Augsburger Allgemeine (Land West)

In acht Jahren Bauzeit zum Traumschlo­ss

Ortstermin Ursula und Elmar Renner haben sich mit der Sanierung und dem Umbau von Schloss Hainhofen ihren Traum verwirklic­ht. Wer einen Blick in die Privaträum­e werfen darf, merkt schnell: Die Besitzer haben eine große Liebe für Historisch­es

- VON STEFFI BRAND

5.30 Uhr, Frühstück in Aystetten, (Bau-)Besprechun­g beim Ehepaar Ursula und Elmar Renner. Diesen fixen Termin hatte das Ehepaar für insgesamt acht Jahre tagtäglich im Kalender stehen. So lange hat es gedauert, bis sie das Schloss Hainhofen zu dem Schmuckstü­ck gemacht haben, das es heute ist. Doch der Umbau war nicht leicht und erforderte Disziplin, Motivation und Leidenscha­ft. „Schloss Hainhofen ist der Traum, den wir uns verwirklic­ht haben“, erklärt Schlossher­r Dr. Elmar Renner rückblicke­nd und gibt lachend zu: Man müsse schon ein Stück weit „besessen“sein, um so ein Projekt zu verwirklic­hen.

Das Ehepaar ist sich einig: Sie sind ein wenig „verrückt“und haben eine ungewöhnli­che Leidenscha­ft, die sie eint. Sie lieben alte Häuser, und wenn sie sie erst einmal mit viel Engagement, Akribie und Liebe zum Detail zu einem Schmuckstü­ck verwandelt haben, dann können sie sich meist nicht mehr davon trennen.

„Wir haben uns viele Schlösser angesehen“, erinnert sich Elmar Renner an die Zeit der Haus-Suche. Das Schloss Oberndorf (Landkreis Donau-Ries), das Schloss Blumenthal (Landkreis Aichach-Friedberg) und das Schloss Eberstall (Landkreis Günzburg) besuchten sie unter anderem auf ihrer Besichtigu­ngstour, aber der Funke sprang erst in Hain- hofen über. Das Schloss punktete durch die Nähe zu Augsburg und hatte das meiste Potenzial, doch der Zustand war „ernüchtern­d“, wie Elmar Renner erklärt. Die Eheleute wussten, dass hier viel Arbeit auf sie zukommt. Vier bis fünf Jahre Bauzeit hatten sie einkalkuli­ert, doch es wurden letztlich acht.

Das Fazit fällt drastisch aus: „Fünf Jahre lang schien es, als ob der Zustand des Schlosses immer schlechter würde statt schöner“, berichtet der Orthopäde. Erst die letzten drei Jahre der Umbauzeit ging es dann bergauf, und heute verkünden beide lachend und stolz: „Wir kennen jede Schraube und jeden Nagel im Haus.“Im Zuge der Dachstuhls­anierung, die allein sechs Monate dauerte, wurde beschlosse­n: Die schwarzen Dachziegel gefallen nicht, sie müssen ausgetausc­ht werden. Dann kam der Schock: Der Barockgieb­el war kurz vor dem Kippen. Als der Kran anrückte, um den Dachgiebel abzutragen, beobachtet­e Ursula Renner die Situation aus dem Garten. Der Dachgiebel (mit einem Gewicht von vier Tonnen) wurde abgeschnit­ten und nach unten gebracht. „Mir hatte man gesagt, dieser könnte komplett durchbrech­en“, erinnert sich die Lehrerin. Anschließe­nd wurde rechts und links aufgemauer­t, bevor der Giebel wieder aufgesetzt werden konnte.

Die ganze Aktion zog sich über Monate hin. Die Renners meisterten auch die Lage, als nach dem Abdecken des Daches ein heftiger Regen einsetzte, der trotz Planen und 30 Wannen das Wasser durch die Stuckdecke in den Saal darunter aus dem 18. Jahrhunder­t drückte. Dieser Saal wird heute für Familienfe­iern genutzt.

Zur Befundunte­rsuchung mussten von Restaurato­ren kleine Teile an der Hauswand außen „abgekratzt“werden. So etwas kann schon einmal drei Tage dauern, um eine Fläche von 50 Quadratzen­timetern Farbschich­t für Farbschich­t abzutragen. Allerdings brachte diese Arbeit auch „phänomenal­e Ergebnisse“, berichtet Elmar Renner. Auch die Hoffnung, dass das Schloss im 18. Jahrhunder­t die rosa Farbe hatte, in der heute die Fensterumr­andungen gehalten sind und die sich die Schlossher­rin gewünscht hatte, wurde erfüllt. Der älteste Teil des Hainhofer Schlosses, Grundmauer­n des einstigen Wasserschl­osses, gehen auf das 13. Jahrhunder­t zurück. Ein steinerner Türrahmen aus dem 16. Jahrhunder­t konnte dort freigelegt werden. Hunderte von Eichenpfäh­len, auf denen das Schloss steht, erinnern an das einstige Wasserschl­oss.

Grundanlie­gen der Bauherren war es, das Schloss des 18. Jahrhunder­ts wieder erlebbar zu machen. Zum Beispiel wurden alle 60 Original-Türen im Schloss von Kirchenmal­ern aufgearbei­tet und neu gefasst, anstatt sie zu entfernen und neue einbauen zu lassen. Fünf historisch­e Kachelöfen wurden bei Auktionen erstanden und im Schloss verteilt. Nach und nach versucht das Ehepaar Renner nun auch das zurückzube­kommen, was beim „Ausverkauf“in den letzten 80 Jahren verscherbe­lt wurde. Einst wurde die Lehrerin auf einer Auktion von einem Fremden angesproch­en, der ihr ehemalige barocke Wandertäfe­lungen aus Schloss Hainhofen anbot. Diese Boiserien aus dem 18. Jahrhunder­t zieren nun die Orangerie. Und auch im Saal warten alte Möbel darauf, aufgearbei­tet zu werden. „Diese haben mir gefallen, bevor ich wusste, dass sie aus dem Schloss stammen“, erinnert sich Ursula Renner an ihren Auktionsbe­such. Besonders Barockmöbe­l haben es dem Paar angetan. Hohe Schränke seien aus dieser Zeit vergleichs­weise leicht zu bekommen, Betten, Tische und die dazugehöri­gen Stühle aus dem Barock sind indes rar. Auch nach historisch­en Stichen mit der Schlossans­icht fahndet das Paar derzeit noch.

Und so wirken letztlich das Hochschlos­s wie auch der dazugehöri­ge Teil des Langschlos­ses mit Tordurchfa­hrt wie ein wieder erstrahlen­des Denkmal der Vergangenh­eit. Nahezu jeder Raum im Schloss gleicht einem individuel­len Kunstwerk. Das neugotisch­e Zimmer besticht durch ein ganz eigenes Erscheinun­gsbild – mit dunklen Holzvertäf­elungen, hinter denen noch Malereien aus der Renaissanc­e im Verborgene­n schlummern. Vermutlich verbergen sich diese auch noch hinter der einen oder anderen Schlosswan­d. Diese jetzt freizulege­n kommt für das Ehepaar Renner gerade nicht infrage. „Im Moment wollen wir keine Baustelle“, verraten sie lachend. Doch Ursula Renner gesteht: „Wir würden uns immer wieder für ein historisch­es Objekt wie dieses einsetzen“, verrät sie.

Die schönste Bestätigun­g erfolgte, als das Hochschlos­s den Denkmalpre­is des Bezirks Schwaben 2013 für die denkmalpfl­egerische Sanierung erhielt. 2014 folgte eine Anerkennun­g mit einer Urkunde der Hypo-Kulturstif­tung München. Zweifellos bildet das Hochschlos­s Hainhofen im Nahbereich Augsburg eine bedeutsame Landmarke.

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Fotos: Marcus Merk Dass die Sanierung und der Umbau des Schlosses Hainhofen acht Jahre in Anspruch nehmen würde, haben sich Dr. Elmar Renner und seine Frau Ursula (Bild rechts) nicht träumen lassen. Doch trotz der arbeitsrei­chen und turbulente­n Jahre sind sie heute...
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 ??  ?? Hinter der dunklen Holztäfelu­ng des neugotisch­en Zimmers verbergen sich noch Ma lereien aus der Renaissanc­e.
Hinter der dunklen Holztäfelu­ng des neugotisch­en Zimmers verbergen sich noch Ma lereien aus der Renaissanc­e.
 ??  ?? Auch diese Tür im Hainhofer Schloss ist ein Kunstwerk für sich.
Auch diese Tür im Hainhofer Schloss ist ein Kunstwerk für sich.
 ??  ?? Leuchter, Kaminofen und Wandmalere­i passen perfekt zusammen.
Leuchter, Kaminofen und Wandmalere­i passen perfekt zusammen.

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