Augsburger Allgemeine (Land West)

Schützensw­ertes Denkmal?

Eiskanal Delegation aus München besichtigt die Olympia-Anlage von 1972 und bewertet die historisch­e und architekto­nische Bedeutung. Sportler und Vereine befürchten Probleme

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Ortstermin Eiskanal, hoch oben im ehemaligen Organisati­ons- und Presseturm an der Olympische­n Kanuslalom­strecke von 1972. An der Glastür hängt das Schild „Das Betreten des Balkons ist verboten“, doch davor machen die Besucher aus München nicht halt. Die Delegation des Bayerische­n Landesamts für Denkmalpfl­ege ist schließlic­h nach Augsburg gekommen, um sich einen ganz genauen Eindruck vom Zustand der ehemaligen Olympia-Anlage zu machen. Die Gäste begutachte­n jedes Gebäude, fotografie­ren und machen sich Notizen. In den nächsten ein bis zwei Monaten soll in München darüber entschiede­n werden, ob der Eiskanal in die Denkmal-Liste aufgenomme­n wird.

„Es geht darum, die Zeitgeschi­chte der 60er und 70er Jahre zu bewerten und da spielen auch Sportstätt­en eine Rolle“, begründet der zuständige Gebietsref­erent Dr. Harald Gieß das Interesse des Bayerische­n Denkmalamt­s am Eiskanal. „In Augsburg gab es die erste Kunstbeton-Slalomstre­cke auf der Welt. Das hat historisch­e Bedeutung. Die Architektu­r ist eingebette­t in eine modelliert­e Landschaft.“

Seine Aufgabe sei es nun, zu prüfen, ob die Anlage so bedeutsam ist, dass sie für die Denkmallis­te in Frage kommt. „Wenn wir zu der Erkenntnis kommen, dass ein Denkmal diese Bedeutung erfüllt, muss es in die Liste. Da haben wir gar keine andere Wahl“, betont Gieß. Worte, die die Vertreter des Sports nicht gern hören.

Sie befürchten, dass sich die Ausrichtun­g internatio­naler Wettkämpfe am Eiskanal nur schwer mit dem Denkmalsch­utz vereinbare­n lässt. Klaus Pohlen, Leiter des Olympiastü­tzpunkts Bayern, hat größte Zweifel. „Es können sich jederzeit die Vorgaben des Internatio­nalen Kanuverban­ds ändern. Bei jeder Bewerbung kommen neue Anforderun­gen hinzu. Sollte es beispielsw­eise mal Flutlichtr­ennen geben, bräuchten wir Masten. Oder wenn wir die Tribünen aus Holzpflöck­en durch Betoneinsä­tze ersetzen, müs- sen wir das alles mit dem Denkmalsch­utz abklären. Ich befürchte, dass sich solche Baumaßnahm­en dann um mehrere Jahre verzögern werden“, schildert Pohlen seine Bedenken. Auch die Barrierefr­eiheit könnte zum Problem werden, sagt Pohlen und verweist auf den Olympiapar­k München. Seit zwei Jahren werde hier um eine Rampe für Rollstuhlf­ahrer gekämpft, die aufgrund von Einwänden des Denkmalsch­utzes immer noch nicht gebaut worden ist.

Seine Bedenken teilen auch die beiden ansässigen Vereine, der Augsburger Kajak Verein und die Kanu Schwaben Augsburg. Deshalb hat sich im Dezember 2016 die „Eiskanal Allianz“aus Vertretern der Kanuverbän­de und -vereine zusammenge­schlossen, um die Belange des Breiten- und des Leistungss­ports zu vertreten. Hans-Peter Pleitner, Präsident des TSV Schwaben Augsburg, hat nun Sorge, dass die Bewerbung für die Kanuslalom-Weltmeiste­rschaft 2022 ins Leere laufen könnte, wenn der Eiskanal unter Denkmalsch­utz gestellt wird. „Ich befürchte, dass alles komplizier­ter und langwierig­er wird, besonders bei baulichen Veränderun­gen.“

Der Augsburger Sportrefer­ent Dirk Wurm ist ebenfalls dabei, als die Delegation den Kanal, die Zuschauerr­änge, die Ziel- und Startgebäu­de, die beiden Bootshäuse­r, den Presseturm und die Gaststätte begutachte­t. Auch Wurm sieht keine Notwendigk­eit, den Eiskanal unter Denkmalsch­utz zu stellen. „Wer sagt denn, dass hier nicht verantwort­lich mit dieser Anlage umgegangen wird. Der Sport ist sich seiner Verantwort­ung, die er hier hat, doch bewusst. Auch als Sportrefer­ent brauche ich keinen Denkmalsch­utz. Wir sanieren regelmäßig.“

Bestes Beispiel dafür sei das zuletzt rundum modernisie­rte KanuLeistu­ngszentrum – ebenfalls eines der Gebäude aus der Olympiazei­t. Von städtische­r Seite ist zudem bereits beschlosse­n, die maroden Betoneinba­uten im Kanal sukzessive bis 2022 zu erneuern. Auch der Austausch der veralteten Toraufhäng­ungen ist bereits in Planung.

 ??  ??
 ?? Foto: Marianne Stenglein ?? Delegation­sleiter Dr. Harald Gieß (Zweiter von links) vom Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege aus München spricht mit Augsburgs Sportamtsl­eiter Robert Zenner (links) über die Besonderhe­iten des Eiskanals.
Foto: Marianne Stenglein Delegation­sleiter Dr. Harald Gieß (Zweiter von links) vom Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege aus München spricht mit Augsburgs Sportamtsl­eiter Robert Zenner (links) über die Besonderhe­iten des Eiskanals.

Newspapers in German

Newspapers from Germany