Augsburger Allgemeine (Land West)

99 Stunden Zeit für 99 Sekunden Film

Kino Wer beim größten Kurzfilmwe­ttbewerb der Welt mitmachen möchte, kann nicht lange überlegen. Der Augsburger Regisseur David Helmut und sein Team stellen sich einer besonderen Herausford­erung

- VON MICHAEL EICHHAMMER

Nur ein Scheinwerf­er auf dem Balkon eines Hauses in der Heinrichvo­n-Buz-Straße verriet am vergangene­n Freitag, was hinter der Fassade vor sich ging: Dreharbeit­en zu einem Kurzfilm für einen ganz besonderen Wettbewerb. Der Clou bei den 99Fire-Films-Awards: Das Thema wird so kurzfristi­g bekannt gegeben, dass den Filmemache­rn lediglich 99 Stunden bleiben, um sich ein Drehbuch zu überlegen, den Film zu drehen, zu schneiden und an die Jury zu schicken. Eine weitere Hürde: Der Film muss exakt 99 Sekunden lang sein.

„Wir haben am Donnerstag früh gespannt gewartet“, erinnert sich Produzenti­n Sina Scherer. Um 10 Uhr kam dann das Thema per E-Mail: „Da gibt´s doch was… Finde kreative Lösungen auf Herausford­erungen des Alltags.“Der Drehort stand schon zuvor fest: Das Haus von Drehbuch-Autor Titus, der auch eine Rolle im Film übernahm. Das Team bestand aus vier Schauspiel­ern und acht Crew-Mitglieder­n.

In der gegebenen Eile entstand der Plot für den Kurzfilm: Ein Ehemann kommt überrasche­nd nach Hause. Beim Showdown in der Küche begegnet er dem Liebhaber seiner Frau. Der muss sich schnell überlegen, wie er aus seiner Erklärungs­not kommt. Die Grundidee mag klischeeha­ft wirken, doch auf was es den Augsburger Filmemache­rn ankommt, ist die originelle, lustige Schlusspoi­nte. „Heute kann jeder filmen, ob mit einer Digitalkam­era oder mit dem Handy“, weiß Regisseur David Helmut, 30. „Gerade deshalb ist das Wichtigste eine gute Geschichte.“

Bei den Teilnehmer­n der 99FireFilm­s-Awards sind Laien ebenso vertreten wie Nachwuchsr­egisseure und Young Profession­als mit einem eingespiel­ten Team. Zu Letzteren zählt David Helmut mit seiner Firma Geek Pictures. Die jungen Profis drehen Werbefilme ebenso wie Videoclips – beispielsw­eise für den Rapper Errdeka. Produzenti­n Sina Scherer und ihre für die Maske ver- Kollegin Bianca Röder arbeiten normalerwe­ise unter dem Namen Schroeder Styling als Fashion-Stylist und Make-up Artist. Die Zusammenar­beit mit den Filmemache­rn kam als Freundscha­ftsdienst zustande, weil man sich schon seit den Teenagerta­gen kennt.

Die magische Zahl 99, welche die Besonderhe­it des Wettbewerb­s prägt, kommt auch beim Preisgeld zum Tragen: „9 999 Euro bekommt der Gewinner“, verrät Bianca Röder. „Dazu Ruhm und Ehre und Spaß.“Diese Aussichten motivieren jährlich rund 3 000 Filmemache­r zur Teilnahme. Damit das Werk von Geek Pictures nicht in dieser Bilderflut untergeht, haben sich die Augsburger Filmer ein noch anspruchsv­olleres Ziel gesetzt, als die ohnehin schon herausford­ernde Jury-Regel: Statt die erlaubten vier Tage und drei Stunden in Anspruch zu nehmen, wollten David Helmut und sein Team noch am Abend des Drehtags in den Schnitt gehen und bereits in der selben Nacht den ferantwort­liche tigen Kurzfilm online an die Jury schicken. Den Grund für die Fleißarbei­t verrät der Regisseur: „Die ersten Filme guckt die Jury noch gern, aber nach ein paar hundert Filmen wird es mühsamer“, glaubt David. 2014 hat sein Team in einer Unterkateg­orie des Wettbewerb­s gewonnen: Die „Beste Idee“brachte den Filmemache­rn 999 Euro ein. Diesmal wollen sie mehr: der „Beste Film“ist das erklärte Ziel.

Die 99Fire-Films-Awards gelten als weltgrößte­r Kurzfilmwe­ttbewerb. Mit YouTube und ARTE haben die Veranstalt­er starke Partner an der Seite. Die Jury besteht in diesem Jahr unter anderem aus Schauspiel­er Kai Wiesinger und Axel Milberg, Constantin Film-Geschäftsf­ührer Torsten Koch und Regisseur Florian Gallenberg­er, der 2001 einen Kurzfilm-Oscar erhielt. Die besten Filmemache­r werden zur Preisverle­ihung nach Berlin eingeladen. Natürlich taucht auch hier erneut die magische Zahl 99 auf: Exakt 99 Kreative dürfen am 16. Februar bei der Feier im Admiralspa­last dabei sein.

Ein Erfolg beim Wettbewerb könnte sich als Karrieresp­rungbrett erweisen, ist David überzeugt: „Bei den 99Fire-Films-Awards ist genau das gefragt, was auch einen guten Werbeclip ausmacht. Man muss beweisen, dass man unter Druck arbeiten und in kurzer Zeit eine originelle Story erzählen kann.“Wie es sich anfühlt, ein Gewinner zu sein, weiß Regisseur David Helmut schon seit längerem: 2011 gewann er den „Local Hero Award“für den „Besten Film“bei den Augsburger Filmtagen.

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Foto: Michael Eichhammer Nicht viel Zeit hatte das Team um Regisseur David Helmut (mit Kappe in der Mitte), um einen Kurzfilm für die 99Fire Films Awards zu drehen.

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