Augsburger Allgemeine (Land West)
Von Pointe zu Pointe
Kabarett Ingmar Stadelmann bezieht sein Publikum im Spectrum ein, ohne es bloßzustellen
„Man kann, aber man muss nicht alles witzig finden“. Mit diesen Worten bereitete der Kabarettist Ingmar Stadelmann sein Publikum auf sein Programm „#humorphobie“vor, das er im gut besetzten Spectrum zum Besten gab. Es war eine glatte Untertreibung, denn kaum jemand dürfte an diesem Abend nicht seine hellste Freude gehabt haben. Ingmar Stadelmann, der schon mehrere Kabarett- beziehungsweise Comedypreise gewonnen hat, beherrschte es, bei seinen Beobachtungen haarscharf und punktgenau an die Grenzen zu gehen. Blieb dem Publikum das Lachen im Mund stecken, geschah dies nur kurz – schon folgte die Wendung hin zu einem ganz anderen Thema, zur nächsten Pointe.
Nachdenklich bezog Ingmar Stadelmann Stellung zu Phänomenen unserer Zeit. So sinnierte er über den Satz: „Wie konnte das passieren?“– zuletzt oft geäußert angesichts der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Wir schützen uns, nehmen alles als selbstverständlich an, flüchten vor der Realität, so Stadelmanns Analyse. Sei die Realität dann eingetreten, käme die Verwunderung darüber. Absurditäten von Facebook aufgreifend, etwa als alle Welt postete, wie man sich Eiswasser-Kübel über den Kopf schüttete, führte Stadelmann weiter, und zeigte, wohin dieses Netzwerk führen kann. „Wenn ich mich für Extremes interessiere, werde ich dadurch noch extremer, so radikalisieren sich die Menschen selbst!“
Scharfsinnig beobachtete Stadelmann auch menschliche Gefühle – vor allem jene, über die man normalerweise nicht offen spricht: Da sind etwa die Ausflüchte, um einem Anhalter nicht ins Gesicht sagen zu müssen, dass man ihn nicht mitnehmen will. Man fahre ja an der nächsten Kreuzung gleich raus, dann in die andere Richtung. Stimmt natürlich nicht.
Gerne nahm Stadelmann Kontakt mit dem Publikum auf, fragte Paare, wie lange sie verheiratet sind oder danach, welche Haustiere sie denn haben. Die Gefragten antworteten bereitwillig, der Kabarettist nahm, ohne sie vorzuführen, den Ball auf, um die Themen weiter zu spinnen. So erzählte er über den Mann und seine polnische Freundin, die er beim Händchenhalten in der Stadt nicht gerne loslässt, „weil sie dann zum Shoppen geht“, oder über Hunde, „die dich so angucken, als würden sie gleich was sagen“.
In der Pause ließ Stadelmann das Publikum Fragen auf Zettel schreiben, zu denen er sich im zweiten Programmteil äußerte. Geschickt baute er eine Auswahl von diesen Themen ein und bewies damit seine enorme Spontaneität. „Hat Humor wirklich keine Grenzen?“, fragte einer. „Man muss halt wissen, wo man was sagt“, antwortete Stadelmann. Er wusste es.