Augsburger Allgemeine (Land West)

Kameras lösen nicht alle Probleme

Diese Woche Die Politik diskutiert über Videoüberw­achung in Augsburg. Bei der Aufklärung von Straftaten kann die Technik eine Hilfe sein. Doch ist es in der Stadt überhaupt so gefährlich, dass der Einsatz erlaubt ist?

- VON JÖRG HEINZLE joeh@augsburger allgemeine.de

Der Wunsch nach Sicherheit ist groß in diesen Tagen. Die Politik sucht nach Wegen, diesem Wunsch gerecht zu werden – vor diesem Hintergrun­d wird jetzt auch in Augsburg über Videoüberw­achung diskutiert. In den nächsten Wochen wollen Fachleute des städtische­n Ordnungsre­ferats und der Polizei analysiere­n, ob es in Augsburg Brennpunkt­e gibt, an denen künftig Überwachun­gskameras eingesetzt werden sollen. Viele Bürger befürworte­n das, wenn man Umfragen anschaut. Eines aber muss man auch sagen: Ein Allheilmit­tel ist die Videoüberw­achung sicher nicht.

Fachleute sind sich uneins, ob Videokamer­as wirklich Straftaten verhindern können. Kritiker sagen, die Kriminalit­ät werde dadurch allenfalls verdrängt in Bereiche, in denen noch keine Kameras hängen. Unbestritt­en allerdings können die Aufzeichnu­ngen der Videokamer­as dazu beitragen, nach einer Straftat die Täter zu identifizi­eren und ausfindig zu machen. Jüngste Fälle wie der des U-Bahn-Treters in Berlin zeigen das. Auch in Augsburg hat sich Videoüberw­achung in dieser Hinsicht schon ausgezahlt. Die Stadtwerke filmen in Straßenbah­nen und Bussen mit. Bilder, die dort aufgenomme­n wurden, haben schon zur Klärung von Taten beigetrage­n. In einem Fall meldete sich ein gesuchter Schläger sogar freiwillig bei der Polizei, als die Beamten mit einem Foto von ihm an die Öffentlich­keit gegangen waren. Das Foto stammte aus einer Tram, mit der er vom Tatort weggefahre­n ist.

In Augsburg stellt sich allerdings die Frage, ob es überhaupt Plätze und Straßenzüg­e gibt, die so gefährlich sind, dass der Einsatz von Videoüberw­achung auch rechtlich begründet werden kann. Bisher jedenfalls erkannte man bei der Polikönnte­n. zei keine derartigen Brennpunkt­e. Nicht einmal am Helmut-HallerPlat­z vor dem Oberhauser Bahnhof, einem Treffpunkt der Süchtigens­zene. Zwar gibt es dort immer wieder einzelne Straftaten und die Zahl der Rettungsdi­ensteinsät­ze, ausgelöst durch Akohol- und Drogenmiss­brauch, hat zugenommen. Aber Straftaten in einer Masse, dass man aus Sicht der Behörden Kameras installier­en sollte, zählte die Polizei bislang nicht.

Dabei wäre der Helmut-HallerPlat­z durchaus ein Ort, an dem Kameras vielleicht etwas bewirken Eine Erfahrung ist: An Orten, die überwacht werden, geht der Drogenhand­el zurück. Klar ist auch, dass der Handel eben irgendwo anders stattfinde­n würde. Aber zumindest nicht auf einem Patz, auf dem täglich viele Pendler, darunter auch Schulkinde­r, mit Zug, Bus und Straßenbah­n ankommen.

Ein Gedanke, der im Moment unter Augsburger Politikern kursiert, ist die mögliche Anschaffun­g einer mobilen Videoüberw­achungsanl­age, die an verschiede­nen Orten eingesetzt werden könnte. Es kann sich lohnen, diese Idee weiterzuve­rfolgen. Denn zeitlich begrenzt lässt sich eine Videoüberw­achung besser rechtlich begründen. Und die Stadt könnte die Technik auch an Orten einsetzen, an denen nur zeitweise viele Menschen zusammenko­mmen. Etwa auf dem Plärrer, beim Christkind­lesmarkt oder auch bei den „Sommernäch­ten“in der Innenstadt.

Besser als jede Kamera ist aber immer noch die soziale Kontrolle. Der städtische Ordnungsdi­enst, wenn man ihn gut ausstattet, kann etwas, was Technik nicht leistet: Mit betroffene­n Gruppen auf den Plätzen reden, sie auf Fehlverhal­ten hinweisen und ermahnen. Das erleichter­t nicht nur die Aufklärung von Taten – es verhindert sie auch.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? In privaten Gebäuden in Augsburg – etwa in der City Galerie – gibt es heute schon Videoüberw­achung. Auf öffentlich­en Straßen und Plätzen in der Stadt werden derzeit aber noch keine Bilder aufgezeich­net.
Foto: Silvio Wyszengrad In privaten Gebäuden in Augsburg – etwa in der City Galerie – gibt es heute schon Videoüberw­achung. Auf öffentlich­en Straßen und Plätzen in der Stadt werden derzeit aber noch keine Bilder aufgezeich­net.
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