Augsburger Allgemeine (Land West)
Kameras lösen nicht alle Probleme
Diese Woche Die Politik diskutiert über Videoüberwachung in Augsburg. Bei der Aufklärung von Straftaten kann die Technik eine Hilfe sein. Doch ist es in der Stadt überhaupt so gefährlich, dass der Einsatz erlaubt ist?
Der Wunsch nach Sicherheit ist groß in diesen Tagen. Die Politik sucht nach Wegen, diesem Wunsch gerecht zu werden – vor diesem Hintergrund wird jetzt auch in Augsburg über Videoüberwachung diskutiert. In den nächsten Wochen wollen Fachleute des städtischen Ordnungsreferats und der Polizei analysieren, ob es in Augsburg Brennpunkte gibt, an denen künftig Überwachungskameras eingesetzt werden sollen. Viele Bürger befürworten das, wenn man Umfragen anschaut. Eines aber muss man auch sagen: Ein Allheilmittel ist die Videoüberwachung sicher nicht.
Fachleute sind sich uneins, ob Videokameras wirklich Straftaten verhindern können. Kritiker sagen, die Kriminalität werde dadurch allenfalls verdrängt in Bereiche, in denen noch keine Kameras hängen. Unbestritten allerdings können die Aufzeichnungen der Videokameras dazu beitragen, nach einer Straftat die Täter zu identifizieren und ausfindig zu machen. Jüngste Fälle wie der des U-Bahn-Treters in Berlin zeigen das. Auch in Augsburg hat sich Videoüberwachung in dieser Hinsicht schon ausgezahlt. Die Stadtwerke filmen in Straßenbahnen und Bussen mit. Bilder, die dort aufgenommen wurden, haben schon zur Klärung von Taten beigetragen. In einem Fall meldete sich ein gesuchter Schläger sogar freiwillig bei der Polizei, als die Beamten mit einem Foto von ihm an die Öffentlichkeit gegangen waren. Das Foto stammte aus einer Tram, mit der er vom Tatort weggefahren ist.
In Augsburg stellt sich allerdings die Frage, ob es überhaupt Plätze und Straßenzüge gibt, die so gefährlich sind, dass der Einsatz von Videoüberwachung auch rechtlich begründet werden kann. Bisher jedenfalls erkannte man bei der Polikönnten. zei keine derartigen Brennpunkte. Nicht einmal am Helmut-HallerPlatz vor dem Oberhauser Bahnhof, einem Treffpunkt der Süchtigenszene. Zwar gibt es dort immer wieder einzelne Straftaten und die Zahl der Rettungsdiensteinsätze, ausgelöst durch Akohol- und Drogenmissbrauch, hat zugenommen. Aber Straftaten in einer Masse, dass man aus Sicht der Behörden Kameras installieren sollte, zählte die Polizei bislang nicht.
Dabei wäre der Helmut-HallerPlatz durchaus ein Ort, an dem Kameras vielleicht etwas bewirken Eine Erfahrung ist: An Orten, die überwacht werden, geht der Drogenhandel zurück. Klar ist auch, dass der Handel eben irgendwo anders stattfinden würde. Aber zumindest nicht auf einem Patz, auf dem täglich viele Pendler, darunter auch Schulkinder, mit Zug, Bus und Straßenbahn ankommen.
Ein Gedanke, der im Moment unter Augsburger Politikern kursiert, ist die mögliche Anschaffung einer mobilen Videoüberwachungsanlage, die an verschiedenen Orten eingesetzt werden könnte. Es kann sich lohnen, diese Idee weiterzuverfolgen. Denn zeitlich begrenzt lässt sich eine Videoüberwachung besser rechtlich begründen. Und die Stadt könnte die Technik auch an Orten einsetzen, an denen nur zeitweise viele Menschen zusammenkommen. Etwa auf dem Plärrer, beim Christkindlesmarkt oder auch bei den „Sommernächten“in der Innenstadt.
Besser als jede Kamera ist aber immer noch die soziale Kontrolle. Der städtische Ordnungsdienst, wenn man ihn gut ausstattet, kann etwas, was Technik nicht leistet: Mit betroffenen Gruppen auf den Plätzen reden, sie auf Fehlverhalten hinweisen und ermahnen. Das erleichtert nicht nur die Aufklärung von Taten – es verhindert sie auch.