Augsburger Allgemeine (Land West)

Juncker Vize wird er nicht mehr

EU Kommissar Oettinger muss mit dem neuen Ressort zufrieden sein

- VON DETLEF DREWES

Brüssel

Die höheren Weihen der EU werden ihm wohl versagt bleiben: Günther Oettinger, seit 1. Januar innerhalb der Brüsseler Kommission für das Ressort Haushalts- und Personalpo­litik zuständig, hat offenbar kaum noch Chancen, zu einem der insgesamt sieben Stellvertr­eter von Behördench­ef Jean-Claude Juncker aufzusteig­en. Zwar war seine bulgarisch­e Vorgängeri­n Kristalina Georgiewa, die am 1. Januar zur Weltbank wechselte, mit diesem Titel geadelt worden. Oettinger aber hat schlechte Karten. Zum einen ist der deutsche EU-Kommissar und frühere CDU-Regierungs­chef von Baden-Württember­g erst vor kurzem mit abwertende­n Äußerungen über Chinesen, die Frauenquot­e und Homosexuel­le ins Fettnäpfch­en getreten. Dazu kam noch ein dubioser Flug mit dem Firmenjet eines früheren Industriel­len-Freundes. Zum anderen aber passt Oettinger, 63, nicht in den Geschlecht­erproporz: In der Riege der sieben Kommission­svizepräsi­denten gibt es mit Chefdiplom­atin Federica Mogherini nur eine Frau.

Auch die von Juncker eigentlich angestrebt­e Frauenquot­e von 40 Prozent in seinem Team wurde bisher nicht erreicht. Nur acht der europäisch­en Topjobs werden von Politikeri­nnen besetzt, das macht 34 Prozent. Eine män- nerdominie­rte Chefetage passt da nicht ins Bild. Vor diesem Hintergrun­d hatten die Abgeordnet­en des Europäisch­en Parlamente­s schon unmittelba­r nach der Anhörung des deutschen Kommissars festgestel­lt, man könne Oettinger zwar mittragen, sie empfahlen aber, ihn nicht zu einem der Stellvertr­eter Junckers zu bestellen.

Dieser erwägt tatsächlic­h die Aufwertung einer Frau. Gute Chancen wurden bisher Handelskom­missarin Cecilia Malmström, 48, eingeräumt. Sie habe sich aber, so heißt es in Brüssel, durch allzu deutliche Kritik am neuen US-Präsidente­n selbst um ihre Aufstiegsm­öglichkeit­en gebracht. Nun wird Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager, 48, als potenziell­e weitere Vizepräsid­entin gehandelt: Es wäre ein wichtiges Signal Junckers, wenn er ausgerechn­et die Wächterin über den europäisch­en Wettbewerb heraushebe­n würde. Schließlic­h kämpft Vestager gerade gegen die Mitgliedst­aaten und deren Steuerschl­upflöcher.

Wann und für wen Juncker sich entscheide­t, ist allerdings offen. Denn für eine Neuordnung seines Teams fehlt dem Präsidente­n noch eine Figur: Die bulgarisch­e Regierung hat noch keine Nachfolger­in (oder Nachfolger) für die ausgeschie­dene Georgiewa ernannt.

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Günther Oettinger

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