Augsburger Allgemeine (Land West)
Süße Schwermut
Matinee „Eine Stunde für Streicher“
Ein Klangpanorama von zumeist melancholischer Noblesse wurde von den Augsburger Philharmonikern ausgebreitet – eine „Stunde für Streicher“bot die Matinee im gut besuchten Goldenen Saal des Rathauses Mendelssohn, Schubert und Hindemith. Das wohldurchdachte Programm ließ die Stimmung in der Abfolge der Werke von schwarzer Trauer, süßer Schwermut, über changierende Hell-Dunkel-Nuancen bis in heitere Bereiche sich ausbreiten. Lancelot Fuhry leitete mit Sensibilität und gebotener Präzision die Kerntruppe des Symphonieorchesters von Station zu Station.
Mendelssohns Sinfonia Nr. 10 in h-Moll ist im Grund ein einsätziges Gebilde, eingeleitet von einer an Haydns „Sieben letzte Worte des Erlösers“erinnernden, sanft ausschwingenden Melancholie. Ihr folgt ein Allegro, in dem sich die einsetzende Motorik als düsteres Grollen entwickelt. Mendelssohn zeigte sich im abschließenden Werk von der fröhlichen Seite. Die frühe 2. Sinfonia D-Dur mit ihren drei kleinen Sätzen sprudelt im Sinne der Wiener Klassik munter in die Welt, in der Mitte beruhigt von einem charmanten, einfachen Andante.
Zwischen diesem von Mendelssohn abgesteckten Rahmen erfreute der Auftritt von Ruth Killius. Die Bratschistin demonstriert derzeit in Augsburg als Artist in Residence ihr Können in verschiedenen Formaten. Paul Hindemiths „Trauermusik“, 1936 geschaffen anlässlich des Todes des verehrten englischen Königs Georg V., lebt von barocker Formensprache. Die vier ineinandergleitenden Abschnitte, gespeist von aparten modernen Harmoniefarben, beleuchten in raffinierter Entwicklung die Klangspanne der Bratsche: Nach pastoser mittlerer Höhe geht sie dann in die sonore Tiefe und gestaltet einen lichten Choral am Ende. Killius zaubert auch ohne Vibrato-Schübe fein schimmerndes Melos.
In Schuberts Arpeggione-Sonate a-Moll, bearbeitet für Solo-Bratsche und Streicher, brilliert sie mit plastisch modellierten Beschleunigungen; Tanzlust und Wehmut lösen sich ab bis zu den lapidar versinkenden letzten Takten. Die hallende Akustik des Goldenen Saals wurde von Fuhry und der Solistin mit sensiblen Reaktionen und gemäßigten Tempi überzeugend als positives Klangmomentum eingesetzt.