Augsburger Allgemeine (Land West)
Lightgetränke frieren schneller ein
Frost Wie geliefertes Bier auf Kälte reagiert und warum ein Händler auf Nachtfahrten verzichtet
Landkreis Augsburg
Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um seinen Eisschrank abzutauen und zu putzen. Pommes, Pizza und die andere Tiefkühlkost passen übergangsweise prima in die Kältekammer, die mit derzeit minus fünf bis zehn Grad im Freien steht Getränke draußen zu lagern, ist dagegen keine gute Idee: Je nach Inhalt dauert es einige Stunden, bis die Flaschen platzen. Karl Müller vom gleichnamigen Getränkefachgroßhandel aus Langweid kennt das Problem nur zu gut: Transportfahrten mit der flüssigen Fracht werden zum unternehmerischen Risiko.
Die Kälte, der Fahrtwind, die eiskalte Aluminiumverkleidung der Laster: „Bei fünf bis sechs Stunden mit dem Laster auf der Autobahn wird’s kritisch“, sagt Müller. Der Inhaber des Langweider Familienunternehmens, das es seit 1911 gibt, mag sich gar nicht vorstellen, was passieren könnte, wenn es auf der Autobahn zu einem Stau komme. Stillstand könnte den Laster zu längeren Wartezeiten zwingen und damit für erhöhte Frostgefahr sorgen.
Zwei bis drei kritische Kälteereignisse hat Müller in den vergangenen 30 Jahren erlebt. Seine Erfahrung: „Ernsthaft schwierig wird es erst, wenn es wirklich sehr kalt wird und die Kälte länger andauert.“Das Wetter im Augenblick hält Müller für „kritisch“– vor allem für Lightgetränke, die wenig Zucker haben. Denn: „Die gefrieren schneller.“Cola-Light ist für Müller ein Gradmesser. Wenn es gefriert, dann wird’s höchste Zeit, beispielsweise um das Freigelände zu räumen. Kleinere Verluste musste Müller schon hinnehmen, Nachtfahrten wurden wegen der niedrigen Temperaturen schon eingestellt. Angst um die flüssige Ware auf dem Lieferwagen hat Stephanie Schmid von der Ustersbacher Brauerei nicht. „Da passiert nichts. Unsere Fahrer sind beim Heimdienst ja zeitlich und räumlich begrenzt unterwegs. Da müsste sich jemand schon sehr verfahren und Tage unterwegs sein.“
Ähnlich sieht es Georg Rapp sen. von der gleichnamigen Brauerei mit firmeneigenem Heimdienst aus Kutzenhausen. Und: Bier ist wegen des Alkoholgehalts weniger empfindlich. Bis minus zehn Grad gibt es keine Probleme. Bier sei ohnehin mit einer kühlen Umgebung vertraut, erklärt Betriebswirtin Stephanie Schmid, die in 13. Generation das Ustersbacher Traditionsunternehmen leitet. Im Lagerkeller herrschen um die null Grad.
Wird’s noch kälter, dann kann Bier tatsächlich gefrieren – ein Umstand, der vor mehr als 100 Jahren für eine besondere Erfindung gesorgt haben soll: Der Eisbock wurde erschaffen. Ein Brauergeselle hatte der Legende nach Bockbierfässer in einer kalten Winternacht im Freien stehen lassen. Das Bier fror zu Eis. Und alle Fässer platzten auf. Zurückgeblieben war eine dicke Brühe, die der Geselle am nächsten Tag zur Strafe trinken musste. Doch die Strafe erwies sich als schmackhaft. Tatsächlich ist heute das Gefrieren Teil des Brauprozesses. Dem Bier wird gefrorenes Wasser entzogen und so der Alkoholgehalt erhöht.
Ein Selbstversuch auf der Redaktionsterrasse brachte übrigens keine neue Spezialbiersorte zum Vorschein: Nach acht Stunden im Schnee bildete sich weder ein Eisklumpen noch platzte die Flasche. Auch die Mineralwasserflasche der Mini-Versuchsreihe überstand den Tag in der Kälte schadlos.