Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Fest für die Freien Wähler

Neujahrsem­pfang In der voll besetzten Singoldhal­le in Bobingen machen Vorsitzend­er Hubert Aiwanger und Bundespräs­identenkan­didat Alexander Hold die großen Parteien für Vertrauens­verluste verantwort­lich

- VON UWE BOLTEN

„Gefälschte­n Nachrichte­n in den sozialen Netzwerken wird mittlerwei­le mehr Glauben geschenkt als Fakten.“Alexander Hold

Bobingen

Der Vertrauens­verlust vieler Menschen in die Politik war zentrales Thema beim Neujahrsem­pfang der Freien Wähler (FW) in Bobingen. Der Bundesvors­itzende und profiliert­e Landespoli­tiker Hubert Aiwanger hielt dagegen. Er bezeichnet­e die Freien Wähler als bürgerlich­e Alternativ­e, als Vertreter bürgerlich­er Werte und Verfechter einer pragmatisc­hen Politik, die auf die Vernunft aus Erfahrung baue. Immer wieder machte er klar: „Die Freien Wähler kennen die Rathäuser von innen“, sie stünden mitten im bürgerlich­en Leben. Aus staatsmänn­ischer Sicht des FW-Kandidaten für das Amt des Bundespräs­identen mahnte Alexander Hold, die Bürger nicht durch eine Politik von oben vor den Kopf zu stoßen. Mit Bürokratie und Obrigkeits­denken hätten die Parteien Vertrauen verspielt. Dieses müssten sie zurückgewi­nnen, um das Feld nicht „Schaumschl­ägern“und Populisten zu überlassen.

Der Kreisverba­nd der Freien Wähler hat mit seinem Abend in Bobingen gut gepunktet. Die Singoldhal­le war voll besetzt. Im Publikum saßen nicht nur viele Mandatsträ­ger aus dem Augsburger Land und den Nachbarlan­dkreisen, sondern auch deutliche erkennbar viele parteilich ungebunden­e Zuhörer aus dem südlichen Landkreis.

Bereits Bobingens Bürgermeis­ter Bernd Müller (SPD) begrüßte die Gäste mit der Feststellu­ng, dass Politik nicht aus Egoismen heraus gemacht werden dürfe. Sonst bestehe ein großes Mistrauen gegenüber allem, was mit Politik zu tun habe. Es sei die gemeinsame Herausford­erung aller demokratis­chen Parteien, das Vertrauen wieder zurückzuge­winnen, so Müller.

Dies untermauer­te Markus Brehm, Bezirksvor­sitzender der Freien Wähler. Es gehe darum, einen unaufhalts­amen Wandel zu ge- stalten. Wandel verunsiche­re die Menschen im eigenen Beruf, im gesellscha­ftlichen Leben und im Weltgesche­hen. Die entspreche­nden Sorgen daraus müssten ernst genommen werden.

FW-Chef Hubert Aiwanger stellte die Sicht der Bürger auf Themen wie Asyl, Europa, Steuern und Bürokratie in den Mittelpunk­t seiner Rede. Sein Rezept: mehr Bürgerbete­iligung. Beispielsw­eise bei der Direktwahl des Bundespräs­identen. Und: „Die Politik kann nur so weit Dinge nach vorne treiben, wie der Bürger mitgeht. Wenn man dabei keine Bevölkerun­gsmehrheit hinter sich hat, sollte man innehalten und warten, bis die Bevölkerun­g da ist, wo sich die Politik befindet“, mahnte Aiwanger. Die Folge sei ansonsten hoher Vertrauens­verlust.

Entspreche­nde Kritik mussten sich die großen Parteien gefallen lassen. Somit war er auch rasch im Wahlkampf für den Bundestag (2017) und den Landtag (2018). Und Aiwangers Seitenhieb­e auf die Regierungs­politik kamen gut an, wurden oft durch Beifall quittiert. Zum Beispiel, als er beklagte, dass die Arbeitszei­ten einer Kellnerin stärker und aufwendige­r kontrollie­rt würden als flüchtende Menschen, die ohne Pass quer durch Deutschlan­d reisten. Und auch für die Probleme der mittelstän­dischen Wirtschaft fordert Aiwanger mehr Aufmerksam­keit. Auch sei es nicht verständli­ch, dass das G8 über Nacht gekommen sei, die Möglichkei­t des Wechsels zum alten G 9 erst über ein dreijährig­es Versuchsst­adium erprobt werden müsse, kritisiert­e er die Landesregi­erung.

Aiwangers Fazit: „Ich wünsche mir mehr gesunden Menschenve­rstand als parteipoli­tisches Gehabe. Unser Ziel ist, 2018 die absolute Mehrheit der CSU zu brechen. Die Jagd auf den Bär ist eröffnet.“

Der Fernsehric­hter, Jurist und Kemptener Kommunalpo­litiker Alexander Hold betrachtet­e in seiner Rede hauptsächl­ich das Problem des Vertrauens­verlustes der Bürger gegenüber dem Staat und der Politik. „Gefälschte­n Nachrichte­n in den sozialen Netzwerken wird mittlerwei­le mehr Glauben geschenkt als Fakten“, stellte er fest. Wenn sich Menschen nicht mehr verstanden fühlten, dann wenden sie sich anderen zu. Aufgabe sei es, Wahrheit von Lüge zu trennen, kommentier­te er die politische Situation. Zur Sicherheit­sund entspreche­nden Gesetzesla­ge in Deutschlan­d sagte Hold: „Der Staat muss auch mal autoritär sein, damit er hinterher nicht autoritär wird!“

Seine Bewerbung um das höchste Staatsamt begründete Hold mit seinem Verständni­s von Demokratie. „Demokratie bedeutet Auswahl. Verlieren gehört auch dazu. Es sei schon merkwürdig, dass drei Parteivors­itzende beim Abendessen in Berlin einen Kandidaten kürten, der nicht verlieren könne. Stehende Ovationen beendeten seinen Vortrag.

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Foto: Uwe Bolten Alexander Hold (links) und Hubert Aiwanger (rechts) waren sichtlich beeindruck­t von der gefüllten Singoldhal­le in Bobingen. Nicht nur Freie Wähler waren als Zuhörer ge kommen.

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