Augsburger Allgemeine (Land West)

Zu früh für Pofalla!

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Als Kanzler machte Schröder auf ungewöhnli­che Weise Mehdorn das Amt des Bahn-Chefs schmackhaf­t. Es sei nach seiner Tätigkeit der „zweitverrü­ckteste Job“der Republik. Mehdorn biss an. Bahn-Chef wurde zu seinem Vornamen. Doch der unruhige Geist scheiterte an der Komplexitä­t des Berufs. Mittendrin zwischen den Wünschen der Fahrgäste, des Personals, knallharte­r Gewerkscha­fter und des Bundes als Anteilseig­ner wird ein Bahn-Chef zerrieben.

Diesem Schicksal konnte sich Mehdorns Nachfolger Grube nur phasenweis­e entziehen. Der 65-Jährige brachte mehr Ruhe in den Riesen, musste jedoch immer wieder Prügel einstecken, zum Teil berechtigt. Denn dass es so lange gedauert hat, bis auch ICE-Kunden in der zweiten Klasse eine kostenlose, stabile WLAN-Verbindung haben, spricht nicht für Grube. Auch hat er die Konkurrenz durch Fernbusanb­ieter zu lange unterschät­zt. Die Antwort in Form günstigere­r Tickets hatte Verspätung. Selbst wenn die Zahlen der Bahn wieder besser sind, wird die Amtszeit Grubes nicht als Erfolgs-Ära in Erinnerung bleiben. So erklärt sich, dass der Aufsichtsr­at nur bereit war, dem Manager einen zweijährig­en, statt des gewünschte­n dreijährig­en Vertrages zu geben.

Jetzt braucht die Bahn einen Neuanfang, am besten mit einem Chef, der die Branche lange kennt. Dieses Kriterium erfüllt CDUMann Pofalla nicht. Er sitzt zwar im Bahnvorsta­nd. Der Ex-Politiker muss aber noch unter Beweis stellen, dass er einen echten Mehrwert für das Unternehme­n darstellt und nicht nur von der Politik mit dem lukrativen Amt versorgt wurde.

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