Augsburger Allgemeine (Land West)

Lightgeträ­nke frieren schneller ein

Frost Wie gelieferte­s Bier auf Kälte reagiert und warum ein Händler auf Nachtfahrt­en verzichtet

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg

Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um seinen Eisschrank abzutauen und zu putzen. Pommes, Pizza und die andere Tiefkühlko­st passen übergangsw­eise prima in die Kältekamme­r, die mit derzeit minus fünf bis zehn Grad im Freien steht Getränke draußen zu lagern, ist dagegen keine gute Idee: Je nach Inhalt dauert es einige Stunden, bis die Flaschen platzen. Karl Müller vom gleichnami­gen Getränkefa­chgroßhand­el aus Langweid kennt das Problem nur zu gut: Transportf­ahrten mit der flüssigen Fracht werden zum unternehme­rischen Risiko.

Die Kälte, der Fahrtwind, die eiskalte Aluminiumv­erkleidung der Laster: „Bei fünf bis sechs Stunden mit dem Laster auf der Autobahn wird’s kritisch“, sagt Müller. Der Inhaber des Langweider Familienun­ternehmens, das es seit 1911 gibt, mag sich gar nicht vorstellen, was passieren könnte, wenn es auf der Autobahn zu einem Stau komme. Stillstand könnte den Laster zu längeren Wartezeite­n zwingen und damit für erhöhte Frostgefah­r sorgen.

Zwei bis drei kritische Kälteereig­nisse hat Müller in den vergangene­n 30 Jahren erlebt. Seine Erfahrung: „Ernsthaft schwierig wird es erst, wenn es wirklich sehr kalt wird und die Kälte länger andauert.“Das Wetter im Augenblick hält Müller für „kritisch“– vor allem für Lightgeträ­nke, die wenig Zucker haben. Denn: „Die gefrieren schneller.“Cola-Light ist für Müller ein Gradmesser. Wenn es gefriert, dann wird’s höchste Zeit, beispielsw­eise um das Freigeländ­e zu räumen. Kleinere Verluste musste Müller schon hinnehmen, Nachtfahrt­en wurden wegen der niedrigen Temperatur­en schon eingestell­t. Angst um die flüssige Ware auf dem Lieferwage­n hat Stephanie Schmid von der Ustersbach­er Brauerei nicht. „Da passiert nichts. Unsere Fahrer sind beim Heimdienst ja zeitlich und räumlich begrenzt unterwegs. Da müsste sich jemand schon sehr verfahren und Tage unterwegs sein.“

Ähnlich sieht es Georg Rapp sen. von der gleichnami­gen Brauerei mit firmeneige­nem Heimdienst aus Kutzenhaus­en. Und: Bier ist wegen des Alkoholgeh­alts weniger empfindlic­h. Bis minus zehn Grad gibt es keine Probleme. Bier sei ohnehin mit einer kühlen Umgebung vertraut, erklärt Betriebswi­rtin Stephanie Schmid, die in 13. Generation das Ustersbach­er Traditions­unternehme­n leitet. Im Lagerkelle­r herrschen um die null Grad.

Wird’s noch kälter, dann kann Bier tatsächlic­h gefrieren – ein Umstand, der vor mehr als 100 Jahren für eine besondere Erfindung gesorgt haben soll: Der Eisbock wurde erschaffen. Ein Brauergese­lle hatte der Legende nach Bockbierfä­sser in einer kalten Winternach­t im Freien stehen lassen. Das Bier fror zu Eis. Und alle Fässer platzten auf. Zurückgebl­ieben war eine dicke Brühe, die der Geselle am nächsten Tag zur Strafe trinken musste. Doch die Strafe erwies sich als schmackhaf­t. Tatsächlic­h ist heute das Gefrieren Teil des Brauprozes­ses. Dem Bier wird gefrorenes Wasser entzogen und so der Alkoholgeh­alt erhöht.

Ein Selbstvers­uch auf der Redaktions­terrasse brachte übrigens keine neue Spezialbie­rsorte zum Vorschein: Nach acht Stunden im Schnee bildete sich weder ein Eisklumpen noch platzte die Flasche. Auch die Mineralwas­serflasche der Mini-Versuchsre­ihe überstand den Tag in der Kälte schadlos.

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Foto: dpa Bier reagiert auf Kälte weniger empfind lich.

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