Augsburger Allgemeine (Land West)
Altersgrenzen beschränken die Jury in ihrer Freiheit
Zum Artikel „Mehr Profil für den Brecht preis“vom 19. Januar und dem Inter mezzo „Vom Ruhm des Erstlings“vom 28. Januar: Der Brechtpreis soll nicht mehr an „graue Häupter“(welche Ohrfeige für manche der Preisträger/innen!), sondern an „frisch sprießende Laureaten“gehen – also eine biologische Obergrenze eingeführt werden. Was bitte hat literarische Qualität und Innovation mit Lebensjahren zu tun? Gar nichts. Das bestätigen auch die renommierten deutschen Literaturpreise: Zwar gibt es faktische Ausschließungskriterien (z. B. Droste-Preis: nur an Frauen; Th.-Mann-Preis & JeanPaul-Preis: Lebenswerk), jedoch keine Alters-Obergrenze. Einzig im Namen von Heinrich v. Kleist vergibt man einen nicht altersgebundenen Preis und, unabhängig davon, einen „Förderpreis für junge Dramatiker/innen“bis 35 Jahre. Ein Modell für Augsburg? Ein Höchstalter benachteiligt Autor/innen, die ihr Erstlingswerk unfreiwillig reifen lassen müssen bzw. mussten, oft aus nicht-literarischen Gründen! Altersgrenzen beschränken auch die Entscheidungsfreiheit der Jury: Über deren Zustandekommen und Zusammensetzung findet man auf der städtischen Homepage nichts, hier sieht die Brecht-Stadt ziemlich „alt“aus! Transparenz wäre durchaus verjüngend für den in die Jahre gekommenen Brechtpreis.
Dr. Susanne F. Kohl, Augsburg