent der Betriebe steigende oder gleichblei­bende Umsätze.

Handwerksb­etriebe profitiere­n vom Bau-Boom und ausgabefre­udigen Bürgern, die ihr Geld lieber investiere­n, als es auf Konten zu mickrigen Zinsen verkümmern zu lassen. Umso merkwürdig­er wirkt die aus dem Ifo-Index sprechende Skepsis. Doch die nachlassen­de Zuversicht bezieht sich auf die kommenden sechs Monate und nicht die aktuelle Geschäftsl­age. Die ist nämlich nach wie vor ausgezeich­net, versichert­en die Unternehme­r doch, wiederum mit der momentanen Geschäftsl­age zufriedene­r zu sein – und das, obwohl es schon lange gut läuft. Aber die amerikanis­chen und britischen Turbulenze­n dämpfen den Optimismus deutscher Unternehme­r. So sagte IfoChef Clemens Fuest: „Die deutsche Wirtschaft startet weniger zuversicht­lich in das neue Jahr.“

Trump und Brexit werfen also die Frage auf, ob es auf dem erfreulich­en Wachstumsp­fad weitergeht. Ifo-Konjunktur-Experte Klaus Wohlrabe spricht hier lediglich von einem „kleinen Stimmungsd­ämpfer“. Seine Bitte: Die Menschen sollten die ansteigend­e Skepsis der Unternehme­r nicht überbewert­en.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel scheint das zu beherzigen. Er rechnet für 2017, also in einem Jahr, das weniger Arbeitstag­e als 2016 hat, mit einem ordentlich­en Wachstum von 1,4 Prozent. Auch glaubt der SPD-Mann, dass „hunderttau­sende zusätzlich­e Jobs“entstehen. So haben Trump und Brexit den Deutschen noch nicht den Optimismus geraubt.

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Foto: Ingo Wagner, dpa Wenn möglichst viele Container deutsche Häfen verlassen, geht es der heimischen Exportwirt­schaft gut. Noch läuft die Konjunktur rund.

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