Augsburger Allgemeine (Land West)
„Als Schlossbesitzer müssen sie heute finanziell anders ausgestattet sein als früher.“
es entscheidend, eine Burg zu haben, die vom Feind nicht eingenommen werden konnte. Doch mit der Entwicklung der Schießtechnik wurde das nicht mehr so wichtig. Beim Schloss spielt die Wehrhaftigkeit keine große Rolle mehr.
Schwaben scheint eine besonders schlösserreiche Region zu sein, oder?
Nun, in Altbayern gibt es auch viele Schlösser. Die Anzahl ist nicht das Besondere. Was Schwaben auszeichnet: Hier hat es der Adel bis zur Selbstständigkeit gebracht. Die Landesherren haben über mehr als 100 Territorien geherrscht. Diese Kleinteiligkeit zeichnet Schwaben bis heute aus.
Fassl:
Stammen die Schlösser also mehrheitlich aus der frühen Neuzeit?
Die ältesten Schlösser in Schwaben haben ihre Wurzeln im 11. Jahrhundert. Sehr viele aber stammen in der Tat aus der frühen Neuzeit. Vergessen wird oft, dass Schlösser im 19. Jahrhundert eine richtige Renaissance erlebten. Als die Adeligen nach der Revolution 1848 ihre politische Bedeutung verloren haben, begannen viele in ihre
Fassl:
Und sie werden heute oft auch kulturell genutzt. Sind die Schlösser in Schwaben mehrheitlich in Privatbesitz?
Ja. Aber es gibt auch gemischte Nutzungen, ein Beispiel dafür ist Babenhausen im Unterallgäu. Und manchmal sind sie auch in kommunaler Hand. So hat etwa die Gemeinde Reimlingen ihr Schloss erworben und nutzt es jetzt als Verwaltungssitz und für die Bürger. Sie müssen sehen, so ein Schloss kann ich ja in der Regel heute nicht mehr allein für meine Familie nutzen, es sei denn, sie ist wirklich sehr groß.
Fassl:
Welches sind denn die größten Herausforderungen? Die Finanzen?
Als Schlossbesitzer müssen sie heute finanziell anders ausgestattet sein als früher. Denn ihnen fehlen ja, wie anfangs beschrieben, all die früheren Rechte, die natürlich sichere Einnahmen waren. Und mit Waldbesitz allein, können sie heute kein Schloss mehr finanzieren. Daher ist die größte Aufgabe für heutige Schlossherrn die Nutzung der großen Flächen. Doch der Charme eines Schlosses lässt da ja viele Möglichkeiten zu. Wir haben Schlösser, die etwa als Veranstaltungsräume genutzt werden, als Wohnräume vermietet sind, zu Seniorenresidenzen oder Mehrgenerationen-Wohnungen umgebaut wurden.
Fassl:
Gibt es auch Schlösser im Bezirk Schwaben, die verfallen?
Ja, die gibt es auch. Aber ich kann wirklich sagen, dass die Mehrzahl der Schlossbesitzer in Schwaben sich sehr bewusst ist, welche kulturgeschichtliche Verpflichtung der Besitz eines Schlosses mit sich bringt und die Gebäude gut instand hält. Für die Eigentümer besitzen ihre Schlösser eine besondere Attraktivität. Schließlich wurden Schlösser nicht nur für die eigene Familie gebaut, sondern mit einer anderen Zeitperspektive errichtet, sie sollten lange im Besitz einer Familie bleiben. Darüber hinaus haben Schlösser immer auch eine Verpflichtung gegenüber dem Ort, in dem sie stehen. Und das Bewusstsein für diese hohe Verantwortung stelle ich erfreulicherweise in einem hohen Maße bei den alten und den jungen Schlossbesitzern fest.
Interview: Daniela Hungbaur
Fassl: Peter Fassl
Der promovier te Historiker wurde 1955 in Augsburg geboren. Seit 1987 ist er Heimatpfle ger des Bezirks Schwaben.