Augsburger Allgemeine (Land West)
99 Stunden Zeit für 99 Sekunden Film
Kino Wer beim größten Kurzfilmwettbewerb der Welt mitmachen möchte, kann nicht lange überlegen. Der Augsburger Regisseur David Helmut und sein Team stellen sich einer besonderen Herausforderung
Nur ein Scheinwerfer auf dem Balkon eines Hauses in der Heinrichvon-Buz-Straße verriet am vergangenen Freitag, was hinter der Fassade vor sich ging: Dreharbeiten zu einem Kurzfilm für einen ganz besonderen Wettbewerb. Der Clou bei den 99Fire-Films-Awards: Das Thema wird so kurzfristig bekannt gegeben, dass den Filmemachern lediglich 99 Stunden bleiben, um sich ein Drehbuch zu überlegen, den Film zu drehen, zu schneiden und an die Jury zu schicken. Eine weitere Hürde: Der Film muss exakt 99 Sekunden lang sein.
„Wir haben am Donnerstag früh gespannt gewartet“, erinnert sich Produzentin Sina Scherer. Um 10 Uhr kam dann das Thema per E-Mail: „Da gibt´s doch was… Finde kreative Lösungen auf Herausforderungen des Alltags.“Der Drehort stand schon zuvor fest: Das Haus von Drehbuch-Autor Titus, der auch eine Rolle im Film übernahm. Das Team bestand aus vier Schauspielern und acht Crew-Mitgliedern.
In der gegebenen Eile entstand der Plot für den Kurzfilm: Ein Ehemann kommt überraschend nach Hause. Beim Showdown in der Küche begegnet er dem Liebhaber seiner Frau. Der muss sich schnell überlegen, wie er aus seiner Erklärungsnot kommt. Die Grundidee mag klischeehaft wirken, doch auf was es den Augsburger Filmemachern ankommt, ist die originelle, lustige Schlusspointe. „Heute kann jeder filmen, ob mit einer Digitalkamera oder mit dem Handy“, weiß Regisseur David Helmut, 30. „Gerade deshalb ist das Wichtigste eine gute Geschichte.“
Bei den Teilnehmern der 99FireFilms-Awards sind Laien ebenso vertreten wie Nachwuchsregisseure und Young Professionals mit einem eingespielten Team. Zu Letzteren zählt David Helmut mit seiner Firma Geek Pictures. Die jungen Profis drehen Werbefilme ebenso wie Videoclips – beispielsweise für den Rapper Errdeka. Produzentin Sina Scherer und ihre für die Maske ver- Kollegin Bianca Röder arbeiten normalerweise unter dem Namen Schroeder Styling als Fashion-Stylist und Make-up Artist. Die Zusammenarbeit mit den Filmemachern kam als Freundschaftsdienst zustande, weil man sich schon seit den Teenagertagen kennt.
Die magische Zahl 99, welche die Besonderheit des Wettbewerbs prägt, kommt auch beim Preisgeld zum Tragen: „9 999 Euro bekommt der Gewinner“, verrät Bianca Röder. „Dazu Ruhm und Ehre und Spaß.“Diese Aussichten motivieren jährlich rund 3 000 Filmemacher zur Teilnahme. Damit das Werk von Geek Pictures nicht in dieser Bilderflut untergeht, haben sich die Augsburger Filmer ein noch anspruchsvolleres Ziel gesetzt, als die ohnehin schon herausfordernde Jury-Regel: Statt die erlaubten vier Tage und drei Stunden in Anspruch zu nehmen, wollten David Helmut und sein Team noch am Abend des Drehtags in den Schnitt gehen und bereits in der selben Nacht den ferantwortliche tigen Kurzfilm online an die Jury schicken. Den Grund für die Fleißarbeit verrät der Regisseur: „Die ersten Filme guckt die Jury noch gern, aber nach ein paar hundert Filmen wird es mühsamer“, glaubt David. 2014 hat sein Team in einer Unterkategorie des Wettbewerbs gewonnen: Die „Beste Idee“brachte den Filmemachern 999 Euro ein. Diesmal wollen sie mehr: der „Beste Film“ist das erklärte Ziel.
Die 99Fire-Films-Awards gelten als weltgrößter Kurzfilmwettbewerb. Mit YouTube und ARTE haben die Veranstalter starke Partner an der Seite. Die Jury besteht in diesem Jahr unter anderem aus Schauspieler Kai Wiesinger und Axel Milberg, Constantin Film-Geschäftsführer Torsten Koch und Regisseur Florian Gallenberger, der 2001 einen Kurzfilm-Oscar erhielt. Die besten Filmemacher werden zur Preisverleihung nach Berlin eingeladen. Natürlich taucht auch hier erneut die magische Zahl 99 auf: Exakt 99 Kreative dürfen am 16. Februar bei der Feier im Admiralspalast dabei sein.
Ein Erfolg beim Wettbewerb könnte sich als Karrieresprungbrett erweisen, ist David überzeugt: „Bei den 99Fire-Films-Awards ist genau das gefragt, was auch einen guten Werbeclip ausmacht. Man muss beweisen, dass man unter Druck arbeiten und in kurzer Zeit eine originelle Story erzählen kann.“Wie es sich anfühlt, ein Gewinner zu sein, weiß Regisseur David Helmut schon seit längerem: 2011 gewann er den „Local Hero Award“für den „Besten Film“bei den Augsburger Filmtagen.